Vertragsstrafe – teure Folge der Unter­lassungs­erklärung

Ein Vertrag wird unterzeichnet.

Abmahnungen im Online-Handel sind bei weitem keine Seltenheit. Der stetig wachsende Katalog an rechtlichen Vorschriften stellt Shop-Betreiber*innen vor einige Herausforderungen. Auch die bemühtesten Anbieter*innen können daher Adressaten von Abmahnungen werden. Sollte nach intensiver Prüfung der Abmahnung die Abgabe einer Unterlassungserklärung geboten sein und kommt es in einem solchen Fall trotz erhöhter Vorsicht zu erneuten Verstößen, können teure Vertragsstrafen folgen.

Was genau eine Vertragsstrafe ist, wie sie typischerweise ausgestaltet wird und welche Akteure Sie kennen sollten, erfahren Sie in diesem Rechtstipp der Woche.

⚠️Hinweis: Bitte beachten Sie, dass Unterlassungserklärungen niemals ungeprüft abgegeben werden sollten. Insbesondere von der ungeprüften Abgabe einer der Abmahnung beigefügten Mustererklärung ist abzuraten.

Vertragsstrafe – was ist das überhaupt?

Bei einer Vertragsstrafe handelt es sich um eine Geldstrafe, die für die schuldhafte Zuwiderhandlung gegen einen Vertrag versprochen wird (§ 399 BGB).

Vertragsstrafenversprechen spielen v. a. im Zusammenhang mit Abmahnungen eine Rolle, da die Abmahnenden in den damit oftmals einhergehenden Unterlassungserklärungen eben eine solche Zahlung im Falle zukünftiger Verstöße verlangen. Man spricht hierbei auch von einer sog. strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe klingt zunächst einmal negativ für die abgemahnte Partei. Dabei kann die Abgabe einer strafbewehrten Erklärung auch in ihrem Interesse liegen. Denn nur mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lässt sich auch die Begehungsgefahr, die für das Bestehen der Unterlassungsansprüche der oder des Abmahnenden erforderlich ist, ausräumen. Sie verhindert so ein weiteres, möglicherweise auch gerichtliches und damit kostenintensives Vorgehen der abmahnenden Partei.

🤓Gut zu wissen: Eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafenversprechen wird vom BGH in der Regel als „nicht ernsthaft“ und insofern als nicht ausreichend gewertet.

Ausgestaltung von Vertragsstrafen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Vertragsstrafen zu gestalten. Es können bspw. feste Vertragsstrafen vereinbart werden. Bei diesen verspricht die oder der Unterlassungsschuldner*in (d.h. die abgemahnte Partei) für jeden Fall der Zuwiderhandlung einen im Unterlassungsvertrag bestimmten Geldbetrag zu zahlen.

Einen anderen Ansatz bietet der sog. „neue Hamburger Brauch“. Hierbei handelt es sich um die Vereinbarung einer offenen Vertragsstrafe, die im Falle eines Verstoßes von der oder dem Unterlassungsgläubiger*in zu bestimmen ist und von der oder dem Unterlassungsschuldner*in ggf. durch ein zuständiges Gericht überprüft werden kann.

Während die Parameter bei festen Vertragsstrafen bereits im Vertrag festgelegt sind, stellt sich bei offenen Vertragsstrafen noch die Frage nach der Höhe, bzw. Berechnung der zu leistenden Zahlung.

Eine allgemeingültige Pauschale gibt es hierfür nicht. Vielmehr kommt es jeweils auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Zu berücksichtigende Kriterien bei der Festlegung angemessener Vertragsstrafen sind gem. § 13a UWG:

  1. Art, Ausmaß und Folgen der Zuwiderhandlung,
  2. Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und Schwere des Verschuldens
  3. Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten sowie
  4. wirtschaftliches Interesse des Abgemahnten an erfolgten und zukünftigen Verstößen.

Achtung: Sofern gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen wird, lebt der ursprüngliche Unterlassungsanspruch der abmahnenden Partei wieder auf. Neben der vereinbarten Vertragsstrafe kann die oder der Unterlassungsgläubiger*in dann auch die Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung inkl. Vereinbarung einer höheren Vertragsstrafe fordern.

Kann die Vertragsstrafe mehrfach anfallen?

Werden mehrere Rechtsverletzungen begangen, stellt sich die Frage, ob diese auch mehrere Vertragsstrafen zur Folge haben. Auch hier gilt wieder einmal der für die Juristerei typische Satz: „Es kommt drauf an.“

Je nach der im Unterlassungsvertrag gewählten Formulierung, kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Verspricht die oder der Unterlassungsschuldner*in bspw. „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ eine Vertragsstrafe zu zahlen, kann das Versprechen dahin auszulegen sein, dass mehrere auf fahrlässigem Verhalten beruhende Verstöße, die zeitlich nicht zu weit auseinanderliegen, als eine einzige Zuwiderhandlung gewertet werden (vgl. BGH, Urteil v. 09.07.2015 - I ZR 224/13 Rn. 34).

Häufige Abmahngründe im E-Commerce bergen zugleich das Risiko von Vertragsstrafen

Da Vertragsstrafen im Zusammenhang mit Abmahnungen stehen, sind die häufigsten Abmahngründe auch in diesem Kontext relevant. Eine Übersicht häufiger Gründe für Abmahnungen haben wir Ihnen bereits im vergangenen Jahr in unserem Blogbeitrag mit dem Titel „Die 5 häufigsten Abmahngründe 2023“ vorgestellt. Im Abmahnradar finden Sie ebenfalls eine Übersicht relevanter Abmahngründe.

Die in letzter Zeit vermehrt aufgetretenen Vertragsstrafenforderungen beziehen sich u. a. auf im Jahr 2019 abgegebene Unterlassungserklärungen ggü. dem IDO (Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V.).

IDO Verband e.V. und Verbraucherschutzverein

Der IDO Verband e.V. hat in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen versendet. Gegenstand waren häufig vermeintliche Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie die Preisangabenverordnung (PAngV).

In den Abmahnungen wurde die Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen gefordert. Gegen diese sei in einigen Fällen verstoßen worden, sodass die vereinbarten Vertragsstrafen verwirkt worden seien. Unterlassungsgläubiger*innen wurden infolgedessen mit Vertragsstrafenforderungen konfrontiert.

Die Krux an der Sache?

Die verlangten Vertragsstrafen liegen in der Regel bei mehreren tausend Euro. Sofern die betroffenen Online-Händler*innen absolut sicher sein können, dass sie keine weiteren kerngleichen Verstöße begehen, kann dem teuren Damoklesschwert wohl ausgewichen werden. Doch manchmal wird Abgemahnten auch ein Versprechen abgerungen, das sie selbst mit größter Vorsicht nicht mit Sicherheit einhalten können. Dann ist die finanzielle Belastung durch hohe Vertragsstrafen nur eine Frage der Zeit. Eine rechtliche Beratung, wann und in welchem Umfang eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden sollte, kann dieses Risiko reduzieren.

Als weiterer relevanter Akteur ist der Verbraucherschutzverein zu nennen. Auch dieser versendete zahlreiche Abmahnungen und prüft regelmäßig, ob gegen die abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen wurde. Vertragsstrafenforderungen stehen daher auch hier an der Tagesordnung.

Fazit

Im Zusammenhang mit Abmahnungen ist stets Vorsicht geboten. Die in Abmahnungen enthaltenen Fristen sind oft kurz bemessen und ein schnelles, aber gleichwohl bedachtes Handeln ist gefragt. Abmahnschreiben vermitteln teilweise den Eindruck, dass die finanzielle Belastung durch die folgsame Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begrenzt werden könne. Die damit verbundenen Risiken hinsichtlich einer potentiellen Verwirkung der vereinbarten Vertragsstrafe bleiben dabei häufig unbeachtet. Und das, obwohl diese die in der Abmahnung geforderten Zahlungen deutlich übersteigen können.

Unser Tipp

Sofern Sie in der Vergangenheit Unterlassungsverträge geschlossen haben, sollten Sie Ihre Online-Präsenz und Angebote einer regelmäßigen Prüfung unterziehen, ob (noch) alle erfassten Aspekte ihrer Versprechen eingehalten werden.

22.10.24
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