Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Jeder Händler wäre gerne der Größte, Schnellste, Beste. Solche Werbeaussagen, die früher in Werbebroschüren oder in Fernsehsendungen ihren Platz hatten, haben auch natürlich auch ihren Weg ins Internet gefunden und sind dementsprechend auch für Online-Händler ein wichtiges Thema. Doch wann ist die Werbung mit einer solchen Spitzenstellung zulässig? In diesem Beitrag erläutern wir daher für Sie kurz und übersichtlich die Problematik rund um die sog. „Spitzenstellungswerbung“.
Das ist eine Werbung, die von einem erheblichen Teil des Publikums dahin verstanden wird, dass der Werbende allgemein oder in bestimmter Hinsicht (bzgl. seines Unternehmens oder seiner Waren/Dienstleistungen) für sich allein eine Spitzenstellung auf dem Markt beansprucht. Diese Spitzenstellung kann sich auf Qualität und Beschaffenheit des Angebots beziehen, aber auch auf das Unternehmen (z.B. dessen Größe, Marktstellung, Umsatz oder Alter).
Beispiel: „Kein Waschmittel wäscht sauberer“; „Der größte Auto-Händler“
Zudem gibt es als Unterart auch die sog. Spitzengruppenwerbung, die wiederum gegeben ist, wenn der Werbende die Spitzenstellung nicht für sich alleine, sondern für eine abgrenzbare Gruppe von Mitbewerbern in Anspruch nimmt.
Beispiel: „Eins der leistungsstärksten Smartphones“; „Einer der niedrigsten Preise“
Ob eine Spitzenstellungsbehauptung vorliegt, beurteilt sich nach Auffassung des informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Dies bedeutet, die Werbungsbehauptung wird so ausgelegt, wie sie das Zielpublikum in der Regel versteht.
Entscheidend ist somit, wie die Werbung nach außen verstanden wird, und nicht, was der Unternehmer nach seinen Vorstellungen eigentlich sagen wollte.
Wie bei jeder anderen Art von Werbung handelt es sich bei einer unzutreffenden Spitzenstellungsbehauptung um eine unzulässige irreführende Geschäftshandlung nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, soweit die Werbeaussage unwahr ist oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält.
Konkreter kann eine unwahre produktbezogene Spitzenstellungswerbung eine unzulässige Irreführung über die Beschaffenheit der Ware nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und eine unwahre unternehmensbezogene Spitzenstellungswerbung eine unzulässige Irreführung über die geschäftlichen Verhältnisse nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG darstellen. Bei einem Verstoß gegen das UWG drohen teure Abmahnungen von Mitbewerbern und Verbänden.
Nach einer von der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2001, I ZR 318/98, bestätigt in BGH, Urt. v. 16.11.2017, I ZR 160/16) entwickelten Formel ist eine solche Werbung zulässig, wenn:
Einfach gesagt: Die Werbeaussage muss der Wahrheit entsprechen. Doch welche Aussage trifft die Werbung genau? Wie oben dargelegt, richtet sich der eigentliche Inhalt der Werbeaussage – und somit was für eine Spitzenstellung genau beansprucht wird – nach der Auffassung des jeweils umworbenen Verkehrskreises. Es gilt also zunächst, das Zielpublikum genau abzugrenzen. Dies tun Sie als Händler ohnehin im Vorfeld und wissen daher, dass der Stil und Inhalt der Werbung sich je nach Zielkunden unterscheiden können (etwa bei Laien und bei bereichserfahrenen Fachkunden). So unterscheidet sich auch die Auffassung einer Werbung durch die verschiedenen Kreise – die breite Öffentlichkeit wird eine Werbung ggf. anders verstehen als ein fachkundiges Publikum.
Weiter sind die konkreten Bezugspunkte der Aussage zu ermitteln (Eigenschaften des Unternehmens oder der Waren/Dienstleistungen). Hierbei ist Vorsicht geboten: Eine unklare Spitzenstellungswerbung kann sich für Sie als Händler nachteilig auswirken, denn diese muss nach der Rechtsprechung im Zweifel in allen ihren möglichen Deutungsvarianten zutreffen, sonst gilt sie als irreführend.
Beispiel: „X ist Marktführer!“(Unklar, ob in Bezug auf Umsatz, auf Kundenzahl, auf ein bestimmtes Gebiet, etc.).
Ein solcher liegt laut der Rechtsprechung vor, wenn er sich nicht ohne Weiteres und binnen kürzester Zeit („von heute auf morgen“) von den Mitbewerbern ausgleichen oder sogar übertreffen lässt. Es muss also ein erheblicher Vorsprung vorliegen, der in der umworbenen Hinsicht auch einen praktischen Unterschied bedeutet.
Beispiel: „Für die gründlichste Rasur“ (OLG Hamburg, Urt. v. 27.1.2005, 5 U 80/04): irreführend, wenn der Werbende seine Mitwerber nicht deutlich und merklich überragt. Schneidet ein Nassrasierer durchschn. 14.3 Mikrometer (= 0,0143 mm) mehr Barthaare ab als ein Konkurrenzprodukt, handelt es sich nicht um einen hinreichend deutlichen und merklichen Vorsprung, um die werbliche Behauptung der gründlichsten Rasur zu rechtfertigen.
Spitzenstellungswerbungen kommen häufiger vor, als man zuerst denken würde. Die Spitzenstellungswerbung bedient sich dabei immer wieder der gleichen sprachlichen Methoden:
Aber: „Deutschlands bestes Möbelhaus” (OLG Bamberg, Beschl. v. 19.5.2003, 3 W 48/03): Allgemein gehaltene, reklamehafte Werbeaussage, die der durchschnittlich aufmerksame Verbraucher ohne Weiteres als Übertreibung und reines Werturteil auffasst.
„Der bessere Anschluss“ (OLG Hamburg Urt. v. 28.6.2001, 3 U 40/01)
behauptete Alleinstellung kommt der Aussage nicht zu. Das macht sie auch gar nicht geltend. Sie müsste anderen ISDN-Anbietern preislich und technisch deutlich und dauerhaft überlegen sein.
Aber: „Wir haben die bessere Energie!“ (OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.12.2013, 1 U 36/13): Energieversorger handelt nicht unlauter, weil Durchschnittsverbraucher in dieser Aussage keine ausreichend identifizierbaren unternehmensbezogenen o. produktspezifischen Merkmale erblickt, sondern vielmehr weiß, dass es bei Energie keine Qualitätsunterschiede gibt.
Von der Spitzenstellungswerbung abzugrenzen sind reklamehafte Übertreibungen. Dies sind Überspitzungen, die dermaßen übertrieben bzw. inhaltslos sind, dass der verständige und informierte Durchschnittsverbraucher sie bereits bei flüchtiger Wahrnehmung als solche erkennt und sich dementsprechend von ihnen nicht „irreführen“ lässt.
Die reklamehaften Übertreibungen sind in keiner Norm konkret geregelt, sodass sie im Einzelfall am Maßstab des Irreführungsverbots der §§ 3, 5 UWG gemessen werden, indem der genaue Sinngehalt und dessen Auffassung durch den entsprechenden Verkehrskreis ermittelt werden.
Beispiel: „Fielmann: Lieber besser aussehen als viel bezahlen“ (BGH, Urteil v. 07.11.1996, I ZR 183/94); „Immer Netz hat der Netzer“ (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.9.2014, 6 U 111/14);
Nichtssagende/nicht objektiv nachprüfbare Aussagen, d.h. Aussagen ohne konkreten Informationsgehalt, stellen keine Spitzenstellungswerbung dar, da diese mangels Tatsachenkern keiner Nachprüfung zugänglich sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um Kaufappelle.
Beispiel: „R. Uhren kaufen Sie am besten bei W. Oder kennen Sie eine bessere Adresse?“ (KG, Entsch. v. 31.03.1981, 5 U 209/81); „Mutti gibt mir immer nur das Beste“ in Bezug auf Fertigbrei (BGH, Urt. v. 15.1.1965, Ib ZR 46/63).
Ebenfalls keine Werbung mit einer Spitzenstellung ist ein komparativer Vergleich zu anderen eigenen Produkten. Eine solche Aussage zeigt lediglich das Erreichen einer bisher unerreichten Spitzenposition innerhalb der eigenen Produktion.
Beispiel: „Das beste Persil aller Zeiten“
Bei Spitzenstellungswerbung kommt es sehr stark auf den jeweiligen Einzelfall an, daher ist es schwierig, hier pauschale Aussagen zu treffen. Wenn Sie mit einer Spitzenstellungsaussage werben wollen, überprüfen Sie, was Ihr Zielpublikum ist und wie es die Aussage eventuell verstehen könnte. Sollte die Aussage als eine Spitzenstellungsbehauptung wahrgenommen werden (können), so müssen Sie sicherstellen, dass diese in allen behaupteten Hinsichten der Realität entspricht, also die Spitzenstellung tatsächlich gegeben ist. Ist das nicht der Fall, so stellt dies eine unzulässige irreführende Geschäftshandlung dar, die von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden könnte.
Madeleine Winter ist Master of Laws (LL.M.) und als Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit betreute sie den Audit-Prozess deutscher und österreichischer Key Accounts und setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, insbesondere dem Fernabsatz- und E-Commerce-Recht auseinander. Sie ist Blog-Autorin, an größeren Beratungsprojekten v.a. zum Bestellprozess-Relaunch von Online-Shops beteiligt und betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete.
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