Das war 2023 – 5 Urteile, die sie kennen müssen

Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende. Es liegt ein Jahr hinter uns, dass nicht so viele Gesetzesänderungen zu bieten hatte wie beispielsweise sein Vorgänger. Wegweisend war hingegen der neue Angemessenheitsbeschluss zwischen der europäischen Union und den USA, der nun den Datentransfer in die USA legitimiert. Änderungen sind hier wie immer durch den EuGH vorbehalten.  

Neben diesen Legislativakten ist vor allem aber auch die Rechtsprechung für Sie von erheblicher Relevanz. Daher möchten wir Ihnen im Folgenden fünf wegweisende Urteile des vergangenen Jahres präsentieren.  

Verfasser*in muss negative Tatsache in Bewertung beweisen können

In Zeiten, in denen positive wie negative Onlinebewertungen immer mehr über den Erfolg eines Shops entscheiden können, hat das LG Frankenthal (Urt. v. 22.05.2023 - 6 O 18/23) nun entschieden, dass der Verfasser oder die Verfasserin einer negativen Bewertung die Wahrheit dieser im Zweifelsfall beweisen muss. Soweit er oder sie dies nicht kann, hat das Unternehmen einen Unterlassungsanspruch gegen diese.  

Grundsätzlich steht zwar allen Personen das Recht auf Meinungsfreiheit als Grundrecht der deutschen Verfassung zu. Durch dieses darf sich die Kundschaft grundsätzlich frei zur Leistung äußern und demnach auch kritisch. Jedoch gilt dieses Recht nicht unbegrenzt. Seine Grenzen findet die Meinungsfreiheit bei unwahren Tatschen. Soweit eine Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt. Sollte die Tatsachenbehauptung überwiegen, trägt auch hier der/die Verfasser*in die Beweislast.  

Das bedeutet für Sie: Negative Bewertungen müssen Sie nicht immer hinnehmen. Gerichtliches Vorgehen lohnt sich in manchen Fällen. 

Werbenachrichten über Social-Media-Dienst nur nach Einwilligung 

Für persönliche Werbung gilt grundsätzlich, dass für die Versendung einer solchen die vorherige Einwendung der Empfänger*innen erforderlich ist. Hintergrund ist § 7 II Nr. 2 UWG. Wonach es für elektronische Post die vorherige Einwilligung braucht. Das OLG Hamm hat nun mit dem Beschluss v. 3.5.2023 – 18 U 154/22 entschieden, dass es sich bei Privatnachrichten auf Social Media ebenfalls um elektronische Post handelt. Nach dem OLG ist der Begriff elektronische Post weit auszulegen. Elektronische Post ist demnach  

„jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird“ 

Im Ergebnis gilt daher Nachrichten über Social Media = elektronische Post. Aber elektronische Post ist noch weiter auszulegen. Es bedarf nicht mal eines Sozialen Netzwerks. Es genügt, dass es sich um ein Portal handelt, bei dem ein elektronisches Postfach besteht und die Nachrichten auf den Servern der Portalbetreiber*innen gespeichert werden.  

Kein erneutes Widerrufsrecht nach kostenloser Testphase 

Der EuGH hat mit Urt. v. 5.10.2023 – C-565/22 entschieden, dass es kein erneutes Widerrufsrecht gibt, wenn sich ein kostenfreier Anfangszeitraum in einen kostenpflichtigen Vertrag umwandelt. Hintergrund für die Entscheidung ist ein Fernabsatzvertrag, bei dem beim erstmaligen Abschluss eines Abonnements dieses 30 Tage lang kostenlos getestet werden kann. Das Abonnement wird nach Ablauf dieser 30 Tage kostenpflichtig. Wenn der kostenpflichtige Abo-Zeitraum abläuft, ohne dass eine Kündigung erfolgt ist, verlängert sich das Abonnement automatisch um einen bestimmten Zeitraum.  

Für eine solche Konstellation ließe sich überlegen, ob dann ein erneutes Widerrufsrecht bestehen kann für den kostenpflichtigen Vertrag. Der EuGH hat jedoch entschieden, dass in diesem Fall kein neues Widerrufsrecht besteht. Voraussetzung ist allerdings, dass der/die Verbraucher*in vor Vertragsabschluss in klarer und verständlicher Weise über die Preise nach dem Testzeitraum informiert wird und ebenso genau über das Widerrufsrecht belehrt werden muss.  

Wenn dies geschieht, gibt es dann keinen Grund mehr für ein neues Widerrufsrecht, weil dieses nur dazu dient, die Nachteile des Fernabsatzvertrages auszugleichen.  

Angabe der Energieeffizienzklasse und des Spektrums in der Werbung erforderlich

Seit dem 1.8.2017 gilt die VO (EU) 2017/1369 zur Festlegung eines Rahmens zur Energieverbrauchskennzeichnung. Diese bestimmt in Art. 6 Abs. 1 lit. a, dass Händler*innen und Lieferant*innen visueller Werbung verpflichtet sind, auf die Energieeffizienzklasse des Produkts sowie das Spektrum der Effizienzklassen hinzuweisen.  

Wie ein Hinweis auszusehen hat, wird grundsätzlich durch die Kommission geregelt, wie bspw. für Lampen bereits geschehen. Jedoch auch wenn dies noch nicht geschehen ist, hat der EuGH nun mit Beschl. v. 5.10.2023 – C-761/22 entschieden, dass die Händler*innen zwar einen Spielraum in der Darstellung haben, sie aber trotzdem darstellen müssen. Die Gestaltung der Energieeffizienzklassen und ‑spektren in der Werbung solle möglichst der Gestaltung auf dem Energieetikett der Produkte entsprechen. Beides muss aber dargestellt werden, was sich aus der VO 2017/1369 unmittelbar ergibt. Sei eine solche Gestaltung nicht möglich, müssen Klasse und Spektrum jedenfalls lesbar und sichtbar in einer Weise angegeben werden, die den Anforderungen an die Information der Verbraucher*innen genügen. 

Dies zu unterlassen, bedeutet erhebliche Abmahngefahr.  

Unterlassungserklärung genügt in der Regel auch als PDF

Zu guter Letzt nun noch eine Entscheidung mit praktischer Relevanz. Der BGH hat mit Urt. v. 12.01.2023 - I ZR 49/22 entschieden, dass es ausreicht, dass der abgemahnte Unterlassungsschuldner die unterschriebene Unterlassungserklärung fristgemäß als PDF per E-Mail verschickt. Anderes gilt aber immer dann, wenn die Unterlassungsgläubiger die Übersendung als Original zur Bedingung gemacht hat.  

Hintergrund davon ist, dass für Kaufleute kein gesetzlicher Formzwang besteht, vgl. §§ 343 Abs.1, 350 HGB. Jedoch kann eine Form vereinbart oder bedingt werden, sodass im Einzelfall dann das Original übersendet werden muss. Auch drückt sich durch die Übersendung per E-Mail keine fehlende Ernstlichkeit der Erklärung aus, da sich die Übermittlung von rechtsverbindlichen Erklärungen im Wege einer E-Mail im Geschäfts- und Rechtsverkehr durchgesetzt hat. 

Unser Tipp: 

Wie sie sehen, sind nicht nur Gesetzgebungsakte sondern auch Urteile für Sie von erheblicher Bedeutung, da sie die Rechtsordnung ausformen. Daher legen wir Ihnen ans Herz, diese im Blick zu behalten, beispielsweise durch unseren Blog.  

Halten Sie so die Augen offen, um alle für Sie rechtlich relevanten Entscheidungen berücksichtigen zu können.  

14.12.23

Tetiana Popova

Tetiana Popova ist als Legal Consultant bei Trusted Shops tätig und setzt sich intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, wie Datenschutz- und E-Commerce-Recht, auseinander.

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