Cross Border: So verkaufst du rechtssicher ins EU-Ausland
Wer ins EU-Ausland verkauft, sollte bestimmte Regeln kennen, um Abmahnungen, Bußgelder oder Kundenstreitigkeiten zu vermeiden.
Potenzielle Kundschaft besucht deinen Online-Shop, füllt den Warenkorb mit Produkten aus dem Warenangebot, gibt die Lieferadresse ein und … bestellt dann doch nicht. Das ist leider ärgerlicher Alltag im Online-Handel.
Es wäre sicherlich hilfreich, wenn du Nutzer*innen per E-Mail an ihren Warenkorb erinnern und sie zurück in deinen Shop locken könntest: „Entschuldigung, hast du nicht etwas in deinem Warenkorb vergessen?“ Doch ist eine Warenkorb-Erinnerung rechtlich überhaupt zulässig?
Wir haben dieses beliebte Marketingmittel aus juristischer Sicht unter die Lupe genommen. Was auf den ersten Blick wie ein äußerst cleveres Marketinginstrument aussieht, kann schnell zu einem rechtlichen Stolperstein werden.
Zunächst schränkt das Wettbewerbsrecht die Nutzung von Warenkorb-Erinnerungen ein.
Möchtest du E-Mails mit werblicher Ansprache versenden, ist dies grundsätzlich nur mit der ausdrücklichen Einwilligung der Empfänger*innen möglich. Denn § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erklärt Werbung mittels elektronischer Post (z. B. Warenkorb-Erinnerungen oder Newsletter) ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung für unzulässig.
Dies gilt unabhängig davon, ob du die E-Mail-Werbung an eine Privatperson oder an ein Unternehmen verschickst oder ob der Werbeinhalt für Kund*innen einen Vorteil bietet (z. B. Rabattcode oder Gutschein).
Es gilt mithin der Grundsatz: Keine E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung. Anderenfalls besteht die Gefahr einer Abmahnung.
Bei bestehenden Kundenbeziehungen kannst du E-Mail-Werbung ausnahmsweise ohne Einwilligung verschicken, wenn die Bedingungen des § 7 Abs. 3 UWG erfüllt sind. Diese Ausnahmeregelung setzt jedoch unter anderem voraus, dass tatsächlich ein Vertrag geschlossen wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.2018 - I-20 U 155/16; LG München I, Urt. v. 4.6.2018 - 4 HK O 8135/17).
Dies entschied auch das LG Nürnberg-Fürth zu einer im Nachgang durch den Online-Shop stornierten Bestellung (Urt. v. 21.9.2022 – 4 HK O 655/21).
Bei der Warenkorb-Erinnerung hat deine potenzielle Kundschaft durch den Abbruch des Bestellprozesses allerdings noch keine Ware gekauft und somit noch keinen Vertrag geschlossen. Die Ausnahmeregelung greift daher in dieser Konstellation nicht.
Neben dem Wettbewerbsrecht musst du beim Versand von Warenkorb-Erinnerungen darüber hinaus auch die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachten. Nach den Vorschriften der DSGVO unterliegt die Verarbeitung personenbezogener Daten einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, sofern mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Voraussetzungen erfüllt ist.
Warenkorb-Erinnerungen können regelmäßig nur auf die Grundlage einer Einwilligung gestützt werden (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). Wenn du daher datenschutzkonform E-Mail-Werbung an Bestellabbrecher*innen versenden möchtest, musst du zuvor die Einwilligung der Betroffenen einholen.
In Zeiten der DSGVO stellt sich die Frage, welche datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Einwilligung zu stellen sind. Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine Einwilligung der betroffenen Person
„jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist“.
📚 Mehr zum Thema Datenschutz findest du in unseren Leitfaden zum E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO.
Eine Einwilligung setzt eine eindeutige bestätigende Handlung, mithin ein Opt-In voraus. Ein Opt-In kann z. B. mit einer anzuklickenden Checkbox erfolgen. Wenn du bei der Registrierung unterhalb eines Eingabefelds lediglich einen Hinweistext platzierst, stellt das keine datenschutzkonforme Einwilligung dar.
Darüber hinaus müssen Betroffene ihre Einwilligung in Kenntnis der Sachlage geben, d.h. sie müssen verstehen, in was sie einwilligen. Dies setzt einen transparenten Einwilligungstext voraus, aus welchem insbesondere der Zweck der Datenverarbeitung hervorgeht. Zu allgemeine Einwilligungsklauseln sind unwirksam, wie das OLG Hamm entschied (Urt. v. 3.11.2022 – I-4 U 201/21).
Hinweis: Im Streitfall hat der*die Werbende darzulegen und auch zu beweisen, dass zum Zeitpunkt der Werbung eine vorherige ausdrückliche Einwilligung vorlag (vgl. Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Es empfiehlt sich daher, auf das Double-Opt-In-Verfahren zurückzugreifen, welches die Möglichkeit bietet, eine beweisbare Einwilligung rechtssicher einzuholen.
Wenn Online-Händler*innen Warenkorb-Erinnerungen einsetzen möchten, ist dies nur zulässig, sofern eine ausdrückliche Einwilligung erteilt wurde. Dabei ist es nicht relevant, ob es sich um eine*n Verbraucher*in handelt. Die obigen Ausführungen gelten auch im B2B-Verhältnis.
Die erforderliche Einwilligung kann z. B. im Rahmen des Bestellprozesses durch eine nicht vorangekreuzte Checkbox eingeholt und durch das Double-Opt-In-Verfahren bestätigt werden. Ein bloßer Hinweis im Bestellprozess oder eine Information in der Datenschutzerklärung ist hingegen nicht ausreichend.
Auch bei anderen Marketingmaßnahmen, etwa der Tell-a-friend-Werbung solltest du dich vorab über die rechtlichen Implikationen informieren.
Diesen Artikel haben wir ursprünglich im März 2017 veröffentlicht und im Oktober 2025 auf den aktuellen Stand gebracht.
07.10.25Wer ins EU-Ausland verkauft, sollte bestimmte Regeln kennen, um Abmahnungen, Bußgelder oder Kundenstreitigkeiten zu vermeiden.
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