Die Kaufmannseigenschaft verständlich erklärt

Für einen Kaufmann im rechtlichen Sinne gelten zahlreiche besondere Vorschriften aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) und Gewohnheitsrecht bzw. dem Handelsbrauch.

Wer und vor allem ab wann jemand als Kaufmann gilt und damit den besonderen handelsrechtlichen Grundsätzen unterliegt, ist im Handelsgesetzbuch geregelt.

 

1. „ISTKAUFMANN“

Als Kaufmann wird zunächst in § 1 Abs. 1 HGB derjenige angesehen, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

Unter einem Handelsgewerbe versteht man grundsätzlich jeden Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Demnach ist jeder, der selbstständig, planmäßig und dauerhaft und mit Gewinnerzielungsabsicht unternehmerisch am Markt in Erscheinung tritt nach handelsrechtlichem Verständnis Betreiber eins Gewerbes.

Um gewerblich im Sinne des HGB tätig zu werden, ist es diesbezüglich notwendig, dass der Unternehmer auch über einen gewissen Zeitraum tätig wird.

Sporadische Privatverkäufe, insbesondere auf Versteigerungsplattformen im Internet machen aus einer Privatperson noch keinen Gewerbetreibenden und somit auch keinen Kaufmann im Sinne des HGB.

Ausgenommen vom Begriff des Gewerbetreibenden sind ebenfalls die so genannten freien Berufe, wie z. B. Rechtsanwälte oder Ärzte.

Soweit Sie also ein Handelsgewerbe betreiben, wird gemäß § 1 Abs. 2 HGB vermutet, dass Sie ein Kaufmann sind, mit der Folge, dass die besonderen handelsrechtlichen Regelungen auf Sie Anwendung finden.

 

2. KANNKAUFMANN

Wer ein gewerbliches Unternehmen betreibt, welches kein Handelsgewerbe darstellt (z. B. Kleingewerbe) kann gem. § 2 HGB durch Eintragung ins Handelsregister die Kaufmannseigenschaft erlangen. Durch die Eintragung ist der Kleingewerbetreibende dann einem Istkaufmann im Sinne des § 1 Abs. 1 HGB gleichgestellt.

Zu beachten ist, dass als Kleingewerbetreibende lediglich Gewerbetreibende bezeichnet werden, bei denen „das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert” (§ 1 Abs. 2, HGB). Diese sind jedoch von Kleinunternehmern gem. § 19 UstG zu unterscheiden. Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes können sowohl Gewerbetreibende als auch Selbstständige und Freiberufler sowie Land- und Forstwirte sein. Voraussetzung ist, dass ihr Vorjahresumsatz nicht über 17.500 Euro gelegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird.

Demnach sind alle Kleinunternehmer gem. § 19 UStG, die ein Gewerbe betreiben, Kleingewerbetreibende. Umgekehrt sind aber nicht alle Kleingewerbetreibenden gleichzeitig auch Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

Wenn Sie im Handelsregister eingetragen sind, können Sie sich anschließend nicht mehr darauf berufen, dass Ihr Unternehmen keinen „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ erfordert.

 

3. FORMKAUFMANN

Handelsgesellschaften sind gem. § 6 HGB stets Kaufleute, unabhängig von der Frage, ob sie im Einzelfall die Voraussetzungen des § 1 HGB erfüllen.

Zu den Handelsgesellschaften, die allein aufgrund ihrer Rechtsform die Kaufmannseigenschaft haben, zählen Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die Unternehmergesellschaft (UG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).

Die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) sind Kaufmann, sobald sie Ihre Geschäfte aufnehmen oder spätestens mit ihrer Eintragung in das Handelsregister.

Im Gegensatz zum Istkaufmann oder Kannkaufmann spielt es bei der Handelsgesellschaft keine Rolle, ob ein Handelsgewebe im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB betrieben wird. Vielmehr  fingiert der Gesetzgeber bei Gesellschaften zwingend ein Handelsgewerbe und lässt kein Gegenbeweis zu.

 

4. SCHEINKAUFMANN

Als Scheinkaufmann ist eine Person anzusehen, die im Handelsverkehr als Kaufmann auftritt, ohne tatsächlich Kaufmann im Sinne des Gesetzes zu sein. Der BGH hat vor diesem Hintergrund die Grundlagen der Rechtsscheinhaftung auf den Scheinkaufmann übertragen. (BGH Urteil vom 15.01.1990 Az: II ZR 311/88).

Wer also unter einer bestimmten, gegebenenfalls auch gar nicht existierenden Firma im Geschäftsverkehr auftritt oder in seiner Korrespondenz den Eindruck erweckt, ein Kaufmann in Sinne des HGB zu sein, der muss es sich auch gefallen lassen, rechtlich wie ein Kaufmann und nicht wie Kleingewerbetreibender behandelt zu werden.

 

Über den Autor


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Thomas Josef Zieba ist Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Expert Services. Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Münster. Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln mit Stationen u.a. bei der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE und HMS Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte. Von Oktober 2017 bis August 2018 Tätigkeit als Rechtsanwalt im Bereich Handels- und Wirtschaftsrecht bei der Kanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte, dort unter anderem zuständig für die Betreuung internationaler Mandate. Seit September 2018 Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH.

16.04.19
Thomas Josef Zieba

Thomas Josef Zieba

Thomas Zieba ist Rechtsanwalt der Kanzlei FÖHLISCH und als Teamlead Legal Key Account Consulting bei Trusted Shops tätig. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Münster.

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