Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Inhaltsverzeichnis:
1. Garantie oder Mängelhaftung - Was ist der Unterschied?
2. Was ist eine Garantie?
3. Gesetzliche Definition der Garantie
4. Anforderungen an eine Garantieerklärung
5. So werben Sie mit Garantien
6. BGH entscheidet: Was gilt für Herstellergarantien?
7. Wann ist die Herstellergarantie ein wesentliches Merkmal des Angebots?
8. EuGH muss entscheiden: Ist eine „Zufriedenheitsgarantie“ eine Garantie?
9. Abmahngefahr bei fehlender Information!
10. Unser Tipp
Viele Online-Shops werben mit Garantien für ihre Produkte, um so die Qualität besonders hervorzuheben. Solche Garantien erleichtern der Kundschaft nicht nur die Kaufentscheidung, sondern schaffen auch Vertrauen in den Händler bzw. die Händlerin und das beworbene Produkt. Doch Achtung: Bei der Garantiewerbung sind besondere Informations- und Hinweispflichten zu beachten! Andernfalls drohen kostspielige Abmahnungen.
In diesem Rechtstipp der Woche erfahren Sie, was Sie bei der Werbung mit Garantien gegenüber Verbrauchern unbedingt beachten sollten und wie Sie Abmahnrisiken vermeiden können.
Oft werden die Begriffe Mängelhaftung bzw. Gewährleistung und Garantie synonym verwendet. Allerdings unterscheidet das Gesetz streng zwischen diesen Begriffen. Die Abgrenzung zwischen einer Garantie und einer Gewährleistung ist auch für Sie besonders wichtig, da die jeweiligen Begriffe mit unterschiedlichen Rechtsfolgen verknüpft werden.
Das Mängelhaftungsrecht ist gesetzlich zwingend. Danach stehen Käufer*innen, die eine mangelhafte Ware erhalten haben gemäß §§ 437, 434 BGB bestimmte Gewährleistungsansprüche zu. Beispielsweise kann die Käuferin oder der Käufer Nacherfüllung verlangen, vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Diese Ansprüche können nur gegen den Verkäufer, nicht aber gegen den Hersteller geltend gemacht werden. Grundsätzlich verjähren diese Ansprüche zwei Jahre nach ihrer Entstehung und verlangen, dass der Mangel bei Gefahrübergang vorliegt, wobei im ersten Jahr eine sog. Beweislastumkehr zugunsten der Verbraucherin oder des Verbrauchers besteht. Darüber hinaus sind Verbraucher*innen außerdem über „das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts“ zu informieren - dies geschieht in aller Regel in den AGB.
Tipp: Zusätzliche Informationen zum Thema Mängelhaftungsrecht finden Sie in unserem Rechtstipp Diese Basics im Gewährleistungsrecht müssen Sie kennen! Im AGB-Modul unseres Rechtstexters können Sie eine rechtssichere Formulierung generieren, mit der Sie rechtskonform über das Bestehen des gesetzlichen Mängelhaftungsrechts informieren können.
Im Gegensatz zur Mängelhaftung, welche gesetzlich verpflichtend ist, stellen Garantien eine freiwillige Leistung dar. Eine Garantie kann hinsichtlich der Bedingungen variieren, insbesondere wird der Garantiezeitraum häufig über das Gewährleistungsrecht hinaus verlängert. Hier stehen dem Garantiegeber durchaus Gestaltungsmöglichkeiten zu.
Garantien können jedoch nicht das gesetzliche Mängelhaftungsrecht einschränken: Ist die Ware mangelhaft, bestehen beide Rechte nebeneinander. Auch wenn Verbraucher*innen also ein Produkt mit Herstellergarantie erwerben, können sie dennoch Gewährleistungsrechte gegenüber der Verkäuferin oder dem Verkäufer geltend machen.
Vorsicht: Eine Garantie, die beworben wird, muss auch tatsächlich bestehen. Der BGH entschied (Urteil v. 15.06.2016, VIII ZR 134/15), dass das Fehlen einer zugesicherten Herstellergarantie unter Umständen einen Mangel an der Sache selbst begründen kann.
§ 443 Abs. 1 BGB definiert den Begriff der Garantie wie folgt:
„Geht der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung ein, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (Garantie), stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie gegenüber demjenigen zu, der die Garantie gegeben hat (Garantiegeber).“
Eine Garantieerklärung muss nach § 479 Abs. 1 BGB grundsätzlich einfach und verständlich abgefasst sein. Außerdem muss sie folgende Informationen enthalten:
Der Garantiegeber ist gemäß § 479 Abs. 2 BGB außerdem verpflichtet, der Verbraucherin oder dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware die Garantieerklärung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet, dass die Verbraucherin oder der Verbraucher die Garantieerklärung spätestens bis Lieferung der Ware, z. B. per E-Mail im PDF-Format, erhält oder diese der Warensendung selbst beigefügt ist.
Sofern Garantien gewährt werden, müssen Sie Ihre Kundschaft gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB bereits vor dem Kauf über deren wesentliche Bedingungen informieren.
Falls Sie eine Werbeaussage zu einer Garantie treffen bzw. den Hinweis auf eine bestehende Garantie optisch in die Darstellung Ihrer Produkte integriert haben, so müssen Sie die Garantiebedingungen unmittelbar bei der Garantiewerbung angeben oder über einen eindeutigen Link zur Verfügung stellen. Die Garantieerklärung muss „einfach und verständlich abgefasst sein“ und sollte daher von der Textgestaltung her möglichst an die durchschnittlichen Käufer*innen angepasst werden und natürlich in deutscher Sprache verfügbar sein.
Achtung: Ein bloßer Hinweis auf bestehende Garantien in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen genügt diesen Anforderungen nicht! Das OLG Nürnberg entschied zuletzt, dass eine transparente Darstellung der Garantiebedingungen notwendig sei und entsprechende Links eindeutig bezeichnet werden müssen.
Immer wieder werden Waren in Online-Shops angeboten, für die der Hersteller eine eigene Garantie anbietet. Häufig haben Händler*innen hiervon aber gar keine Kenntnis. Lange war umstritten, ob im Online-Shop über eine bestehende Herstellergarantie auch dann informiert werden muss, wenn sie im Angebot gar nicht erwähnt wird. Der EuGH hatte diesbezüglich entschieden (Urt. v. 5.5.2022 – C-179/21), dass eine entsprechende Informationspflicht nur besteht, wenn die Unternehmerin oder der Unternehmer eine solche Herstellergarantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal des Angebots macht. Das reine Bestehen einer Herstellergarantie oder ihre beiläufige Erwähnung genügt hierfür nicht. Dieser Entscheidung schloss sich Ende 2022 auch der BGH (Urt. v. 10.11.2022 – I ZR 241/19) an. In dem zugrundeliegenden Fall hatte eine Händlerin in ihrem Angebot nicht über eine bestehende Herstellergarantie informiert. Sie verlinkte jedoch unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ auf ein Produktinformationsblatt mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“ des Herstellers, welches am Ende einen Hinweis auf eine Herstellergarantie enthielt. Da die Herstellergarantie nur beiläufig erwähnt worden sei, habe keine Informationspflicht bestanden, so der BGH.
Für die Praxis stellt sich daher die entscheidende Frage: Wann wird eine Herstellergarantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal des Angebots? Zur Beantwortung dieser Frage sind insbesondere folgende Aspekte wichtig:
Sie sollten daher Ihre Angebote unbedingt überprüfen, ob auf eine Herstellergarantie Bezug genommen wird und in welcher Form dies geschieht. Wenn die Nennung einen werblichen Effekt bewirken soll, sollten Sie auf Nummer sicher gehen und Ihrer Kundschaft die wesentlichen Informationen zur Herstellergarantie bereitstellen. Wenn die Information jedoch gar nicht erwähnt wird oder aber nur beiläufig, z.B. am Ende einer verlinkten Betriebsanleitung, gäbe es kein To-do für Sie.
Aktuell ungeklärt ist die Frage, ob es sich bei einer „Zufriedenheitsgarantie“, die ausschließlich an die subjektive Haltung der Kundschaft gegenüber der erworbenen Ware knüpft, um eine Garantie im Sinne des Gesetzes handelt. Dies hätte zur Folge, dass sämtliche Informationspflichten zu erfüllen wären. Der BGH hat diese Frage kürzlich dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Verfahren ist derzeit noch beim EuGH anhängig. Wir werden Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten!
Bei fehlender Information über die Garantiebedingungen besteht Abmahngefahr! Insbesondere Händler*innen, die mit Garantien werben oder im Rahmen der Produktbeschreibung oder des Produktbildes auf diese aufmerksam machen, ohne weitere Informationen zu geben, laufen hier Gefahr, abgemahnt zu werden.
Dagegen führt eine fehlende Information über die Garantiebedingungen nicht dazu, dass die Garantie unwirksam ist. Stattdessen können Verbraucher*innen auch dann Ansprüche aus der Garantie geltend machen, wenn die Garantieerklärung nicht alle Anforderungen erfüllt.
Garantien stellen ein hervorragendes Verkaufsargument dar. Aus rechtlicher Sicht darf jedoch nicht vergessen werden, umfassend zu informieren und bei Werbeaussagen zu Garantien auch die Garantiebedingungen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist die Garantieerklärung spätestens bis zum Erhalt der Lieferung auf einem dauerhaftem Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Zwar berührt das Fehlen dieser gesetzlichen Informationen nicht die Wirksamkeit einer Garantieerklärung, allerdings können Verstöße abgemahnt werden. Achten Sie insbesondere bei Online-Verkaufsplattformen darauf, die notwendigen Informationen anzugeben.
Ferner lohnt sich eine Prüfung, ob Sie Herstellergarantien zu einem entscheidenden Merkmal Ihres Angebots machen. In diesem Fall müssen Sie auch bei diesen Garantien die erforderlichen Informationen vorhalten.
Update: Wir haben diesen Blogartikel im Juni 2017 veröffentlicht und nun für Sie aktualisiert.
Madeleine Winter ist Master of Laws (LL.M.) und als Director Legal Products & Content bei Trusted Shops tätig. Seit 2009 im Team von Trusted Shops, setzt sie sich seit vielen Jahren intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, insbesondere dem Fernabsatz-, Datenschutz- und E-Commerce-Recht auseinander. Sie ist Blog-Autorin und verantwortet das Legal und Privacy Consulting der Trusted Shops Legal Produkte.
30.03.23Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Wann brauchen Sie eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten? Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Alle Antworten dazu in diesem Artikel.