Achtung Abmahnfalle: Die Nutzung fremder Produktfotos im Online-Shop

Ein Online-Shop ohne Produktfotos ist kaum vorstellbar. Ob es sich dabei um ein selbst erstelltes Foto mit dem Smartphone handelt, oder um eine Auftragsarbeit eines Profifotografen: Alles ist besser, als ein nichtssagendes Platzhalterbild im Online-Shop. Da Produktfotos im Internet ohne technische Hindernisse heruntergeladen und weiterverwendet werden können, hat sich jedoch eine rege „Abmahnindustrie“ rund um das Thema entwickelt. Denn nur weil ein Bild heruntergeladen und weiterverwendet werden kann, heißt das noch lange nicht, dass das auch rechtlich zulässig ist und schon flattert dem Shop eine urheberrechtliche Abmahnung auf den Schreibtisch.

In diesem Rechtstipp der Woche, zeigen wir Ihnen auf, welche Gefahren bei der Nutzung fremder Produktfotos im Online-Shop lauern und wie Sie am besten mit ihnen umgehen können.

 

1. Gibt es wirklich ein Urheberrecht an ganz normalen Produktfotos?

Vielen Menschen dürfte nicht bewusst sein, dass jedes Foto, das von einem Menschen erstellt wird, in Deutschland urheberrechtlichen Schutz genießt. Das Foto muss dafür in keiner Weise professionell, kreativ oder in irgendeiner Weise hochwertig gestaltet sein. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) unterscheidet hier zwar im Detail zwischen „normalen“ sog. Lichtbildern (§ 72 UrhG) und „hochwertigen“ Lichtbildwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG). Beide sind jedoch grundsätzlich gleich urheberrechtlich geschützt, selbst einfachste Schnappschüsse!

Gerade deshalb ist die Nutzung fremder Produktfotos so abmahngefährdet. Obwohl es sich bei vielen Produktfotos nicht um hochwertige Lichtbildwerke handeln dürfte (Ausnahmen bestätigen die Regel), können sie dennoch als einfache Lichtbilder über das Urheberrechtsgesetz abgemahnt werden, wenn die Nutzung ohne die erforderliche Erlaubnis (Lizenz) erfolgt. Wie fast immer gilt auch hier: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!

2. Welche Gefahren drohen bei der Nutzung fremder Produktbilder?

Die größte Gefahr dürfte die Abmahnung sein, mit der Sie aufgefordert werden, die unerlaubte Nutzung des Fotos einzustellen und künftig zu unterlassen ( § 97 UrhG). Die Abmahnung ist in der Regel verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, Auskunft über die unerlaubte Nutzung zu erteilen, die Kosten der Abmahnung zu erstatten und ggf. einen Schadensersatz für die Zeit der unerlaubten Nutzung zu zahlen.

Die Abmahnung an sich ist bereits oft ein sehr kostspieliges Unterfangen. Je nachdem, wie viele Fotos unerlaubt verwendet wurden, können hier mehrere Tausend Euro an Kosten und Schadensersatz auf dem Tisch liegen, denen der abgemahnte Shop sich ausgesetzt sieht. Denn häufig ist es so, dass nicht nur ein einzelnes Produktfoto unerlaubt verwendet wird, sondern gleich eine ganze Sammlung von Fotos zu einem bestimmten Produkt. Die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung schafft zusätzlich ein weiteres finanzielles Risiko wegen der obligatorischen Vertragsstrafenvereinbarung.

3. Welche Besonderheiten gelten bei der Nutzung von Plattformen wie Amazon & Co.?

Bei der Nutzung von Plattformen wie Amazon gilt grundsätzlich dasselbe, wie im eigenen Online-Shop: Die Nutzung fremder Produktfotos ist ohne vorherige Erlaubnis des Rechteinhabers rechtswidrig und kann auch hier abgemahnt werden.

Bestimmte Funktionen der Plattformen, die der einfacheren Erstellung von Angeboten dienen, bergen jedoch ein mögliches Abmahnrisiko. So kann es beim „Anhängen“ an ein bestehendes Angebot, z.B. bei Amazon, sein, dass die zu dem Angebot bereitgestellten Produktfotos ohne die erforderliche Erlaubnis des Rechteinhabers implementiert worden sind. In solchen Fällen hat z.B. das Oberlandesgericht Köln bereits eine unerlaubte „öffentliche Wiedergabe“ der betroffenen Fotos gesehen und den Shop im Sinne des Abmahners verurteilt. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie im Shopbetreiber-Blog: LG Köln: Haftung für Urheberrechtsverletzung durch Anhängen an Amazon-Angebote

4. Ich habe eine Abmahnung wegen der Nutzung fremder Produktfotos erhalten: Was sollte ich jetzt tun?

Im Rahmen der Abmahnung werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach aufgefordert, eine ggf. bereits vorgefertigte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und abzugeben. Das sollten Sie auf keinen Fall tun, ohne sich vorher fachkundigen Rat von einem Rechtsanwalt eingeholt zu haben. Denn einerseits kann geprüft werden, ob es möglicherweise Gründe dafür gibt, dass die Abmahnung unberechtigt ist, weil zum Beispiel eine Nutzungserlaubnis für das Foto vorliegt. Andererseits kann ein fachkundiger Rechtsanwalt aber auch bei einer berechtigten Abmahnung noch Positives für Sie bewirken und zum Beispiel die zu versprechende Vertragsstrafe erheblich entschärfen oder den zu zahlenden Schadensersatz nach unten verhandeln.

Der vielleicht wichtigste Punkt an dieser Stelle ist jedoch: Vor der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei einer berechtigten Abmahnung muss zwingend die abgemahnte Rechtsverletzung restlos beseitigt werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass das Bild aus dem Shop entfernt werden, die Bilddatei ggf. vom Server gelöscht und gängige Suchmaschinen, insb. Google, dazu aufgefordert werden müssen, Suchergebnisse, die das abgemahnte Foto enthalten, zu löschen und den Suchmaschinencache zu bereinigen. Auch hier ist die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt oft unverzichtbar, um die hier versteckten Fallstricke zu erkennen.

Unser Tipp

Bei der Nutzung fremder Produktfotos im Online-Shop ist größte Vorsicht geboten. Auf keinen Fall sollten die Bilder ungefragt übernommen werden, insbesondere nicht aus Online-Shops von Wettbewerbern. Denn nur weil die Bilder „frei“ verfügbar sind, geht damit noch keine rechtliche Nutzungserlaubnis einher! Die Abmahngefahr ist hier sehr groß und kann ganz erhebliche Kostenfolgen haben. Stattdessen sollten besser selbst erstellte Produktfotos verwendet oder die Nutzungserlaubnis bei fremden Fotos eingeholt werden.

Und falls doch eine Abmahnung im Briefkasten landen sollte: Im Rahmen unserer Legal-Pakete stellen wir Ihnen bei urheberrechtlichen Abmahnungen außergerichtlich eine unserer erfahrenen Partnerkanzleien zur Seite, die die optimale Abmahnverteidigung ausarbeitet und für Sie umsetzt.

Über den Autor

 

Nikola Sarac

Nikola Sarac ist Legal Consultant bei Trusted Shops und Rechtsanwalt bei FÖHLISCH. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln mit einer Zusatzausbildung im Fach „Legal English“ absolvierte er das Rechtsreferendariat in Köln und Aachen. Er ist seit 2016 als Rechtsanwalt zugelassen. Von April 2017 bis Mai 2021 war er in der auf den Gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Kanzlei Strömer Rechtsanwälte in Düsseldorf tätig. Seit Juni 2020 ist er Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.

 

13.07.23
Nikola Sarac

Nikola Sarac

Nikola Sarac ist Legal Consultant bei Trusted Shops und Rechtsanwalt in der Kanzlei FÖHLISCH. Er ist zudem seit dem Jahr 2020 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.

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