Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Vielleicht sind Sie neu im Online-Handel, vielleicht haben Sie vor lauter BGH- und EuGH-Entscheidungen den Faden verloren. Oder vielleicht würden Sie einfach gerne Ihren Wissensstand zur komplizierten Thematik der Verbraucherstreitschlichtung im E-Commerce-Recht erfrischen. In jedem Fall sind Sie hier richtig.
In diesem Rechtstipp der Woche erklären wir kurz, was die Verbraucherstreitschlichtung überhaupt ist, erläutern die sich aus dem Gesetz und der Rechtsprechung ergebenden (Hinweis-) Pflichten und helfen Ihnen bei der Auswahl einer für Sie passenden Streitschlichtungsstelle.
Das Verbraucherstreitschlichtungsverfahren (auch Verbraucherstreitbeilegungsverfahren genannt) ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von zwischen Unternehmen und Verbrauchern entstandenen Streitigkeiten. Es soll eine einfachere, schnellere und kostengünstigere Alternative zum traditionellen Gerichtsverfahren bieten.
Anstelle des Richters tritt ein unparteiischer Dritter, die Streitschlichtungsstelle, der dabei hilft, dass beide Parteien eine einvernehmliche Lösung finden.
Die Vorschriften zur alternativen Streitbeilegung mit Verbrauchern sind im deutschen Recht durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) festgelegt.
Eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen zur Streitbeilegung im Falle von Streitigkeiten mit Verbrauchern sieht das VSBG grundsätzlich nicht vor. In den meisten Fällen können Sie als Unternehmer also frei entscheiden, ob Sie zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit sind oder nicht.
Es gibt jedoch spezielle Bereiche, in denen der Gesetzgeber eine gesetzliche Verpflichtung zur Streitschlichtung vorgesehen hat. Dies ist zum Beispiel auf den Gebieten der Energiewirtschaft oder des Luftverkehrs der Fall (§ 111b Energiewirtschaftsgesetz, § 57a Luftverkehrsgesetz). Sind Sie in solchen Bereichen tätig, so müssen Sie an einem Streitbeilegungsverfahren teilnehmen.
Unabhängig von einer Verpflichtung oder lediglichen (Un-)Bereitschaft zur Teilnahme an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren, bestehen Hinweispflichten aufgrund des § 36 VSBG.
Gemäß, § 36, Abs. 1, Nr. 1 müssen Sie Verbraucher in jedem Fall dahingehend informieren, inwieweit Sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Wenn Sie hierzu weder bereit, noch verpflichtet sind, müssen Sie dies auch klar und deutlich anmerken.
Nach § 36, Abs. 1, Nr. 2 VSBG gibt es eine zusätzliche Pflicht, unter Angabe der Anschrift und Webseite auf die zuständige Stelle hinzuweisen, an die sich ein Verbraucher im Falle einer Streitigkeit zu wenden hat. Ob für Sie diese Pflicht aus Nr. 2 gilt, hängt davon, ob Sie zur Teilnahme am Verfahren lediglich bereit oder verpflichtet sind:
Diese Unterscheidung zwischen der freiwilligen oder gesetzlichen Verpflichtung und bloßer Bereitschaft hat der BGH in einem Urteil vom 21.08.2019 verdeutlicht. Eine umfassende Analyse dieses Urteils finden Sie hier.
Am gleichen Tag, aber in einer anderen Sache hat der BGH entschieden, dass die Erklärung einer Teilnahmebereitschaft „im Einzelfall” nicht ausreichend klar und verständlich ist. Erklären Sie sich also dazu bereit, nur in bestimmten Fällen an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, müssen Sie genau erklären in welchen Fällen beziehungsweise in welchem Umfang dies der Fall sein wird.
Bei solch einer eingeschränkten Teilnahmebereitschaft sind klare Kriterien erforderlich, wie z. B. die Festlegung bestimmter Bestellwerte.
Auch zu diesem Urteil gibt es einen ausführlichen Beitrag.
Von dieser Informationspflicht ausgenommen sind jedoch solche Unternehmer, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben.
Der zweite Absatz dieses Paragrafen 36 VSBG bestimmt, wie Sie diese Hinweispflichten erfüllen müssen. Die Informationen müssen:
Sie sind als Unternehmer im Online-Handel tätig, unterhalten also höchstwahrscheinlich eine Webseite und verwenden AGB. Deshalb müssen Sie diese Informationen in den AGB auf Ihre Webseite angeben.
Der EuGH entschied in dieser Sache am 25.06.2020, dass die in Absatz 1 genannten Informationen „in“ den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt sein müssen, wenn diese auf der Webseite des Unternehmers bereitgestellt werden, und nicht in anderen auf dieser Website zugänglichen Dokumenten oder unter anderen Reitern der Webseite.
Mehr zu dieser Entscheidung finden Sie hier.
Die Informationspflichten aus § 36 VSBG dürfen Sie nicht verwechseln mit:
Diese Informationspflichten bestehen nebeneinander! Wenn Sie nur den Hinweis auf die OS-Plattform geben, aber nicht die Hinweispflichten nach § 36 VSBG erfüllen, kann dies zu einer Abmahnung führen. Das Gleiche gilt, wenn Sie lediglich die Information nach § 36 VSBG erteilen, nicht aber den Hinweis auf die OS-Plattform.
Welche Streitschlichtungsstelle zuständig ist, hängt grundsätzlich von Ihrer Wahl ab. Sie muss jedoch vom Bundesamt für Justiz anerkannt sein.
Es gibt bereichsspezifische Schlichtungsstellen, die den Vorteil bieten, dass Sie über das für die Branche notwendige Fachwissen verfügen. Allerdings müssen Sie, um sich diesen anschließen zu können, zur entsprechenden Branche gehören. So können sich zum Beispiel nur Banken dem Ombudsmann der privaten Banken anschließen.
Bei diesen bereichsspezifischen Schlichtungsstellen müssen Unternehmen in der Regel auch vorerst Mitglied werden, um auf diese hinweisen zu können.
Sind Sie nicht in einer dieser spezifischen Bereiche mit Ihrem Online-Handel tätig, so kommen drei verschiedene Stellen für Sie in Betracht:
Diese Stellen bieten Streitbeilegungsverfahren bei Streitigkeiten in Bezug auf Verbraucherverträge. Sie können auf sie hinweisen, ohne zuerst eine Mitgliedschaft abschließen zu müssen.
Eine Liste der anerkannten Stellen finden sie hier.
Nach deutschem Recht sind Sie in der Regel nicht verpflichtet, an einer außergerichtlichen Streitbeilegung teilzunehmen. Sie müssen jedoch Verbraucher darauf hinweisen, inwieweit Sie dazu bereit sind.
Sind Sie dazu verpflichtet, entweder aufgrund eines Gesetzes oder weil Sie sich selber dazu verpflichtet haben, so müssen Sie erstens auch dahingehen informieren, inwieweit Sie dazu verpflichtet sind und zweitens müssen Sie die Streitschlichtungsstelle angeben, an die sich die Verbraucher wenden sollen. Diese Informationen müssen Sie in den AGB auf Ihre Webseite angeben.
Unabhängig davon wie Sie sich entscheiden, müssen Sie stets auch auf die Plattform zur Online-Streitbeilegung der EU verweisen.
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Hannah Laura Schuller hat sich, nach einem erfolgreich absolvierten Jurastudium an der Université catholique de Louvain in Belgien, an der Universität zu Köln in deutschem Recht spezialisiert. Sie arbeitet seit Juli 2018 im Bereich Legal Expert Services der Trusted Shops GmbH, wo sie als Legal Consultant France tätig ist.
16.07.20Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
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