Können Geschenkgutscheine widerrufen werden?
Falschen Gutschein gekauft? In diesem Rechtstipp erfährst du, ob ein Gutschein widerrufen werden kann und wie die Rückabwicklung vonstatten geht.
Es ist schon wieder November und das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür. Neben beliebten Klassikern landen jedes Jahr auch Geschenkgutscheine ganz oben auf der Wunschliste. Sie bieten eine einfache Möglichkeit, Freude zu verschenken – etwa, wenn Großeltern dem computeraffinem Enkelkind statt selbstgestrickter Socken lieber ein Videospiel seiner Wahl ermöglichen möchten.
Doch was passiert, wenn der Gutschein versehentlich für den falschen Shop gekauft wurde? Können Kund*innen den Kaufvertrag widerrufen? Und wie läuft eine Rückabwicklung in diesem Fall ab?
In diesem Rechtstipp findest du Informationen zu Gutscheinen und wie diese widerrufsrechtlich zu behandeln sind.
Wichtig ist zunächst zu unterscheiden zwischen gekauften Gutscheinen mit einem monetären Gegenwert (sogenannte „Wertgutscheine“) und solchen, die Rabatte oder Aktionen darstellen und kostenlos angeboten werden.
Während die Bedingungen von Rabatt- und Aktionsgutscheinen beliebig gestaltet werden können, unterliegen Wertgutscheine klaren rechtlichen Vorgaben.
Bei Geschenkgutscheinen handelt es sich um Wertgutscheine. Sie werden gegen einen festgelegten Betrag erworben, mit dem die beschenkte Person Ware erwerben kann, die dem Wert des Gutscheins entspricht.
Gutscheine werden im Online-Handel in zwei verschiedenen Formen angeboten: als klassische physische Gutscheine sowie in digitaler Form.
Während physische Gutscheine in Papier- oder Plastikkarten ausgegeben werden, auf denen ein einlösbarer Code aufgedruckt oder ein direkter Gegenwert angegeben ist, erfolgt die Bereitstellung eines digitalen Gutscheins meist zum sofortigen Download etwa in PDF-Form.
Gutscheine, die physisch zur Verfügung gestellt werden, verkörpern das Recht des*der Besitzer*in, den Wert des Gutscheins als Zahlungsmittel einzusetzen. Es handelt sich also zugleich um einen Rechtskauf und eine Ware.
Ein Vergleich zu Dienstleistungen und digitalen Inhalten, bei denen die Widerrufsfrist bereits bei Vertragsschluss beginnt, stützt diese Einordnung. Denn während Dienstleistungen und digitale Inhalte nicht körperlich zurückgewährt werden können, ist dies bei einem physischen Gutschein möglich. Aus diesen Gründen sind Gutscheine in physischer Form als Warenlieferungen zu behandeln und damit nicht vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Die Widerrufsfrist beginnt mit Zugang der Ware.
Für digitale Inhalte liegt das typische Merkmal der „Bereitstellung“ nicht vor. Der*Die Verkäufer*in muss dem*der Kund*in zur Vertragserfüllung eine Zugriffsmöglichkeit auf den digitalen Inhalt verschaffen.
Das Widerrufsrecht erlischt bei Produkten mit digitalen Inhalten, sobald der*die Händler*in eine Zugriffsmöglichkeit verschafft hat, der*die Verbraucher*in zuvor ausdrücklich in die Vertragsausführung eingewilligt sowie den Verlust seines*ihres Widerrufsrechts anerkannt hat. Diese Regelung gilt, da bei digitalen Inhalten der konkrete Wert des Produktes digital zur Verfügung gestellt wird und eine Rückgabe an den*die Händler*in für diese*n nach Bereitstellung keinen Mehrwert hätte.
Für den*die Kund*in eines Gutscheins ist dagegen wichtig, dass dieser bei ihm*ihr eingeht und als Geschenk weitergeben und eingelöst werden kann. Der Gutschein verkörpert jedoch keinen weiteren „Mehrwert“ oder „Inhalt“, der über die spätere Möglichkeit zur Einlösung des Geldbetrages hinausgeht.
Beispielsweise würde der*die Unternehmer*in nach Erbringung der Leistung im Falle eines Widerrufs durch den*die Verbraucher*in keinen Wertersatz oder Nutzungsersatz für den bereits genutzten bzw. bereitgestellten digitalen Inhalt erhalten. Bei dem Widerruf eines Gutscheins kann dagegen der Wert des Gutscheins „erstattet“ werden, also der Vorteil der Kund*innen mit diesem Wert Ware ohne weitere Zahlung erwerben zu können.
Auch bestehen weitere rechtliche Voraussetzungen für digitale Inhalte, welche für digital zur Verfügung gestellte Gutscheine nicht passen.
Beispielsweise kann für einen Gutschein kein „Nutzungsrecht“ oder andere Lizenzen eingeräumt oder die Zeit eines Zugriffs vertraglich eingeschränkt werden.
Es ist somit nicht ersichtlich, weshalb digitale Gutscheine als digitale Inhalte behandelt werden sollten und physische Gutscheine nicht. Im Kern verfolgen beide Gutscheinformen den gleichen Zweck. Sie unterscheiden sich lediglich durch ihre Form der Übermittlung. Für die Kundschaft kommt es jedoch gerade nicht vordergründig auf die Form der Übermittlung an. Daher sind digital zur Verfügung gestellte Gutscheine ebenfalls wie Waren zu behandeln mit der Folge, dass auch hier ein klassisches Widerrufsrecht besteht.
Fassen wir also zusammen: Für beide Formen von Geschenkgutscheinen, physisch wie digital, steht Verbraucher*innen ein 14-tägiges Widerrufsrecht ab Zugang der Ware zu.
Die Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen über Gutscheine vollzieht sich nach den allgemeinen Regeln für den Widerruf. Solange der Gutschein nicht eingesetzt wurde, bestehen hier keine Besonderheiten.
Wie ist das aber mit bereits „angebrochenen“ oder komplett verbrauchten Gutscheinen? Dürfen auch solche Gutscheine widerrufen werden und wie erfolgt die Rückabwicklung?
Die Antwort ist: Ja, auch angebrochene oder verbrauchte Gutscheine können widerrufen werden. Es greifen dann die Regeln des Wertersatzes. Wenn also ein Gutschein über 50 Euro bereits zu 20 Euro eingelöst und dann widerrufen wird, ist die Kundschaft bei der Rückabwicklung des Vertrages zur Leistung eines Wertersatzes in Höhe von 20 Euro verpflichtet, erhält also nur 30 Euro zurück.
Sollte der komplette Wert bereits verbraucht sein, so kann der*die Kund*in zwar widerrufen, der Wertersatz beträgt hier aber wie etwa bei vollständig beschädigter Kleidung 100 % des Kaufpreises.
Sowohl physisch als auch digital zur Verfügung gestellte Gutscheine sind Waren im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie und keine digitalen Inhalte. Sie können also ganz normal wie Ware innerhalb der 14-tägigen Frist widerrufen werden. Sollte der Gutschein bereits teilweise oder vollständig verbraucht sein, so hast du das Recht, Wertersatz zu verlangen.
Falschen Gutschein gekauft? In diesem Rechtstipp erfährst du, ob ein Gutschein widerrufen werden kann und wie die Rückabwicklung vonstatten geht.
Mit der Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) soll Schluss sein mit überflüssigen Verpackungen. Ab 2026 gelten europaweit einheitliche Vorgaben.