Umweltbezogene Werbung oder doch nur Greenwashing: Was ist erlaubt?

Inhaltsverzeichnis:

1. Werbung muss wahr sein
2. Auch wahre Werbung kann unzulässig sein
3. Vorsicht bei vagen, unspezifischen und allgemeinen Aussagen
4. Rechtssprechung zu Green Claims
5. Werbung mit Umweltprojekten
6. Unser Tipp

 

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Trusted Shops Legal Services · Tipp der Woche: Umweltbezogene Werbung oder doch nur Greenwashing: Was ist erlaubt?

 

Umweltschutz ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Gerade bei Konsumgütern versuchen immer mehr Verbraucher ihren ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Für Unternehmen bedeutet dies auch auf einen zunehmenden Druck, auf die veränderten Verbraucherbedürfnisse zu reagieren, um dem verstärkten Umweltbewusstsein Rechnung zu tragen.

Immer häufiger bewerben Unternehmen ihre Produkte mit „umweltfreundlich“ oder „100% recycelt“ bezeichnen sich als ökologisch nachhaltig oder versprechen, sich beim Kauf eines Produktes für umweltschützende Projekte engagieren zu wollen.

Ob grüne Werbung am Ende wirklich so grün ist und worauf Sie bei der Werbung mit sogenannten „Green Claims“ achten sollten, erklären wir Ihnen in unserem Rechtstipp der Woche.

 

Werbung muss wahr sein

Für den Handel, der  Waren und Dienstleistungen auf dem Marktbewirbt, gilt der Grundsatz, dass die Werbung wahren Tatsachen entsprechen muss. Wirbt ein Unternehmen mit der Eigenschaft, dass das Produkt biologisch abbaubar ist, obwohl dies gar nicht zutrifft, handelt es unlauter, jedenfalls dann, wenn die unwahre Angabe Auswirkungen auf die geschäftliche Entscheidung des Werbeadressaten hat. Gerade bei umweltbezogener Werbung ist es für viele  Käufer relevant, ob ein Produkt nachhaltiger ist als ein Konkurrenzprodukt. Dementsprechend beeinflussen umweltbezogene Angaben regelmäßig die Kaufentscheidung der adressierten Person.

Das Gleiche gilt auch für Angaben wie „100% recycelt “, wenn das Produkt jedoch nur aus 80% recyceltem  Material besteht. Für den Handel  ist es in der Praxis jedoch häufig schwierig, Begriffe wie „recycelt“ klar zu definieren. Dies erfordert regelmäßig gewisse werbe- und abfallrechtliche Kenntnisse, weshalb es ratsam ist, sich in solchen Fällen vorher von Fachpersonal beraten zu lassen.

 

Auch wahre Werbung kann unzulässig sein

Nicht nur falsche Angaben können unlauter sein, sondern auch solche, die sich als objektiv richtig erweisen.

Beispiel:

Seit 2013 sind in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Tierversuche für Kosmetika sowie für Inhaltsstoffe, die ausschließlich in kosmetischen Produkten zum Einsatz kommen, verboten. Wirbt ein Unternehmen nun für seine kosmetischen Produkte mit der Eigenschaft „tierversuchsfrei“, trifft dies zwar zu, es handelt sich aber dann um eine sogenannte „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ Diese Art von Werbung ist unzulässig, da sie der Werbezielgruppe  eine Eigenschaft suggeriert, die das Produkt von Konkurrenzprodukten abgrenzen würde. Die Aussage kann nur dann zulässig sein, wenn auch außerhalb der EU auf Tierversuche verzichtet wurde.

 

Vorsicht bei vagen, unspezifischen und allgemeinen Aussagen

Aussagen wie „grün“, „naturfreundlich“, „ökologisch“ oder „umweltfreundlich“ sind mit Vorsicht zu genießen.

Im Allgemeinen gilt: Green Claims müssen klar, genau, überprüfbar und zutreffend sein sowie auf wissenschaftlich nachprüfbaren Methoden basieren.

Vage oder nur allgemeine Angaben bergen die Gefahr der Irreführung und sind in vielen Fällen unzulässig. Wer umweltbezogene Begriffe verwendet, deren Bedeutung für Verbraucher nicht klar ist, muss zudem den konkreten Umweltbezug erläutern (BGH, Urt. v. 05.12.1996, Az. I ZR 140/94). Dies kann beispielsweise auch durch einen Sternchenhinweis mit auflösendem Text geschehen.

Gerade wegen ihrer starken emotionalen Kraft stellen die Gerichte häufig strenge Anforderungen an umweltbezogene Werbung. (vgl. auch BGH, Urt. v. 05.12.1996, Az. I ZR 140/94).

 

Rechtsprechung zu Green Claims

In der Vergangenheit gab es eine Vielzahl an Gerichtsentscheidungen zu unterschiedlichen Green Claims, z. B.:

„CO2-neutral“ – OLG Koblenz, Urt. v. 10.08.2011, Az. 9 U 163/11

Die Aussage „CO2-neutral” bei dem Handel mit Kerzen und Grablichtern sei nur dann zulässig, wenn eine ausgeglichene CO2-Bilanz ausreichend belegt werde, d.h. dass das verursachte CO2 an anderer Stelle wieder eingespart und ausgeglichen wird. Alleine die Angabe, dass circa 100 Bäume und Sträucher gepflanzt wurden, reiche nicht aus.

„umweltfreundlich produziert“ – OLG Stuttgart, Urt. v. 14.09.2017, Az. 2 U 2/17

Die Werbung mit dem Claim „umweltfreundlich produziert“ sei dann nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG unzulässig, wenn keine näheren Angaben zur Umweltfreundlichkeit gemacht würden. Bei einem vielschichtigen Produktionsprozess bliebe offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt eine Umweltfreundlichkeit vorliege.

„besonders umweltfreundlich und/oder sozialverträglich hergestellt“ – LG Köln, Urt. v. 05.03.2018, Az. 31 O 379/17

Dieser Green Claim in Bezug auf Damenunterwäsche ist nach Ansicht des Gerichts unzulässig, da es an einer Erläuterung, woraus sich die Umwelt- bzw. Sozialverträglichkeit ergibt, fehle. Ferner sei nicht erkennbar, ob nur eine oder beide Bedingungen vorliegen.

„Die Dose ist grün“ – LG Düsseldorf, Urt. v. 25.04.2013, Az. 37 O 90/12

Die Aussage „Die Dose ist grün“ in Bezug auf Eisenblechdosen ist irreführend. Der Verbraucher verstehe den Begriff „grün“ umweltbezogen und gehe von einer besonderen ökologischen Vorteilhaftigkeit aus. Tatsächlich sind Eisenblechdosen im Allgemeinen ökologisch nicht besonders vorteilhaft.

„100 % recycled“ – KG Berlin, Urt. v. 21.05.2010, Az. 5 U 103/08

Die Werbung mit „100 % recycelt“ für Papier sei dann irreführend, wenn das Papier zum Teil aus Fabrikationsresten gefertigt wurde. Der Verbraucher verbindet mit der Aussage die Vorstellung, dass das zur Herstellung genutzte Material bereits im Umlauf gewesen sei. In dem Fall bestand das Papier zu 50% aus Fasern aus Primär- oder Frischfaserabfällen wie Schnittresten, die noch nicht im Umlauf gewesen waren.

 

Werbung mit Umweltprojekten

Neben Green Claims in Bezug auf die eigene Produktpalette oder Produktion, bedienen sich manche Unternehmen auch einer anderen absatzfördernden Maßnahme: der Werbung mit Umweltprojekten.

Beispiele:

„Bei der Bestellung von Produkt X, gehen 10% des Erlöses direkt an die Umweltorganisation XYZ“

„Mit dem Kauf von Produkt Y, schützen Sie einen Quadratmeter Regenwald“

Marketingmaßnahmen, bei denen ein Unternehmen seinen Produktabsatz mit der Förderung ökologischer Belange verknüpft, ist nach Ansicht des BGH (Urt. v. 26.10.2006, I ZR 33/04) in der Regel zulässig und verstößt nicht gegen das Verbot unangemessener unsachlicher Beeinflussung der Kundschaft i. S. v. § 4 Nr. 1 UWG a. F. (§ 4a Abs. 1 Nr. 3 UWG n.F.). In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um einen Bierhersteller, der mit der Aussage „1 Kasten Bier = 1 qm Schutz des Regenwaldes“ warb.

Sofern Sie mit der Unterstützung von Umweltprojekten beim Kauf eines Produkts werben möchten, können Sie dies somit grundsätzlich in zulässiger Weise machen. Sie müssen nicht einmal über die Details der Leistung aufklären, solange Sie keine konkreten, irrigen Vorstellungen beim der adressierten Zielgruppe  hervorrufen. Erst dann wären entsprechende aufklärende Hinweise aus rechtlicher Sicht notwendig. Da dies immer einzelfallbezogen bewertet werden muss, empfiehlt es sich, zuvor rechtlichen Rat einzuholen. Selbstverständlich gilt auch hier, dass die Werbung im Grundsatz wahr sein muss.

Machen Sie in der Werbung keine näheren Angaben zur Art und zum Umfang der Leistung, darf die Unterstützung des Projekt jedoch nicht so geringfügig sein, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertigt. Darüber hinaus erwartet der Verbraucher, dass Sie als Unternehmen die Unterstützungsleistung zeitnah erbringen (BGH, Urt. v. 26.10.2006, I ZR 97/04).

 

Unser Tipp

Wenn Sie Ihre Produkte oder Leistungen mit sogenannten Green Claims bewerben wollen, können Sie dies grundsätzlich tun. Achten Sie darauf, dass die Aussagen grundsätzlich der Wahrheit entsprechen und vermeiden Sie vage, unbestimmte und allgemeine Aussagen, um das Risiko einer Irreführung so gering wie möglich zu halten. Aus Gründen der Transparenz kann es sinnvoll und ggf. nötig sein, über Details in Bezug auf die umweltbezogene Angabe aufzuklären. 

 

 

Über den Autor

 

autor_frieder_schelleFrieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit and Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.

 

01.07.21
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