Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
1. Der Vertragsschluss
2. Zusätzliche Informationen im Impressum
3. AGB
4. Gewährleistungsrecht
5. Kosten für Zahlungsmethoden
6. Mediation
7. Keine Abmahnungen
8. Unser Tipp
Aaaaaah la France! Land der Revolution und des guten Weins… Mit einer Einwohnerzahl von ungefähr 67,8 Millionen und einem E-Commerce-Umsatz von mehr als 129 Milliarden Euro im Jahr 2021 ist Frankreich für jeden Online-Shop, der europaweit exportieren möchte, besonders attraktiv. Wenn Sie überlegen, Ihren Lieferumfang zu verbreiten und auf dem französischen Markt zu verkaufen, müssen Sie auf einige juristische Besonderheiten achten. Deshalb haben wir für Sie hier eine Liste der auffälligsten Besonderheiten des französischen E-Commerce-Rechts erstellt. Diese beschränken sich in diesem Blogbeitrag jedoch lediglich auf den B2C-Bereich.
Ein Vertrag ist geschlossen, wenn ein Angebot angenommen wird. Das gilt in Deutschland genauso wie in Frankreich. Üblicherweise läuft das folgendermaßen ab:
Der*die Händler*in gibt ein Angebot zum Verkauf eines Produkts ab und der*die Käufer*in nimmt dieses Angebot an. Somit ist der Vertrag geschlossen. Im deutschen Online-Handel ist es jedoch üblich, den Augenblick des Vertragsschlusses per AGB-Klausel zu verschieben. Diese besagt, dass die Darstellung der Produkte im Online-Shop kein rechtlich bindendes Angebot, sondern einen unverbindlichen Online-Katalog darstellt. Somit gibt erst der*die Verbraucher*in ein verbindliches Angebot an den*die Verkäufer*in zum Abschluss eines Kaufvertrages ab und der Online-Shop nimmt dieses Angebot an.
Der Vorteil hiervon ist, dass der Vertragsschluss z. B. von einer erfolgreichen Bonitätsprüfung abhängig gemacht werden kann.
Dies ist im französischen Recht überhaupt nicht möglich! Der Abschluss elektronischer Verträge wird nämlich ausdrücklich in den Artikeln 1125 bis 1127-4 des Code civil (das Pendant des BGB) geregelt. Aus Art. 1127-1 Abs. 2 ergibt sich, dass die Person, die ein Produkt online zum Verkauf stellt, immer Anbieter und an ihr Angebot gebunden ist, solange dieses online zugänglich ist. Somit wäre nach französischem Recht eine derartige Klausel, wie sie in Deutschland üblich ist, unzulässig.
Auch die Annahme des Angebots ist im französischem Recht gesetzlich geregelt: Der Vertrag kommt erst zustande, wenn der*die Empfänger*in des Angebots die Möglichkeit hatte, die Einzelheiten der Bestellung und deren Gesamtpreis zu überprüfen und etwaige Fehler zu korrigieren, bevor er*sie sie zur endgültigen Annahme bestätigt (Art. 1127-2, Abs. 1). Aus diesem Artikel wurde die in Frankreich berühmte „double clic“-Theorie zum Vertragsschluss entwickelt. Der erste Mausklick ist derjenige, der benötigt wird, um die Ware im Warenkorb zu stellen. Der zweite ist der Klick, mit dem der Käufer seine Bestellung bestätigt und somit den Vertrag abschließt.
Zusätzlich zu den sich aus dem deutschen TMG ergebenden Informationen, die Sie in Ihr Impressum aufnehmen müssen, müssen Sie gem. Art 6, III, 1 der Loi pour la confiance dans l’économie numérique folgende Informationen zur Verfügung stellen:
Achten Sie darauf, dass die AGB in Frankreich nur dann Vertragsbestandteil werden, wenn sie der anderen Vertragspartei zur Kenntnis gebracht und von ihr akzeptiert worden sind. Im Falle eines Rechtsstreites mit einem Verbraucher tragen Sie die Beweislast dafür, dass dieser die AGB akzeptiert hat, um sich auf diese berufen zu können. Es empfiehlt sich eine Checkbox vor dem Vertragsschlussbutton zu platzieren, mit dem der*die Käufer*in aktiv bestätigen muss, dass er die AGB zur Kenntnis genommen hat und diese akzeptiert, bevor er den Vertrag schließen kann.
Auch das Gewährleistungsrecht ist in Frankreich anders festgelegt.
Es wird zwischen gesetzliche Garantien, die dem Gewährleistungsrecht entsprechen, und kommerzielle Garantien, die vertraglich vereinbart werden, unterschieden.
Es gibt zwei Arten gesetzlicher Garantien:
Für Verbraucher*innen bestehen beide Garantien gleichrangig nebeneinander. Die Ausgestaltung beider Systeme und deren Verhältnis zueinander kann an dieser Stelle nicht vollständig dargestellt werden, da es hierfür ansonsten einen Kurzroman benötigen würde. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass im Gegensatz zu deutschem Recht ein einfacher Verweis auf das gesetzliche Mangelhaftungsrecht in den AGB nicht ausreicht. Gemäß Art. L.111-1, 5° des Code de la consommation muss der*die Verbraucher*in nämlich, vor Vertragsschluss, u. a. über das Bestehen und die Ausübungsbedingungen der Konformitätsgarantie, der Garantie für versteckte Mängel und der ggfs. Vertraglichen Garantien informiert werden.
Werden AGB für den Vertrag genutzt, so ist auch Art. L211-2, 2° zu beachten. Dieser schreibt vor, dass die für Verbraucherverträge geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen die Bedingungen für die Inanspruchnahme und den Inhalt der vom Verkäufer*in geschuldeten gesetzlichen Gewährleistungen beinhalten müssen. Das am 1. Oktober 2022 in Kraft getretene Décret n° 2022-946 hat diese Bestimmung ergänzt und die Artikel D211-1 bis D211-7 des Code de la consommation beinhalten nun genaue Angaben wie die Informationen zu den Gewährleistungsrechte in den AGB darzustellen sind.
Über die aufgrund des Décret einhergehenden Änderungen der Informationspflichten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben wir Sie bereits in diesem Rechtstipp der Woche informiert.
Sie dürfen keine zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Nutzung einer Zahlungsmethode erheben. Nein, auch nicht bei Kreditkartenzahlung!
Französische Verbraucher*innen haben das Recht, eine bestehende Streitigkeit durch ein kostenfreies Mediationsverfahren beizulegen. Sie sind also, anders als in Deutschland, verpflichtet es ihnen anzubieten. Die Wahl der Streitschlichtungsstelle liegt jedoch bei Ihnen.
Die gute Nachricht ist, ein Abmahnungssystem wie in Deutschland gibt es in Frankreich nicht. Es besteht also keine Gefahr, dass Ihre französischen Konkurrenten Sie abmahnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sie Ihre verschiedenen gesetzlichen Pflichten nicht zu erfüllen brauchen. Tun Sie das nämlich nicht, könnte u. a. der Vertrag mit Ihrer Kundschaft unwirksam sein. Ebenso ist es möglich, dass Sie ein Konkurrent bei den französischen Aufsichtsbehörden verpfeift. Mancher Verstoß gegen die Bestimmungen des Code de la consommation wird sogar mit Gefängnisstrafen belegt! Aber keine Panik auf der Titanic, die meisten Bestimmungen, die die Beziehungen zwischen Verbraucher und Online-Händler*innen regeln stammen aus europäischen Regelungen und sind somit dem deutschen Recht im Endeffekt sehr ähnlich.
Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es einige Unterschiede zwischen den deutschen und den französischen Rechtsbestimmungen. Deshalb sollten Sie sich gut informieren, bevor Sie sich dem französischen Markt zuwenden. Hierbei empfehlen wir Ihnen unsere internationalen Rechtstexte, die Ihnen rechtskonforme AGB, Datenschutzerklärungen und Widerrufsbelehrungen auf Französisch bieten.
Hinweis: Wir haben diesen Artikel erstmals im Februar 2019 veröffentlicht und nun für Sie aktualisiert.
Hannah Laura Schuller hat sich nach einem erfolgreich absolvierten Jurastudium an der Université catholique de Louvain in Belgien, an der Universität zu Köln in deutschem Recht spezialisiert. Sie arbeitet seit Juli 2018 im Bereich Legal Services bei Trusted Shops, wo sie als Legal Consultant France tätig ist. Seit 2020 unterstützt sie zudem bei der Koordination von internationalen Rechtsprojekten.
03.11.22Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Wann brauchen Sie eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten? Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Alle Antworten dazu in diesem Artikel.