Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Zahlreiche Retouren, Beschwerden, Zahlungsverzögerungen und kommerzieller Weiterverkauf von Waren. Jede Online-Händlerin oder -Händler kennt das Problem: unliebsame Kundinnen und Kunden. Am liebsten würden Sie diesen Kundinnen und Kunden das Bestellen in Ihrem Online-Shop ganz verbieten. Aber geht das?
In diesem Rechtstipp der Woche klären wir diese Frage und geben Ihnen Tipps, wie Sie gegen unliebsame Kundinnen und Kunden vorgehen können.
Einzelhändlerinnen und -händler vor Ort können frei darüber entscheiden, mit wem sie einen Vertrag abschließen. Außerdem können Sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Hausverbote aussprechen, um störende Kundinnen und Kunden fernzuhalten. Doch haben Online-Händlerin oder -Händler auch ein virtuelles Hausrecht, um Kundschaft den Zugang zu ihren Online-Shops zu verwehren?
Allgemein anerkannt ist, dass Betreiberinnen und Betreibern von Internetforen ein virtuelles Hausrecht zusteht und diese Nutzerinnen und Nutzern den Zugang verweigern können. Das virtuelle Hausrecht setzt voraus, dass die Forenbetreiberin oder der -betreiber Eigentümerin bzw. Eigentümer der Hardware ist, auf der Beiträge von Nutzerinnen und Nutzern gespeichert werden. So begründet sich dann die Gefahr von Dritthaftungen der Betreiberin oder des Betreibers.
Diese Grundsätze sind jedoch nicht ohne Weiteres auf Online-Shops zu übertragen, da gerade keine Gefahr von Dritthaftungen für Beiträge von Nutzerinnen und Nutzern besteht. Online-Händlerinnen oder -Händler, die allen Kundinnen und Kunden den Zugang zu ihrer Webseite gewähren, können also nicht beliebig Kundinnen und Kunden im Vorfeld ausschließen.
Ein Ausschluss von Kundinnen und Kunden im Vorfeld ist nur möglich, wenn deren Aufsuchen des Shops Rechtsverletzungen oder schwerwiegende, betriebliche Störungen hervorruft, wie z. B. gezielte Massenaufrufe, die zu Serverüberlastungen führen, missbräuchliche Überhäufung von Kontaktanfragen oder Urheberrechtsverletzungen.
Diese Voraussetzungen sind im Regelfall allerdings nicht einschlägig, da unliebsame Kundinnen und Kunden meist vertragsbezogene Interessen der Online-Händlerinnen oder -Händler verletzen, nicht aber solche, die den Betrieb des Online-Shops an sich stören.
Abgesehen davon stellt die technische Umsetzung von Zugangssperren Probleme dar. Beispielsweise ist die Sperrung von IP-Adressen wenig zielführend, da die Vergabe der IP-Adresse überwiegend dynamisch erfolgt und Endnutzerinnen und -nutzern bei jeder neuen Verbindung eine abweichende IP-Adresse zugeteilt wird.
Gleichwohl besteht die Möglichkeit, die Webseite mit einem anderen Endgerät und folglich einer anders lautenden IP-Adresse zu besuchen, sodass IP-Sperren aus Sicht der Online-Händlerin oder des Online-Händlers nicht besonders effektiv sein dürften. Daher ist der generelle Ausschluss von unliebsamen Kundinnen und Kunden im Vorfeld nicht nur technisch schwierig umzusetzen, sondern auch rechtlich an strenge Voraussetzungen geknüpft.
Online-Händlerinnen oder -Händler sind aber trotzdem nicht mittellos, sich unliebsame Kundinnen und Kunden vom Leibe zu halten. Zunächst gilt das grundrechtlich geschützte Prinzip der Vertragsfreiheit. Jede Person kann sich demnach aussuchen, ob und mit wem sie Verträge abschließt. Ausnahmetatbestände dieses Prinzips greifen in der Regel nicht.
Vor Vertragsabschluss können Sie also zunächst überprüfen, ob Sie mit der Kundin oder dem Kunden kontrahieren möchten und sich gegen das Angebot der Kundin oder des Kunden entscheiden. Es empfiehlt sich, den Kundinnen und Kunden schriftlich mitzuteilen, dass Sie das Vertragsangebot nicht annehmen. Eine weitergehende Begründung oder eine vorherige Ablehnung ist nicht erforderlich. Ein Vertrag kommt sodann nicht zustande.
Weiterhin können Sie in Erwägung ziehen, bestehende Konten zu sperren und somit Kundinnen und Kunden von weiteren Bestellungen auszuschließen. Folgendes sollten Sie vor der Sperrung jedoch beachten: Es empfiehlt sich vorab eine individuelle Mitteilung an Kundinnen und Kunden zu senden, sodass für sie die Möglichkeit besteht, relevante Informationen zur Rechtsdurchsetzung (Bestelldaten, Vertragstexte, etc.) herunterzuladen.
Weiterhin müssen Sie berücksichtigen, dass Sperrungen unzulässig sind, sofern Kundinnen oder Kunden Nutzungsrechte an Inhalten erworben haben und diese im Anschluss an die Sperrung nicht mehr bestimmungsgemäß nutzen können, so das OLG Köln in seinem Urteil vom 26.02.2016, 6 U 90/15.
Dieses Urteil betraf jedoch die Online-Plattform Amazon, auf der Kundinnen und Kunden digitale Inhalte, z. B. E-Books, MP3s, erwarben und nach der Sperrung keine Zugriffsmöglichkeit mehr auf die Inhalte bestand. Für gewöhnliche Betreiberinnen und Betreiber von Online-Shops dürfte dieses Urteil jedoch nicht allzu relevant sein.
Wichtig ist zudem, dass nach der Sperrung nur personenbezogene Daten von Kundinnen und Kunden gespeichert werden, die der Vermeidung künftiger Rechtsbeziehungen dienen. Die Datenspeicherung sollte sich auf ein Minimum beschränken. Ein entsprechender Hinweis in der Datenschutzerklärung zwecks Speicherung der Daten zur Wahrung berechtigter Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO sollte Sie außerdem angeführen. Weitere gesetzliche Aufbewahrungspflichten von Daten bleiben davon jedoch unberührt.
Ohne weitere technische Vorkehrungen besteht nichtsdestotrotz die Möglichkeit der Kundinnen und Kunden eine Gast-Bestellung vorzunehmen, auch nachdem ihr Kontogesperrt wurde.
Achtung! Auf AGB- Klauseln, die Rechte von Kundinnen und Kunden einschränken sollten Sie verzichten. Insbesondere Klauseln die Sperrung wegen erhöhter Retouren vorsehen, laufen dem Verbraucherrecht zuwider. Das gesetzlich verankerte Widerrufsrecht gilt für jeden abgeschlossenen Fernabsatzvertrag und ist an keine quantitativen Grenzen gebunden, § 312 g BGB.
Neben der Unzulässigkeit solcher Klauseln besteht außerdem die Gefahr von Abmahnung.
Vor Vertragsabschluss haben Sie also die Möglichkeit, das Konto zu sperren und im Rahmen der Vertragsfreiheit das Angebot der Kundin oder des Kunden abzulehnen, sodass kein wirksamer Vertrag zustande kommt.
Doch was passiert, wenn nun doch ein Vertrag mit der Kundin oder dem Kunden zustande gekommen ist?
Verwenden Sie beispielweise sofortige Zahlungsmittel wie PayPal oder Sofortüberweisung, verschicken Sie automatisiert Annahmeerklärungen an Kundinnen und Kunden oder erklären Sie in Ihren AGB die dargestellten Waren als verbindliches Angebote, haben Sie einen Vertrag mit der Kundin oder dem Kunden geschlossen und sind grundsätzlich dazu verpflichtet, die Ware zu liefern.
Sollten Sie die Ware nicht an die Kundin oder den Kunden liefern, obwohl ein Vertrag geschlossen wurde, können Sie sich schadensersatzpflichtig machen. Ausnahmen von der Lieferungspflicht bestehen nur, wenn Rechte Dritter verletzt werden, Sie den Vertrag anfechten oder die Kundin oder der Kunde gegen Ihre AGB verstößt und Sie diese über die Folge der Nichtlieferung aufgeklärt haben.
Um sich trotzdem von dem Vertrag zu lösen, besteht die Möglichkeit, vorab eine Mitteilung an die Kundin oder den Kunden zu verfassen, in der Sie erklären, dass Sie künftig keine vertragliche Beziehung mehr eingehen möchten und sich bei Zuwiderhandlung das Recht vorbehalten, den Vertrag einseitig aufzuheben. Insbesondere bei automatisch veranlassten Annahmeerklärungen ist diese Vorgehensweise ratsam.
Im Falle einer vorherig erklärten Ablehnung zukünftiger Rechtsbeziehungen, verbunden mit der Aufforderung an die Kundin oder den Kunden, Bestellungen zu unterlassen, können Sie sich einseitig nach Vertragsschluss von der Lieferpflicht lösen und die Annahmeerklärung anfechten, sodass der Vertrag als von Anfang an als nichtig angesehen wird.
Als Anfechtungsgrund kommen einerseits der Erklärungsirrtum, andererseits die arglistige Täuschung der jeweiligen Kundin oder des Kunden durch Ausnutzung des automatisierten Bestellprozesses in Betracht.
Beachten Sie, dass vor Vertragsschluss eine Mitteilung an die entsprechende Kundin oder den entsprechenden Kunden übersendet haben müssen und nach dem darauffolgenden, unfreiwilligen Vertragsschluss eine weitere Erklärung an die Kundin oder den Kunden erfolgen muss, aus der hervorgeht, dass Sie das Rechtsgeschäft anfechten. Die Anfechtungserklärung ist fristgebunden und je nach Anfechtungsgrund unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erbringen.
Alternativ könnten Sie gem. § 242 BGB nach Vertragsabschluss die Widerrufsmöglichkeit des Verbrauchers ausschließen und sich auf rechtsmissbräuchliches Verhalten der Kundin oder des Kunden berufen.
Bedenken bei dieser Herangehensweise bestehen jedoch, da Sie beweisen müssen, dass sich der Verbraucher rechtsmissbräuchlich verhält. Der Nachweis, dass der Verbraucher eine Schädigungsabsicht hat oder sich schikanös verhält dürfte jedoch in der Praxis äußerst schwierig sein.
Ferner besteht die Möglichkeit unerwünschtes Verhalten von Kundinnen und Kunden, wie z. B. den kommerziellen Weiterverkauf von Waren, in Ihre AGB aufzunehmen und bei Verstößen die Nichtlieferung als Folge vorzusehen. Nach Vertragsabschluss können Sie sich auf eine Vertragsverletzung berufen und den Rücktritt erklären. Eine ausdrückliche Regelung bei rechtswidrigem Verhalten der Kundin oder des Kunden müssen Sie nicht als gesonderte Klausel in die AGB aufnehmen.
Prüfen Sie zunächst genau, ob bereits ein Vertragsabschluss vorliegt z. B. durch automatische Vertragsannahme oder entsprechende Ausgestaltung Ihrer AGB. Vor Vertragsabschluss können Sie das Angebot der Kundin oder des Kunden ohne Begründung ablehnen.
Vermeiden Sie künftige Verträge, indem Sie das Konto der Kundin oder des Kundin nach vorheriger Mitteilung an die Kundin bzw. den Kunden sperren. Beachten Sie dabei die datenschutzrechtlichen Vorgaben der Speicherung der personenbezogenen Daten nach Löschung des Kontos.
Thomas Josef Zieba ist Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Expert Services. Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Münster. Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln mit Stationen u.a. bei der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE und HMS Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte. Von Oktober 2017 bis August 2018 Tätigkeit als Rechtsanwalt im Bereich Handels- und Wirtschaftsrecht bei der Kanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte, dort unter anderem zuständig für die Betreuung internationaler Mandate. Seit September 2018 Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH.
03.09.20Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
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