Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Jeder kennt sie: Ob für den abendlichen Restaurantbesuch, den Kauf eines neuen Fernsehers, den potenziellen neuen Job oder den Besuch einer Arztpraxis. Bewertungsplattformen sind ein hilfreiches Mittel, um sich im Vorfeld ein Bild von Produkten und Unternehmen zu machen. Und auch für die Unternehmen selbst kann eine Listung auf diesen Portalen vorteilhaft sein, um neue Kundinnen und Kunden zu akquirieren.
→ Yelp
→ Google My Business
→ Jameda
→ Kununu
Doch was ist, wenn ich als Anbieterin bzw. Anbieter gar nicht auf diesen Portalen gelistet sein möchte? Gibt es Möglichkeiten, dagegen etwas zu unternehmen? Muss ich mir negative Bewertungen gefallen lassen? Diese Fragen beantworten wir Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht Bewertungsplattformen als unverzichtbare Mittlerperson zwischen Unternehmen, Kundinnen und Kunden. Bewertungsportale fördern demnach die Verbreitung von Meinungen und dienen der allgemeinen Meinungsbildung. Als meinungsbildendes Organ sind sie deshalb von der Kommunikationsfreiheit geschützt, die Teil der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG ist.
Aufgrund der immensen Bedeutung der Meinungsbildungsfunktion überwiegt die Position der Bewertungsportale regelmäßig gegenüber anderen Rechtspositionen, z. B. der informationellen Selbstbestimmung von unfreiwillig gelisteten Unternehmen. Für diese bedeutet es dann meistens, dass sie sich die Listung auf den entsprechenden Portalen gefallen lassen müssen.
Jedoch kann es auch vorkommen, dass die Abwägung zugunsten der Unternehmen ausgeht.
Das Bewertungsportal braucht grundsätzlich eine datenschutzrechtliche Grundlage im Sinne der DSGVO für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die bei der Listung des Unternehmens verwendet werden.
Unternehmensdaten juristischer Personen (z. B. GmbH, UG, AG, e. V.) sind nicht von der DSGVO umfasst!
Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO bietet meist eine passende Rechtsgrundlage für das Portal, bei der die Verarbeitung durch ein überwiegend berechtigtes Interesse der Plattform gerechtfertigt ist. Als berechtigtes Interesse wird die Ermöglichung der ungehinderten Meinungsbildung, die Förderung des Wettbewerbs und der Leistungstransparenz angeführt.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Aufnahme von Anbieterinnen und Anbietern auf Bewertungsportalen also grundsätzlich gerechtfertigt.
Die datenschutzrechtliche Rechtfertigung gilt aber nur, sofern das Bewertungsportal eine neutrale Stellung einnimmt.
Der BGH hatte sich zur Stellung der Portale in der Vergangenheit geäußert und unfreiwillig gelisteten Anbieterinnen und Anbietern einen Löschungsanspruch zugeschrieben, wenn die Bewertungsplattform nicht als „neutraler Informationsmittler“ agiert. (20.02.2018 – VI ZR 30/17)
In dem verhandelten Fall ging es um eine Ärztin, die unfreiwillig und gegen ihren Willen auf der Arztbewertungsplattform „jameda“ aufgenommen wurde. Die Plattform hatte damals die Konten der zahlenden Anbieterinnen und Anbieter ansprechender gestaltet als die der Basisanbieterinnen und Basisanbieter.
So waren bei einem Premiumprofil ein Foto und zusätzliche Informationen hinterlegt, während dies bei Basisprofilen nicht der Fall war. Außerdem war auf den Konten der nicht zahlenden Kundinnen und Kunden ein Querbalken mit einem Hinweis auf andere Ärztinnen und Ärzte in der Umgebung zu sehen. Zwar war der Balken als „Anzeige“ bezeichnet, jedoch nicht auch auf den Premiumprofilen platziert.
Das Gericht hielt zunächst fest, dass ein Bewertungsportal „im Ausgangspunkt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt“. Jedoch sei dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt anwendbar.
Nach Ansicht des Gerichts habe das Bewertungsportal seine neutrale Position als Informationsmittler verlassen, indem es durch die Art der Werbung den Premiumkundeninnen und Premiumkunden verdeckte Vorteile verschaffe und Basiskundinnen und Basiskunden gestalterisch benachteilige. Es entstehe der Anschein, dass Erstere keine örtliche Konkurrenz haben, Letzteremit Basisprofil durch den werbenden Querbalken jedoch schon. Das Portal stelle daher die eigenen wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund, indem es Basisanbieterinnen und Basisanbieter dazu bewege, sich der Gruppe der zahlenden Ärzteschaft anzuschließen.
Dies führte im Ergebnis dazu, dass das Interesse der unfreiwillig gelisteten Anbieterinnen und Anbieter auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem Interesse des Bewertungsportals überwog und somit ein Anspruch auf Löschung der Daten und des Profils bestand.
Zuletzt hatten auch das OLG Köln (14.11.19 – Az. 15 U 126/19) und das OLG Frankfurt (09.04.2020 – Az. 16 U 218/18) in ähnlichen Fällen zu entscheiden, bei denen dieselbe Arztbewertungsplattform betroffen war. Beide Gerichte folgten der Ansicht des BGH im Grunde und bestätigten einen Löschanspruch nur, wenn zahlenden Anbieterinnen und Anbieter Vorteile verschafft werden, die nicht klar erkennbar sind und somit Basiskundinnen und Basiskundenunangemessen benachteiligt werden.
Nachdem beide Gerichte die Revision zugelassen haben, wird sich jedoch auch der BGH nochmals mit dieser Thematik beschäftigen müssen.
Sofern Sie also unfreiwillig und gegen Ihren Willen auf Bewertungsportalen gelistet werden, besitzen Sie nach aktueller Rechtslage dann einen Anspruch auf Löschung Ihres Profils, wenn das Portal so gestaltet ist, dass Premiumkundeninnen und Premiumkunden verdeckte Vorteile verschafft und somit die Basiskundinnen und Basiskunden unangemessen benachteiligt.
Pauschalisieren kann man diese Aussage für alle Bewertungsportale jedoch nicht. Ein etwaiger Löschungsanspruch gegenüber einem konkreten Bewertungsportal ist daher im Einzelfall zu prüfen.
Wenn ein Anspruch auf Löschung Ihres gesamten Profils nicht in Frage kommt, kommt unter Umständen wenigstens die Löschung negativer Bewertungen in Frage.
Die Anforderungen an einen Löschungsanspruch gegenüber Bewertungen sind jedoch hoch!
In Deutschland gilt grundsätzlich die Meinungsfreiheit, die zum einen grundsätzlich Werturteile, aber auch wahre Tatsachenbehauptungen schützt.
Nicht von der Meinungsfreiheit geschützt sind hingegen die sogenannte Schmähkritik und Tatsachenbehauptungen, die erwiesen oder bewusst unwahr sind. Während unwahre Tatsachenbehauptungen aufgrund ihrer objektiven Überprüfbarkeit relativ leicht festzustellen sind, sind die Anforderungen für die rechtliche Einordnung einer Aussage als Schmähkritik sehr hoch. Die Grenze von der kritischen zur rechtswidrigen Meinungsäußerung ist hier fließend.
Mehr zu diesem Thema und wie Sie auf negative Bewertungen reagieren können, lesen Sie in unserem Rechtstipp der Woche „Bewertungen – was muss ich mir gefallen lassen?“.
Bewertungsportale dürfen auch gar nicht ohne weiteres negative Bewertungen löschen, da ansonsten die Werbung mit den Bewertungen insgesamt irreführend sein kann. Die Leserin bzw. der Leser der Bewertungen geht regelmäßig nicht davon aus, dass negative Bewertungen beliebig gelöscht werden und die Bewertungen damit insgesamt geschönt sind.
Bewertungsportale sind grundsätzlich von der Meinungsfreiheit geschützt. Deshalb müssen Sie sich in der Regel die Listung auf solchen Portalen gefallen lassen. Auch der Datenschutz hilft Ihnen zunächst nicht weiter, da die Bewertungsportale ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung der personenbezogenen Daten haben.
Jedoch fehlt eine datenschutzrechtliche Rechtfertigung, wenn die Bewertungsplattform ihre neutrale Stellung verlässt und durch die Benachteiligung der nicht zahlenden Kundinnen und Kunden, die eigenen Interessen in den Vordergrund stellt.
Die Frage der Zulässigkeit für einzelne Portale können wir an dieser Stelle jedoch nicht pauschal beantworten. Deshalb sollten Sie hierfür, und für etwaige Löschungsansprüche für negative Bewertungen, im Zweifel immer eine entsprechende Beratung einholen.
Frieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit and Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.
01.10.20
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