Experte verrät: Mit Log(ist)ik aus der Krise

Allein die E-Commerce-Szene scheint der vermeintlich letzte Widerstand und trotzt der wachsenden Wirtschaftskrise. Doch wie kommen Ware und Produkte von A nach B? Hat der digitale Einzelhandel hier eventuell die Rechnung ohne den (Corona-)Wirt gemacht?

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Die Logistik-Branche steht jedenfalls auf dem Prüfstand und muss sich Tag für Tag auf’s Neue beweisen. Logistik-Experte Micha Augstein von PARCEL.ONE nimmt die Situation sportlich.

Mehr noch: Er gibt hilfreiche Tipps und erklärt, wie sich Händler*innen jetzt vorbereiten.

Kein Tag ohne Sondersendung oder Expertenrunde zum Coronavirus. Da wird das Online-Shopping zum Wellness-Trip und Krisenmanagement.

Etwas Normalität in Zeiten von Verzicht und emotionaler Belastungsprobe.

Denn für den E-Commerce gilt: Nähe ist keine Frage der Entfernung.

Allerdings endet die Shopping-Tour nicht mit dem Checkout-Prozess. Die letzte Meile ist ein entscheidender Faktor entlang der Customer Journey – heute mehr denn je.

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Seien Sie vorbereitet

Nach COVID-19 kommt mit Sicherheit das nächste Viren-Update. Das ist bloß eine Frage der Zeit.

Vorbereiten kann man sich darauf nur bedingt. Was man allerdings tun und auch unbedingt machen sollte; so viele Lehren und Erkenntnisse aus der Pandemie ziehen wie nur irgend möglich.

Statista Paketsendungen

Planspiele und Blaupausen entwerfen, durchtakten und hoffen, niemals eines dieser Szenarien aus der Schublade kramen zu müssen.

Ganz nebenbei ist jetzt die Zeit zum ausmisten, ergo das eigene Business-Modell auf links zu ziehen und alles einmal zu hinterfragen.

Warum?

Naja, all jene, die sich zum Beispiel bereits vor Corona mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt und vielleicht sogar schon geflirtet haben, sind auch trotz und während der Krise zumindest in einem gewissen Rahmen handlungsfähig.

Oft hilft auch eine Recherche in den Nachbarländern, denn diese kann man in der nächsten Krise beliefern – sei es Austria oder Australia.

Alternativen recherchieren und ausfindig machen

Wir brauchen Innovationen sowie kreative Alternativen.

Gerade das Logistik- und Transportwesen ist gefordert. Bewährte Prozesse müssen unter Umständen über Bord geworfen und gänzlich neu strukturiert werden. Das passiert freilich nicht über Nacht.

Aktuell – und anders geht es kaum – wird fast ausschließlich auf die Situation, rechtliche Rahmenbedingungen und Erlasse reagiert.

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Für proaktives Handeln stehen im Moment leider nur wenige Ressourcen zur freien Verfügung.

Überlandfahrten sind weitestgehend stabil geblieben – bisher zumindest.

Bei Grenzübertritten müssen aber aufgrund der Einreisebestimmen etwaige Stopper beziehungsweise Verzögerungen einkalkuliert werden.

Wirklich kritisch wird’s erst dann, wenn einzelne Länder oder Anrainerstaaten ihre Grenzen rigoros dicht machen und ausnahmslos alles kontrollieren, was transportiert und womöglich sogar importiert wird.

Hier kommt es definitiv zu Staus. Das ist nervig, keine Frage, allerdings handelt es sich hierbei lediglich um unangenehme Verschleppungen und keine Sackgassen.

Frachten innerhalb der EU lassen sich also managen, Sendungsströmungen zwischen verschiedenen Kontinenten leider weniger.

Das können nämlich in der Tat ausschließlich die unabhängigen (Multi-)Carrier und Expressdienstleister mit eigenem Flugpark stemmen.

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Gemeint sind solch prominentesten Kollegen wie UPS, FedEx und DHL Express. Und selbst die vermeintlichen Big-Player kratzen mittlerweile an ihren Kapazitätsgrenzen.

Die knapper werdenden Frachträume werden nun logischerweise an den Meistbietenden verkauft. Im Umkehrschluss bedeutet das für alle anderen, also Versender*innen, Hersteller*innen, Händler*innen und Empfänger*innen, dass Lieferketten hierdurch unterbrochen werden oder sich teils deutlich verzögern.

Überseepakete benötigen statt der gewohnten 14 Tage via Luftfracht in Passagierflugzeugen, nun plötzlich auch gerne mal zwei Monate, da diese Sendungen dann zum Beispiel über den Seeweg abgeleitet werden müssen.

Denn die Pakete beziehungsweise die Ware muss ja irgendwie bewegt werden, notfalls auch ganz oldschool.

Informieren. Aufklären. Anpassen.

Täglich wird an führenden Instituten am Virus geforscht.

Irgendwann – hoffentlich bald – kommt die Post-Corona-Phase. Aktuell wissen wir zwar noch zu wenig über COVID-19, als dass man Entwarnung signalisieren könnte.

Was wir allerdings wissen, ist wie sich das Virus auf Oberflächen verhält.

Da sind die Anweisung unmissverständlich definiert:

  • Plastikoberflächen sind laut einer medRxiv-Studie bis zu 72 Stunden kontaminiert.

  • Kartonagen erweisen sich als etwas pflegeleichter, nach gut 24 Stunden ist der Spuk vorbei.

Den Informationsfluss also intensiv kommunizieren. Und das über alle möglichen Kanäle.

Verantwortungsvolle Händler trennen im Übrigen im ersten Schritt zum Beispiel ihre Retourensendungen strickt nach der Außenverpackung und dann nach der möglichen Innenverpackung – einfach nach der Kontaminierungsgefahr.

Vielleicht sollten Shopbetreiber*innen was Material- und Verpackungsstrategie betrifft dies auch mal zum Denkanstoß nutzen und über etwaige Systemwechsel im Verpackungsbereich nachdenken.

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Am Ende wird’s möglicherweise by mistake auch noch grün und nachhaltig …

Augen auf bei der Partnerwahl

Logistiker*innen, Händler*innen und Endkundinnen, sowie -Kunden, teilen alle ein gemeinsames Problem: Der Respekt vor Sendungen aus Risikogebieten.

Wir müssen Zusteller*innen ebenso wie die Kundschaft schützen und ihnen diese Angst so weit es geht nehmen. Ein Maßnahmenkatalog wird sich wahrscheinlich nicht durchsetzen, gewisse Standards jedoch bestimmt.

Unter anderem sollten Lieferungen möglichst kontaktfrei über die Bühne gehen. Dafür braucht es allerdings auch eine entsprechende Infrastruktur.

Weiter muss Personal dahingehend geschult oder ausgebildet werden. Händler*innen sollten deshalb der Frage wer mit wem die nötige Aufmerksamkeit widmen und ausnahmslos (Multi-)Carriern vertrauen, die augenblicklich solche professionellen Standards auch gewährleisten können.

Trust und Transparenz sind Trumpf.

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Vor dem Planen ist nach dem Planen

Lieferengpässe sind per se ja erst einmal nichts schlechtes.

Das Sortiment kommt auf die Straße – oder eben nicht.

Worum es eigentlich geht, ist wie damit umgehen? Selbstverschuldete Fehlplanung oder höhere Gewalt?

Fakt ist, dass Misswirtschaft keine Option sein kann – völlig egal auf wessen Mist gewachsen. Finanzen und Kalkulation sind zugegeben derzeit recht unsichere Baustellen.

Das steht alles auf sehr wackligen Beinen. Welche variable Betriebskosten kann ich kurzfristig einsparen. Können Verträge oder laufende Kredite gekündigt, pausiert oder ausgesetzt werden?

Neben Finanzen müssen auch immer alle relevanten Märkte und die eigenen möglichen Warengruppen im In- und Ausland beobachtet werden.

Das erfordert größtmögliche Agilität und das nötige Know-how im eigenen Unternehmen. Eventuell müssen dann Kompetenzen ein wenig umgeshiftet werden, damit man dann eine funktionierende Task-Force hat.

Mein Tipp: Data-Analytics.

Monitoring und Social-Listening generieren aussagekräftige Insights, die basierend auf verlässlichen Analysen Daten zu veritablen Informationen konvertieren.

Analytics-Begriffe

23.04.20

Gastautor Micha Augstein

Micha Augstein ist Gründer und Geschäftsführer von PARCEL.ONE, dem Multi-Carrier-Logistiker für den grenzüberschreitenden Online-Handel. Seit 2006 investiert er in verschiedene Logistiklösungen und wandelt Ideen in Firmenkonzepte oder Unternehmen um. Zuvor war er im Großhandel für verschiedene Fashion-Marken tätig.

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