Erfolgreich in Polen verkaufen: Darauf müssen Sie achten

 Inhaltsverzeichnis:

1. E-Commerce-Szene in Polen
2. Starke lokale Player und Wettbewerber aus Asien
3. Lokale Zahlungsanbieter
4. Rechtliche Besonderheiten – Gewährleistungsrecht in Polen
5. Regelungen zu Einzelunternehmer
6. Datenschutz
7. Fazit

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erreichten die Handelsumsätze zwischen Polen und Deutschland 2021 ein neues Rekordergebnis. Der Wert aller Importe und Exporte zwischen Deutschland und Polen kletterte gegenüber dem Vorjahr um 18,9 Prozent und erreichte erstmals 146,8 Milliarden Euro. Damit war Polen im Jahre 2021 der fünftgrößte Exportpartner und der viertgrößte Importpartner Deutschlands. Mit einem Markt von knapp 40 Millionen Menschen und überdurchschnittlichen Wachstumsraten ist auch der E-Commerce-Markt in Polen für deutsche Player interessant. Viele bekannte Online-Händler aus Deutschland haben sich auf dem polnischen Markt erfolgreich etabliert und zählen in Polen zu den Top 5 in ihrem Segment.

 

E-Commerce-Szene in Polen

Der polnische E-Commerce hat seine Umsätze zwischen 2016 und 2019 fast verdoppelt. Wie überall auf der Welt hat die Pandemie auch polnische Unternehmen stark beeinflusst und die Digitalisierung und Diversifikation der Verkaufskanäle mit Omnichannel-Strategien vorangetrieben. Die sehr guten Wachstumsraten für E-Commerce in Polen überraschen also nicht und Analysten halten eine Verdopplung der Umsätze bis 2027 für möglich.
 

Starke lokale Player und Wettbewerber aus Asien

Was den polnischen E-Commerce stark von den westeuropäischen Staaten unterscheidet, sind die Online-Marktplätze. Große, internationale Internetplattformen wie eBay oder Amazon haben aktuell keine bedeutende Marktposition in Polen. Der größte Online-Marktplatz und unbestrittener Marktführer mit etwa 21 Millionen registrierten Nutzern heißt Allegro.pl. Die Allegro-Gruppe dominiert den polnischen E-Commerce-Handel mit einem Marktanteil von mehr als 30%.

Neben dem führenden Online-Marktplatz gehört zu ihr auch die reichweitenstärkste Preisvergleichsseite Ceneo. Die Dominanzposition und der hervorragende Bekanntheitsgrad von Allegro resultieren aus einem sehr frühen Marktstart – das Unternehmen wurde bereits 1999 als reiner Auktionsmarktplatz gegründet. Dieser entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem umfassenden Online-Marktplatz und eroberte auch andere Märkte in Zentral- und Osteuropa. Im Laufe der Zeit hat Allegro seinen Bekanntheitsgrad immer weiter ausgebaut und ist so zum unangefochtenen Marktführer in Polen geworden.

Der zweite Platz gehört der Plattform AliExpress, einer Online-Einzelhandelsplattform der chinesischen Alibaba Group. Sie verzeichnete 2021 insgesamt 10,46 Mio. polnische Nutzer*innen. Der dritte Platz mit über 6 Millionen Nutzer*innen gehört Amazon. Dies wird sich jedoch bald ändern, denn einen sehr erfolgreichen Start in Polen notierte auch die E-Commerce-Plattform Shopee aus Singapur. Laut Angaben für August 2022 verzeichnete Shopee 9,7 Millionen Nutzer*innen und hat Amazon somit deutlich überholt.

 

Lokale Zahlungsanbieter

Bei den Zahlungsanbietern ist ähnlich wie bei den Online-Marktplätzen, die starke Position der lokalen Anbieter spürbar. Bei der Bezahlung bevorzugen polnische Kunden und Kundinnen Online-Bezahlsysteme wie z.B. Blik, PayU, Przelewy 24, PayPal oder Dotpay, gefolgt von Kreditkarte und Zahlung per Nachnahme.

Der eher geringe Einfluss der großen US-Onlinekonzerne lässt den polnischen E-Commerce zu einem aufstrebenden Markt mit vielen Playern werden. Dazu kommen sehr hohe Wachstumszahlen, die aus einem noch vorhandenen Nachholbedarf gegenüber den Märkten im Westen resultieren. Trotz wachsender Konkurrenz gibt es noch Zeit, um sich ein Stück vom E-Commerce-Kuchen abzuschneiden. Viele deutsche Händler haben diese Möglichkeit erfolgreich genutzt. Die Online-Shops von Zalando, Bonprix, Tchibo, OBI, Rossmann, Douglas oder der Media Markt zählen in Polen zu den Top 5 in ihrem Segment.

Rechtliche Besonderheiten – Gewährleistungsrecht in Polen

Grundsätzlich gelten in Polen dieselben Regeln im E-Commerce wie in Deutschland, da diese meist auf EU-Richtlinien beruhen. Es gibt jedoch einige Ausnahmen in Bereichen, die EU-weit nicht harmonisiert wurden. So z.B. gibt es aktuell in Polen abweichende Regelungen im Bereich des Gewährleistungsrechts, da die EU-Warenkaufrichtlinie noch nicht in das nationale Recht umgesetzt wurde. Auf mögliche Besonderheiten werden wir Sie in diesem Whitepaper hinweisen. 

Der Gesetzesentwurf zur Implementierung der Warenkaufrichtlinie befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren und man erwartet, dass die neuen Vorschriften Anfang 2023 in Kraft treten. Somit unterscheidet sich etwas das aktuell noch geltende polnische Gewährleistungsrecht von den harmonisierten Vorgaben der EU-Warenkaufrichtlinie.

Die Informationspflichten sind etwas ausführlicher – die Händler*innen müssen über die bestehende Pflicht, eine mangelfreie Ware zu liefern, informieren und die Prozedur der Reklamationsbearbeitung beschreiben. Man sollte dabei sowohl eine schriftliche Postadresse als auch eine elektronische E-Mail-Adresse angeben, an die man eine Reklamation schicken kann.
Außerdem sehen die aktuellen polnischen Regelungen des Zivilgesetzbuches (anders als im deutschen Recht) eine verbindliche Frist vor, innerhalb welcher der Händler zur Mängelbeschwerde des Verbrauchers Stellung nehmen muss. Diese Frist beträgt 14 Kalendertage und gilt nur beim Verbrauchsgüterkauf. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist es, eine verzögerte und langwierige Bearbeitung der durch den Verbraucher erhobenen Reklamation zu vermeiden. Nimmt der Verkäufer/die Verkäuferin zur Mängelbeschwerde des Verbrauchers innerhalb dieser gesetzlich vorgesehenen Frist keine Stellung, so gilt der vorgetragene Mangel als erwiesen und die Ansprüche als gebilligt. Die Reklamation wird dann als berechtigt anerkannt.

Regelungen zu Einzelunternehmer

In Polen gibt es auch abweichende Regelungen zu Einzelunternehmer, die unter bestimmten Bedingungen ähnlich geschützt werden wie die Verbraucher. Natürliche Personen, die das Einzelunternehmen führen, können die für die Verbraucher vorgesehenen Rechte in Anspruch nehmen, soweit sie einen Vertrag mit einem anderen Unternehmer schließen, der zwar unmittelbar mit der Führung der Wirtschaftstätigkeit verbunden ist, aber gemäß des Vertragsinhalts für sie keinen beruflichen Charakter hat.

Die Beurteilung, ob es sich um ein Geschäft von beruflichem Charakter handelt, erfolgt aufgrund des Unternehmensgegenstandes, der im Gewerberegister (CEIDG) eingetragen ist. So wird beispielsweise ein Möbelhersteller (Einzelunternehmer), der einen Computer zur Annahme der Bestellungen und Korrespondenz mit Kunden kauft (also zur Nutzung im Rahmen des Einzelunternehmens), wie ein Verbraucher betrachtet. Wenn er den Computer im Online-Shop kauft, steht ihm ebenfalls das 14-tägige Widerrufsrecht zu und im Falle der Feststellung eines Mangels des Kaufgegenstandes, kann der er die Mängelgewehrleistungsansprüche innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Jahre geltend machen. Ebenso kann er sich innerhalb vom erstem Jahr auf die Beweislastumkehr berufen. Diese besonderen Regelungen für Einzelunternehmen müssen in den AGB entsprechend berücksichtigt werden, es sei denn, Sie verwenden in Ihrer AGB eine Rechtswahlklausel mit deren Hilfe gegenüber Händlern (B2B- Geschäfte) die Geltung des deutschen Rechts vereinbart wurde.

 

Datenschutz

Auch das Datenschutzrecht ist innerhalb der EU durch die Einführung der DSGVO weitgehend vereinheitlicht worden. Der Anwendungsbereich der DSGVO ist sehr weit gefasst. Die DSGVO gilt unmittelbar in allen EU-Staaten und musste nicht erst durch die nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Somit stellt sich eigentlich die Frage gar nicht, welches Recht beim grenzüberschreitenden Handel auf den Datenschutz anwendbar ist, da überall das Gleiche gilt.

Allerdings ermöglicht es die DSGVO den Staaten an einigen Stellen, bestimmte Aspekte des Datenschutzes selbst zu regeln. Es kann also doch nationale Gesetze außerhalb der DSGVO geben, die zu unterschiedlichen Regeln in den EU-Ländern führen können.

So eine gesetzliche Besonderheit besteht in Polen bei E-Mail-Werbung an Bestandskunden. Die polnischen Gesetze („Gesetz über Dienstleistungen auf elektronischem Wege“ und „Gesetz über die Nutzung von Telediensten“) fordern für die Verwendung der elektronischen Kommunikationsmittel eine Opt-in-Lösung ohne Ausnahmen. Folglich benötigt ein Unternehmer auch bei den Bestandskunden eine entsprechende Zustimmung. Anders also als nach der deutschen Rechtslage ist E-Mail-Werbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen bei bestehender Kundenbeziehung ohne vorherige Einwilligung nicht zulässig.

 

Fazit

Online-Händler*innen, die Interesse daran haben, die Waren auch in Polen zu vertreiben, sollten ihre deutschen AGB nicht nur übersetzen lassen, sondern auch in einigen relevanten Punkten anpassen. Für einen erfolgreichen Markteintritt ist ebenfalls eine gute Übersetzung der Webseite, sowie Kundenservice und Beratung in der Landessprache wichtig. Die Marktkonkurrenz ist schon jetzt in manchen Sektoren sehr stark und Allegro hat im polnischen E-Commerce einen relativ hohen Standard gesetzt.

Die erfolgreichsten Online-Shops in Polen sind diejenigen, die hohen Wert auf Kundenservice legen. Wenn Sie Ihre Internationalisierung über eine Plattform starten möchten, ist allegro.pl der Marktführer. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Allegro eine verpflichtende polnisch-sprachige Internetpräsenz voraussetzt.

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Hinweis: Wir haben diesen Artikel erstmals im Februar 2019 veröffentlicht und nun für Sie aktualisiert.

 

Über den Autor


Autor Marcin Jedrzejak

Marcin Jedrzejak machte seinen Master of German and Polish Law an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und hat zusätzlich sein postgraduales Studium in Business Management abgeschlossen. Seine ersten beruflichen Erfahrungen konnte er in der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner sammeln. Seit Mitte 2015 ist er bei Trusted Shops tätig und dort als Legal Consultant für den polnischen Markt verantwortlich.

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