Werben mit „Originalware“ - Was ist zu beachten?

Wer kennt das nicht – Online-Händlerinnen und Online-Händler, die in großen, fettgedruckten Buchstaben, farbigen Logos die „Echtheit“ der von ihnen angebotenen Waren und deren Herkunft als „Original“ auf ihren Seiten bewerben oder sogar garantieren. Ist das aber zulässig, nur, weil es so viele tun – oder kann die Werbung mit Originalwaren rechtliche Probleme bereiten?

Ja, sie kann – wenn sie eine sogenannte Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellt und deshalb nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig ist.

 

Warum ist Werbung mit Selbstverständlichkeiten überhaupt rechtlich problematisch?

Das UWG verbietet in § 3 allgemein die Vornahme unlauterer geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern (wozu auch bestimmte Formen von Werbung gehören können) und listet in einem Anhang verschiedene konkrete Handlungen auf, die stets unzulässig sind. Diese beinhalten gemäß Nr. 10 des Anhangs auch die „unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar“. Mit anderen Worten: Da Verbrauchern bestimmte Rechte von Gesetzes wegen zustehen, sind diese selbstverständlich, und solche Selbstverständlichkeiten dürfen nicht werblich als Besonderheit eines Angebots hervorgehoben werden. Denn daraus könnte für den Verbraucher der falsche Eindruck entstehen, diese Rechte stünden ihm bzw. ihr nicht gegenüber allen Anbieterinnen und Anbietern zu, sondern nur gegenüber demjenigen, der auch damit wirbt – ein unangemessener Vorteil gegenüber Mitbewerbern und eine Verfälschung des Wettbewerbs könnten die Folge sein.

Ferner wird als unlautere und somit unzulässige Wettbewerbstätigkeit die Vornahme irreführender geschäftlicher Handlungen eingestuft (§ 5 Abs. 1 S. 1 UWG). Irreführend ist eine geschäftliche Handlung danach, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält, u.a. in Bezug auf den Umfang von Verpflichtungen des Unternehmers oder auf Rechte des Verbrauchers. Demnach kann eine Werbung mit gesetzlichen Rechten der Verbraucher oder mit der Erfüllung gesetzlicher Pflichten durch den Unternehmer auch irreführend sein, denn Werbung bezieht sich i.d.R. auf Besonderheiten des Angebots und nicht auf gesetzliche Rechte, die ohnehin bestehen. Somit treffen Sie mit einer werblichen Hervorhebung zumindest mittelbar die unwahre Aussage, dass besagte Rechte bzw. Pflichten nicht grundsätzlich bestehen oder erfüllt werden müssen, sondern von Ihnen als Händlerin und Händler als zusätzliche Besonderheit angeboten werden.

 

Wann liegt eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vor?

Etwas Klarheit schafft eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 19. März 2014 – I ZR 185/12). Diese bezieht sich zwar nicht konkret auf eine Werbung mit Originalwaren, lässt aber erkennen, welche Kriterien grundsätzlich dafür maßgeblich sind, ob eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorliegt. Zuvor hatten andere Gerichte geurteilt, dass es für diese Einordnung (auch) auf eine Hervorhebung der Werbeaussage ankomme. Der BGH hat allerdings entschieden, dass eine hervorgehobene Darstellung der Aussage nicht maßgeblich sei. Vielmehr seien die Platzierung der Aussage und deren Wortwahl ausschlaggebend.

Im konkreten Fall hatte ein Händler für Druckerzubehör mit verschiedenen Vorzügen seiner Produkte geworben und dabei u.a. folgende Werbeaussagen getroffen:

  • „Sollten Sie mit einem kompatiblen Produkt nicht zufrieden sein, haben Sie eine 14-tägige Geld-Zurück-Garantie“
  • „Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistung von 2 Jahren“

Dass es für die Beurteilung der Unzulässigkeit von Werbeaussagen auf deren Formulierung und Kontext ankommt, ist letztlich selbsterklärend. Der BGH hat aber die erste der vorgenannten Aussagen „14-tägige Geld-zurück-Garantie“ als unlauter eingestuft, die zweite Aussage „gesetzliche Gewährleistung“ hingegen nicht. Anhand dieser Entscheidung zeigt sich daher anschaulich, wie der BGH, die genannten Kriterien konkret angewendet hat:

Beide Werbeaussagen beziehen sich letztlich auf ein Recht, das Verbrauchern schon von Gesetzes wegen zusteht. Eine „14-tägige Geld-Zurück-Garantie“ geht faktisch nicht über das gesetzliche Widerrufsrecht von Verbrauchern im Fernabsatz hinaus, welches ebenfalls 14 Tage lang besteht und bei Ausübung des Widerrufs dazu führt, dass die Verkäuferin bzw. der Verkäufer den Kaufpreis zurückerstatten muss. Da die Aussage zusammen mit den Vorzügen der Produkte angeführt wurde, konnte nach Ansicht des BGH jedoch der unzutreffende Eindruck entstehen, dass es sich dabei um eine freiwillige (Zusatz-)Leistung des Händlers handelt. Dieser Eindruck sei noch dadurch verstärkt worden, dass an gleicher Stelle die zweijährige Gewährleistung als „selbstverständlich“ und ausdrücklich als ein gesetzliches Recht bezeichnet wurde. Auch durch die Gegenüberstellung zu dieser zweiten Werbeaussage konnte somit der falsche Kontrasteindruck entstehen, dass die „14-tägige Geld-Zurück-Garantie“ eben nicht von Gesetzes wegen bestünde und somit nicht selbstverständlich sei.

Auch die zweite Werbeaussage bzgl. der Gewährleistung bezog sich auf Rechte, die dem Verbraucher von Gesetzes wegen zustehen. Diese Aussage hat der BGH jedoch als unkritisch eingestuft. Denn durch die gewählte Formulierung werde klargestellt, dass der Käuferin bzw. dem Käufer keine Rechte eingeräumt werden, die den Verbraucher schon kraft Gesetzes zustehen. Die bestehenden Ansprüche würden nicht als etwas Ungewöhnliches herausgestellt, sondern als selbstverständlich bestehend bezeichnet.

 

Was bedeutet das konkret für die Werbung mit Originalwaren?

Zweifellos sind Sie als Online-Händlerin und Online-Händler verpflichtet, die von Ihnen verkauften Waren frei von Mängeln zu liefern bzw. zu übergeben, also zumindest mit derjenigen Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und vom Käufer erwartet werden kann (§§ 433 Abs. 1 S. 1, 434 BGB). Grundsätzlich ist jeder Anbieter insoweit auch – wenn er bzw. sie nicht etwas anderes mitteilt – verpflichtet, Originalware zu liefern.

Demgemäß haben Sie insbesondere bei dem Vertrieb von Produkten, die eine Marke tragen, die Pflicht zur Lieferung von Originalware. Somit kann auch eine Werbung damit, dass „Originalware“ angeboten oder die „Echtheit“ der Ware garantiert werde, eine Werbung mit etwas Selbstverständlichem sein.  

 

Die Gerichte sind sich nicht einig

Tatsächlich ist die rechtliche Bewertung solcher Werbeaussagen uneinheitlich. Die Rechtsprechung ging auf der Grundlage der o.g. Erwägungen teilweise von einer Unzulässigkeit von Werbeaussagen zu „Originalwaren“ oder „Echtheitsgarantien“ aus (bspw. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 8. November 2012, Az. 2-03 O 205/12 und LG Bochum, Urt. v. 12. Februar 2009, Az. 12 O 12/09).

Andere Gerichte entschieden hingegen, dass die Lieferung von Originalware ohnehin den Erwartungen der Verbraucher entspreche und somit durch entsprechende Werbeaussagen kein unzutreffender Eindruck erweckt werde (bspw. LG Köln, Urt. v. 15. September 2009, Az. 33 O 126/09; OLG Hamm, Beschl. v. 20. Dezember 2010, Az. 4 W 121/10). Teilweise wurde auch das Argument vorgebracht, dass die Werbung mit der Echtheit der Waren vielen Online-Händlerinnen und -händlern als Mittel diene, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen, die (insbesondere auf Handelsplattformen) Markenfälschungen verkaufen. Angesichts dieses Massenphänomens sei es wohl keine Selbstverständlichkeit, dass sämtliche Online-Händlerinnen und -händler tatsächlich Originalware liefern. Anbieterinnen und Anbieter müsse es daher gestattet sein, auf die Echtheit ihrer Waren hinzuweisen; dadurch werde auch kein falscher Eindruck eines besonderen Vorteils erweckt (AG Meldorf, Urt. v. 10. August 2010, Az. 84 C 200/10).

Auch die Frage, ob mit der Aussage „Das Original“ geworben werden darf, ist richterlich umstritten. So bewertete das OLG Celle eine in der Art gestaltete Werbung als unzulässig, wenn es sich bei dem betroffenen Produkt nicht um das erste dieser Art handelt. Die Kundinnen und Kunden verstehen es nämlich dahin gehend, dass das Produkt vom betreffenden Unternehmen erfunden worden sei (OLG Celle, Urt. v. 04.09.2018, Az. 13 U 77/18). Entgegen dieser Auffassung entschied jüngst jedoch das OLG München. Demnach solle mit der Werbeaussage lediglich eine langjährige Bewährtheit des Produktes hervorgehoben werden. Ferner müsse dem Verkehrskreis bewusst sein, dass nicht alle anderen Produkte als Fälschungen oder Imitate entwertet würden (Urt. v. 16.07.2020, Az. 29 U 3721/19).

Leider fehlt es hinsichtlich Werbeaussagen mit dem Zusatz „Original“ bzw. „Echtheit“ an höchstrichterlicher Rechtsprechung. Die Frage nach der Zulässigkeit derartiger Werbeaussagen, kann daher an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden.

 

Was folgt daraus?

Die Werbung mit Originalwaren wirft immer wieder Fragen auf. Wie aus den unterschiedlichen Entscheidungen verschiedener Gerichte ersichtlich ist, kann in derartigen Werbeaussagen je nach den Umständen des Einzelfalles eine unzulässige und somit abmahnfähige Geschäftshandlung oder aber eine zulässige Praxis gesehen werden, um sich von unseriöser Konkurrenz hervorzuheben.

Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten bewegt sich typischerweise in einem Grenzbereich, in welchem zwei konträre, aber jeweils berechtigte Interessen aufeinandertreffen können: Sie sollten Verbraucher nicht dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung verleiten, indem Sie ihnen gesetzlich zustehende Rechte als vermeintlichen Vorteil Ihres Angebots suggerieren. Gleichwohl lässt es sich kaum leugnen, dass Unternehmer ein Interesse daran haben können, Ihre Kundschaft über deren gesetzliche Rechte zu informieren.
Hierzu sind Sie als Unternehmer bzw. Unternehmerin sogar teilweise verpflichtet.

 

Unser Tipp:

Was sich dank der BGH-Entscheidung klar beantworten lässt, ist die Frage, anhand welcher Kriterien die Unzulässigkeit einer Werbung mit Selbstverständlichkeiten zu beurteilen ist. Dies hängt vor allem von der Platzierung und der genauen Wortwahl der entsprechenden Aussagen ab. Gleichwohl zeigen die verschiedenen Argumentationsansätze und Entscheidungen zu Werbung mit „Originalware“ oder mit „Echtheitsgarantien“, dass sich gerade diese Umstände in jedem Einzelfall anders darstellen. Entscheidend ist vor allem, dass mit einer entsprechenden Werbeaussage nicht der Eindruck einer besonderen Leistung erweckt wird; vielmehr ist klarzustellen, dass dem Verbraucher ohnehin zustehende Rechte angeführt werden.

Orientierung kann auch insoweit die Entscheidung des BGH bieten: Die erforderliche Klarstellung kann sich bspw. aus dem Begriff „gesetzlich“ ergeben – oder gerade auch daraus, dass Sie das beworbene Recht ganz klar als „selbstverständlich“ bezeichnen. Gleichwohl ist die Hinzufügung solcher Begrifflichkeiten kein Allheilmittel, da es immer auf den Gesamtkontext aus Inhalt und Formulierung der Werbeaussage sowie deren Platzierung und Darstellung ankommt. Holen Sie daher rechtlichen Expertenrat ein, um kostenpflichtige Abmahnungen möglichst zu vermeiden. 

 

Diesen Artikel haben wir ursprünglich im Oktober 2018 veröffentlicht und jetzt für Sie auf den aktuellen Stand gebracht.
 

 

   

Über den Autor


Philip

Philip Peters ist seit 2018 bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Services tätig. Er hat das Studium des Wirtschaftsrechts an der Technischen Hochschule Aschaffenburg absolviert und beschäftigt sich intensiv mit rechtlichen Fragestellungen des E-Commerce und mit dem Thema Legal Tech. Als Legal Consultant betreut er Kunden im Rahmen des Trusted Shops Abmahnschutzes und ist als Blog-Autor tätig.

15.10.20

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