Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Eine Ressource, die im Online-Handel seit Jahren an Wert gewinnt, sind Daten. Der Handel versucht sich durch eine gute Datenlage in die Stellung zu bringen, möglichst viele potenzielle Neukundinnen und Neukunden im Rahmen von Direktwerbung zu akquirieren. Eine gängige Methode seinen Datenbestand aufzufüllen, ist dabei der Kauf von Adressdaten bei speziellen Datenhändlerinnen und Datenhändlern.
Ob und unter welchen Voraussetzungen Sie heute Daten kaufen und inwiefern Sie diese überhaupt zu Werbezwecken verwenden dürfen, erklären wir Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche.
Beim Adresshandel vermittelt jemand, der Adresseigner, Adressdaten, z. B. Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, an einen anderen, sog. Adresserwerber. In der Regel werden die Daten dann zu Zwecken der Direktwerbung, z. B. für Kampagnen zur Neukundenakquise, genutzt.
Dabei sind verschiedene Konstellationen denkbar:
Zum einen kann der Adresseigner beispielsweise ein Unternehmen sein, das die Daten zunächst zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhoben und diese an einen Dritten übermittelt hat. Bei den Daten handelt es sich oftmals um Kundinnen- und Kundendaten, die der Verantwortliche im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit, z. B. Betrieb eines Online-Shops, erhoben hat.
Ein anderes Modell ist das des geschäftlichen Adresshandels. Dabei sind die Daten der Geschäftsgegenstand als solcher und bereits für den Zweck der Übermittlung geschäftsmäßig erhoben worden. Früher waren das vor allem Adressbuchverlage und vergleichbare Verzeichnisse. Heute können auch Adressbroker wie Bewertungsportale und soziale Netzwerke darunter fallen. Die Daten werden hier zum größten Teil aus öffentlich zugänglichen Quellen erhoben und mithilfe statistischer Erkenntnisse zielgruppenspezifisch angereichert und dann am Markt angeboten.
Bevor die DSGVO eingeführt wurde, wurden die beiden Konstellationen des Adresshandels explizit durch die §§ 28, 29 BDSG (alte Fassung) geregelt. Diese Regelungen wurden jedoch im neuen BDSG und in der DSGVO ersatzlos gestrichen, weshalb sich der Adresshandel nun auch an den allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen messen lassen muss.
Da es sich bei Adressdaten, wie Anschrift, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer um personenbezogene Daten handelt, bedarf es auch einer datenschutzrechtlichen Erlaubnis, diese zu Werbezwecken zu verarbeiten. Die DSGVO bietet dafür in Art. 6 Abs. 1 DSGVO sechs Möglichkeiten, auf deren Grundlage eine Datenverarbeitung zulässig sein kann.
Für die Nutzung von Adressdaten zu Werbezwecken sind dabei jedoch nur die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) und das Vorliegen überwiegender berechtigter Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) einschlägig.
Die datenschutzrechtliche Einwilligung führt in der Praxis zu den bekannten Schwierigkeiten. Beispielsweise muss die Einwilligung zunächst bestimmte Anforderungen erfüllen und durch die Widerrufbarkeit besteht die Gefahr, dass der Datenverarbeitung jederzeit die Rechtsgrundlage einseitig von der betroffenen Person entzogen werden kann. In der Praxis ist es für die Erwerber außerdem schwer nachzuprüfen, ob die Datenhändler tatsächlich eine wirksame Einwilligung erhoben haben. Im Innenverhältnis können sie diese vertraglich bescheinigen lassen, eine Haftung nach außen ist jedoch dadurch nicht ausschließbar.
Deshalb sehen viele Händlerinnen und Händler die Nutzung der Daten im Rahmen überwiegender berechtigter Interessen als die einfachere Option an.
Für die Beantwortung der Frage, ob zunächst ein berechtigtes Interesse vorliegt, lohnt sich ein Blick in den Erwägungsgrund 47 der DSGVO. Dort liest man, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als ein berechtigtes Interesse angesehen werden kann. Zusätzlich erklärt der Erwägungsgrund, dass bei Weitergabe von personenbezogenen Daten an Dritte auch deren berechtigtes Interesse in der Interessenabwägung maßgeblich sein kann. Das bedeutet, dass die Weitergabe von Daten durch Adressbroker an einen Online-Shop bzw. von einem Online-Shop an einen anderen Online-Shop, das gezielt Werbung mit den Daten betreiben will, grundsätzlich von einem berechtigten Interesse abgedeckt sein kann. Und auch die Nutzung der Daten zu Werbezwecken kann auf ein berechtigtes Interesse gestützt werden.
Das berechtigte Interesse des Verantwortlichen muss jedoch in der Folge mit den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person abgewogen werden.
Ein Faktor, der bei der Abwägung entscheidend sein kann, ist, ob es sich bei den Adressdaten um öffentlich zugängliche Daten handelt oder nicht. Es wird nämlich angenommen, dass durch die Veröffentlichung, die betroffene Person selbst den Schutz der Daten gelockert hat. Das bedeutet zwar nicht, dass diese Daten ohne Weiteres genutzt werden dürfen, gleichwohl werden regelmäßig die Interessen des Verantwortlichen überwiegen. Beachten Sie dabei, dass die Daten, die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung z. B. im Rahmen des Impressums veröffentlicht werden, keine öffentlich zugänglichen Daten in dem Sinne sind. Diese Daten hat die betroffene Person nämlich nicht freiwillig veröffentlicht und somit auch nicht selbstständig den Schutz der Daten gelockert. Gleiches kann bei Telefonbucheinträgen gelten.
In diesen Fällen und in Fällen von nicht öffentlich zugänglichen Daten können die Interessen der betroffenen Person überwiegen. Dann ist eine Nutzung der Daten zu Werbezwecken nur durch eine vorherige Einwilligung möglich.
Datenschutzrechtliche Interessenabwägungen sind jedoch immer eine Frage des Einzelfalls. Eine abschließende Rechtsprechung zum Adresshandel unter Geltung der DSGVO gibt es bisher leider nicht.
Wer personenbezogen Daten verarbeitet, hat nach Art. 13, 14 DSGVO auch gewisse Informationen der betroffenen Person mitzuteilen. Unter anderem sind auf Seiten des Adressbrokers bzw. des Unternehmens, das die Daten weitergibt, nach Art. 13 Abs. 1 lit. e, 14 Abs. 1 lit. e DSGVO die konkreten Empfänger oder die Kategorien von Empfängern in der Datenschutzerklärung anzugeben. Im Falle einer Verarbeitung, die aufgrund von überwiegenden berechtigten Interessen erfolgt, sind zudem die für die Interessenabwägung maßgeblichen Punkte so darzustellen, dass die Person die Abwägung nachvollziehen kann.
Für die Adresserwerber gelten ähnliche Informationspflichten mit dem Unterschied, dass diese sich in der Regel nach Art. 14 DSGVO richten, da er oder sie die Daten nicht bei der betroffenen Person erhebt, sondern übermittelte Daten zielgerichtet entgegennimmt, um sie zu Werbezwecken weiterzuverarbeiten. Auch die Käufer müssen unter anderem über die bestehenden berechtigten Interessen informieren. Außerdem müssen sie angeben, aus welcher Quelle die Daten stammen und gegebenenfalls ob diese Quellen öffentlich zugänglich sind, vgl. Art. 14 Abs. 2 lit. f DSGVO.
Die Informationen sind zum Zeitpunkt der Direkterhebung der betroffenen Person mitzuteilen. Im Falle einer Erhebung, die nicht bei der betroffenen Person erfolgt, sind die Informationen zum Zeitpunkt der ersten Mitteilung an die betroffene Person, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Erlangung der Daten, mitzuteilen.
Zusätzlich muss in beiden Fällen auch über das Widerspruchsrecht der betroffenen Person nach Art. 21 DSGVO informiert werden. Bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu Zwecken der Direktwerbung, hat die betroffene Person jederzeit das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung der Daten zum Zwecke derartiger Werbung einzulegen. Dementsprechend hat die betroffene Person, ähnlich zum Widerruf im Rahmen der Einwilligung, die Möglichkeit die Datenverarbeitung zu stoppen. Dessen sollten Sie sich bewusst sein und im Falle eines Widerspruchs die nötigen Maßnahmen einleiten, um eine weitere Verarbeitung zu verhindern.
Adresshandel kann also auf Grundlage einer Einwilligung oder überwiegender berechtigter Interessen und durch eine umfassende Information über die Zwecke und Rechte der betroffenen Person rechtskonform realisiert werden. Wie ist es aber, wenn Sie die gekauften Adressen zu Werbezwecken benutzen wollen?
Händlerinnen und Händler, die Adressen, Telefonnummern oder E-Mail-Adressen nutzen, um potenzielle Neukunden werblich anzusprechen, haben nicht nur die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten, sondern müssen sich auch über die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen des § 7 UWG bewusst sein.
Die Norm regelt, dass am Marktteilnehmende nicht angesprochen werden dürfen, wenn erkennbar ist, dass die Werbung unerwünscht ist. Insbesondere nach § 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG ist die Werbung per Telefon oder E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Verbrauchers unzulässig.
Man könnte denken, dass eine Einwilligung in die Datenweitergabe bzw. Datennutzung im Adresshandel dazu führt, dass auch die werbliche Ansprache im Rahmen des Wettbewerbsrechts rechtskonform abgedeckt ist. Jedoch sind die datenschutzrechtliche und die wettbewerbsrechtliche Einwilligung unabhängig voneinander zu betrachten. Das bedeutet, dass Sie im Zweifel zwei Einwilligungen von der betroffenen Person einholen müssen, was bei der praktischen Umsetzung zu Schwierigkeiten führt.
Postalische Werbung hingegen kann auch ohne Einwilligung des Verbrauchers zulässig sein, soweit nicht erkennbar ist, dass die Werbung nicht erwünscht ist.
Möchten Sie Adressdaten zu Werbezwecken verwenden, sollten Sie sich Gedanken machen, auf welcher datenschutzrechtlichen Grundlage Sie diese verarbeiten dürfen. Dafür bietet sich zum einen die Einwilligung, zum anderen das überwiegende berechtigte Interesse an. Bei der Interessenabwägung sollten Sie darauf achten, ob es sich um freiwillig veröffentlichte Daten handelt oder aus welcher Quelle die Daten sonst stammen.
Im Falle eines Widerrufs der Einwilligung oder eines Widerspruchs nach Art. 21 DSGVO sollten Sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, sodass eine Weiterverarbeitung der Daten ausgeschlossen wird.
Egal für welche Option Sie sich entscheiden: Sie sollten in Ihrer Information an die betroffene Person transparent sein und die Informationspflichten des Art. 13 bzw. Art. 14 DSGVO erfüllen.
Sie sollten außerdem nicht vergessen, zusätzlich eine wettbewerbsrechtliche Einwilligung für die Werbung einzuholen, um Abmahnungen zu entgehen.
Tetiana Popova ist Wirtschaftsjuristin und als Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH tätig. Ihr Bachelorstudium des Wirtschaftsrechts sowie Masterstudium des Medienrechts und Medienwirtschafts hat sie an der Technischen Hochschule Köln absolviert. Sie betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete und setzt sich intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, wie Datenschutz- und E-Commerce-Recht auseinander.
18.03.21Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Wann brauchen Sie eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten? Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Alle Antworten dazu in diesem Artikel.