Produktsicherheit: Was Online-Händler beachten sollten

Ein Paket mit einem Pfeil nach oben wird sorgsam in die Hände genommen.

Setzt ein gerade erst gekaufter Toaster die Küche in Brand, kann das für den Online-Händler negative Konsequenzen haben. Wir erklären dir, was es für Online-Shops in Hinblick auf Produktsicherheit zu beachten gilt.

Produktsicherheit: Pflicht und Verantwortung im Online-Handel

Für Betreiber*innen von Online-Shops gilt: Wer Produkte in der EU vertreibt, muss sicherstellen, dass diese sicher sind. Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob die Ware aus Deutschland, der EU oder einem Drittstaat stammt. Die Produktsicherheit ist keine rein technische Frage, sie ist ein rechtlich hochrelevanter Aspekt des Handels und unterliegt strengen gesetzlichen Anforderungen.

Die wichtigsten Rechtsquellen sind:

  • Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)
  • Die Verordnung (EU) 2019/1020 über die Marktüberwachung und die Konformität von Produkten
  • Spezialvorschriften je nach Produktart (z. B. Spielzeugrichtlinie, Maschinenrichtlinie etc.)

Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG): Nationale Umsetzung und Anforderungen

Das ProdSG verpflichtet jeden Inverkehrbringer (dazu zählen auch Online-Shop-Betreiber*innen), nur Produkte bereitzustellen, die bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung keine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit von Personen darstellen (§ 3 ProdSG).

Wichtige Pflichten umfassen:

  • CE-Kennzeichnung, sofern erforderlich
  • Name und Kontaktanschrift des Herstellers oder Importeurs am Produkt
  • Gebrauchsanweisung und Sicherheitsinformationen auf Deutsch
  • Dokumentation und Rückverfolgbarkeit (z. B. Chargennummern, Seriennummern)

Wer diese Pflichten missachtet, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch Produktrückrufe oder ein Vertriebsverbot durch Marktüberwachungsbehörden sowie wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.

EU-Verordnung 2019/1020: neue Anforderungen durch Marktüberwachungsreform

Seit dem 16. Juli 2021 gilt die Verordnung (EU) 2019/1020, die speziell den Online-Handel ins Visier nimmt. Sie verlangt, dass bei Produkten aus Drittstaaten, die in der EU verkauft werden, ein Verantwortlicher mit Sitz in der EU benannt wird.

Dieser sogenannte „Wirtschaftsakteur“ (Hersteller, Importeur, Bevollmächtigter oder Fulfillment-Dienstleister) muss dafür sorgen, dass:

  • eine EU-Konformitätserklärung vorliegt,
  • die technische Dokumentation verfügbar ist,
  • gegebenenfalls eine CE-Kennzeichnung erfolgt,
  • bei Sicherheitsmängeln kooperiert wird (z. B. Rückrufaktionen, Meldungen an Behörden).

Online-Händler müssen daher sicherstellen, dass sie entweder selbst als Verantwortlicher auftreten oder mit einem solchen Wirtschaftsakteur zusammenarbeiten.

Produktkennzeichnung: keine Nebensache

Produktkennzeichnungen dienen der Information und Rückverfolgbarkeit. Fehlende oder falsche Kennzeichnungen können nicht nur zu Bußgeldern führen, sondern auch zu Verkaufsverboten.

Beispielhafte Pflichtkennzeichnungen:

  • CE-Kennzeichnung
  • GS-Zeichen (freiwillig, aber haftungsrelevant)
  • WEEE-Nummer bei Elektrogeräten
  • Altersangaben, Warnhinweise, Sprache der Bedienungsanleitung (meist Deutsch)

Ein häufiger Fehler bei Online-Händlern: Produkte werden mit Bildern ohne CE-Kennzeichnung beworben, obwohl sie bei Auslieferung gekennzeichnet sind oder umgekehrt. Das kann als Irreführung oder Wettbewerbsverstoß gewertet werden.

Mystery Boxen: Überraschung mit rechtlichem Risiko

„Mystery Boxen“ erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie bieten Kund*innen eine Überraschung, der Inhalt wird nicht (vollständig) vorab bekanntgegeben. Doch genau darin liegt das Problem aus Sicht der Produktsicherheit:

a) Unklare Produktverantwortung

Da der Inhalt nicht offengelegt wird, fehlt der Kundin oder dem Kunden (und manchmal auch dem Händler) die Möglichkeit, die Produktsicherheit im Vorfeld zu beurteilen. Besonders problematisch wird dies bei Drittanbieter-Ware (z. B. Dropshipping oder Restpostenware aus Asien), deren Herkunft und Konformität oft unklar ist.

b) Fehlende Kennzeichnungen und Anleitungen

Mystery Boxen enthalten häufig diverse Produkte, von Gadgets über Kosmetik bis hin zu Spielzeug. Für jeden dieser Artikel gelten spezifische Kennzeichnungs- und Sicherheitsanforderungen, die individuell erfüllt sein müssen. Eine einheitliche Verpackung ersetzt nicht die Pflicht zu produktspezifischen Informationen.

c) Verstoß gegen Transparenzpflichten

Nach dem Produktsicherheitsgesetz und § 5 TMG (Transparenzpflicht) muss die Verbraucherin oder der Verbraucher grundsätzlich darüber informiert werden, welche wesentlichen Merkmale ein Produkt hat. Wer das bewusst verschleiert, kann sich einem wettbewerbsrechtlichen Risiko und Produktrisiken aussetzen, insbesondere, wenn ein unsicheres oder nicht konformes Produkt ausgeliefert wird.

Praxistipps für dich als Shopbetreiber*in

  • Dokumentiere deine Lieferketten: Weißt du, woher deine Produkte kommen, und ob der Hersteller alle Konformitätsanforderungen erfüllt?
  • Prüfe, die CE- und Kennzeichnungspflichten je Produktkategorie.
  • Achte bei Mystery Boxen auf vollständige Produktdokumentation.
  • Verzichte auf nicht rückverfolgbare oder anonyme Produkte.
  • Erarbeite Prozesse für Rückruf, Meldung und Rückverfolgung.

Unser Tipp: Sicherheit geht vor – auch beim Überraschungseffekt

Online-Händler tragen die volle Verantwortung für die Produktsicherheit, unabhängig davon, ob der Verkauf stationär oder digital erfolgt. Die zunehmende Regulierung, insbesondere durch die Verordnung (EU) 2019/1020, stellt neue Anforderungen an den grenzüberschreitenden Handel. Besonders kreative Verkaufsformen wie Mystery Boxen dürfen nicht auf Kosten der Produktsicherheit gehen.

Wer hier proaktiv handelt, schützt nicht nur seine Kundschaft, sondern auch sich selbst vor Bußgeldern, Abmahnungen und Imageschäden.

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18.08.25
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