Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Die Farbe ist nicht so schön, wie gedacht, die Größe passt nicht, oder das Kleidungsstück gefällt der Kundin bzw. dem Kunden einfach nicht. Die Online-Händlerinnen und -händler haben sich daran gewöhnt, die Ware regelmäßig wieder zurück zu bekommen. Wie sieht das aber mit Dienstleistungen aus? Müssen Sie auch hier den Widerruf annehmen?
Aus wirtschaftlicher Sicht ist eine Dienstleistung ein immaterielles Gut. Im Mittelpunkt dieses Guts steht die Leistungserbringung.
§ 611 BGB besagt, dass Gegenstand eines Dienstvertrags Dienste jeder Art sein können. In Art. 2 Nr. 6 VRRL finden Sie eine Negativabgrenzung für den Begriff „Dienstleistungsvertrag“:
"...jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt"
Dienstleistungsverträge sind von Verträgen über den Verkauf von Waren oder digitalen Inhalten zu unterscheiden.
Der Schwerpunkt der Leistung ist bei der Abgrenzung entscheidend. Zum Beispiel geht es bei Gestaltung von Fototassen um Verkauf von eben diesen Tassen, und somit um einen Vertrag über den Warenverkauf.
Im Online-Handel sind Webinare oder sonstige Onlinekurse ein klassisches Beispiel für die angebotenen Dienstleistungen.
Ein Widerrufsrecht steht dem Verbraucher gem. § 312g BGB bei Fernabsatzverträgen zu. Ein Fernabsatzvertrag i. S. d. § 312 c Abs. 1 BGB ist ein Vertrag, bei welchem
„der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.“
Ein Widerrufsrecht besteht somit grundsätzlich auch bei Dienstleistungsverträgen, die Sie im Wege des Fernabsatzes schließen.
In § 312g Abs. 2 BGB benennt das Gesetz Verträge, für die ein Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Besonders relevant sind in der Praxis folgende Fälle:
Fällt der Dienstleistungsvertrag unter keine der genannten Ausnahmen, steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu.
Gem. § 355 Abs. 2 BGB, beginnt die Widerrufsfrist bei Dienstleistungsverträgen mit Vertragsschluss, und beträgt 14 Tage. Die Frist beginnt allerdings nicht zu laufen, bevor Sie den Verbraucher vollständig und rechtmäßig über sein Widerrufsrecht unterrichtet haben. Eine rechtmäßige Unterrichtung gewährleisten Sie, indem Sie dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung vor Abgabe seiner Bestellung im Online-Shop zur Verfügung stellen und diese nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bevor Sie mit der Ausführung der Dienstleistung beginnen, auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. per E-Mail oder in Papierform) übermitteln.
Des Weiteren sind Sie verpflichtet, dem Verbraucher auf gleiche Weise das gesetzliche Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen.
Das Widerrufsrecht kann allerdings bei Dienstleistungsverträgen vorzeitig, also schon vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist erlöschen. Die Voraussetzungen dafür sind:
Die Zustimmung zur Ausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist muss der Verbraucher ausdrücklich erteilen und die Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrechts bestätigen. Es reicht nicht, wenn er oder sie lediglich die Leistung hinnimmt. Die Zustimmung können Sie nicht durch entsprechende Regelungen in den AGB einholen. Diese muss vielmehr separat erfolgen. Halten Sie dafür einen entsprechenden Einwilligungstext auf der jeweiligen Bestellseite vor, den der Verbraucher durch eine nicht vorausgewählte Checkbox bestätigen muss, um die Bestellung abgeben zu können.
Der entsprechende Text kann wie folgt lauten:
Ich bin einverstanden und verlange ausdrücklich, dass Sie vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der beauftragten Dienstleistung beginnen. Mir ist bekannt, dass ich bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie mein Widerrufrecht verliere.
Wichtig ist, dass Sie als Online-Händlerin oder Online-Händler die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers nachweisen müssen. Können Sie keinen Nachweis erbringen und beginnen trotzdem mit der Dienstleistung, können Sie bei Ausübung des Widerrufs keinen Wertersatz verlangen.
Widerruft der Verbraucher den Vertrag bevor die Dienstleistung vollständig erbracht wurde, sodass das Widerrufsrecht noch nicht erloschen ist, können Sie gem. § 357 Abs. 8 BGB einen Wertersatz für die bis zum Zeitpunkt des Widerrufs erbrachten Teilleistungen verlangen.
Sie sind zum Wertersatz jedoch nur dann berechtigt, wenn der Verbraucher den Beginn der Dienstleistungserbringung vor dem Ablauf der Widerrufsfrist ausdrücklich verlangt hat, und Sie den Verbraucher über das Widerrufsrecht und den möglichen Wertersatzanspruch ordnungsgemäß informiert haben.
Die Höhe des Wertersatzes wird nach § 357 Abs. 8 S. 4 BGB bestimmt. Dabei ist der vereinbarte Gesamtpreis zugrunde zu legen. Wenn der Gesamtpreis allerdings unverhältnismäßig hoch ist, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.
Auch bei Dienstleistungsverträgen steht den Verbrauchern im Fernabsatz ein Widerrufsrecht zu. Fällt der Dienstleistungsvertrag unter keine im § 312g Abs. 2 BGBG genannter Ausnahmen, müssen Sie als Online-Händlerin oder Online-Händler den Widerruf akzeptieren. Achten Sie dabei darauf, ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu belehren, und holen Sie eine Einwilligung in den Ausführungsbeginn der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist ein. In diesem Fall können Sie einen Wertersatz für die bereits ausgeführten Leistungen verlangen, wenn der Verbraucher den Vertrag noch vor der vollständigen Leistungserbringung widerruft.
Update: Zu diesem Thema hat sich die Rechtslage teilweise geändert. Die Neuerungen können Sie hier nachlesen.
Tetiana Popova ist Wirtschaftsjuristin und als Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH tätig. Ihr Bachelorstudium des Wirtschaftsrechts sowie Masterstudium des Medienrechts und Medienwirtschafts hat sie an der Technischen Hochschule Köln absolviert. Sie betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete und setzt sich intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, wie Datenschutz- und E-Commerce-Recht auseinander.
08.10.20Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
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