Französisches Anti-Verschwendungsgesetz: Diese Informationspflichten gelten bald für den deutschen Online-Handel

Inhaltsverzeichnis:

1. Der Reparatur-Index (Indice de réparabilité)
2. Informationen über abfallerzeugende Produkte
3. Das Triman Logo
4. Informationen über Ersatzteile
5. Informationen über die gesetzliche Konformitätsgarantie
6. Sanktionen
7. Unser Tipp

 

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Eine tiefgreifende Umgestaltung des französischen Systems: Das ist das erklärte Ziel des französischen Anti-Verschwendungsgesetzes. Dieses Gesetz wurde zwar vor mehr als einem Jahr verabschiedet, allerdings werden einige seiner Artikel erst ab dem 1. Januar 2022 und andere sogar noch später in Kraft treten.

Das Anti-Verschwendungsgesetz, mit dem unter anderem das Umweltgesetzbuch (Code de l'environnement) und das Verbrauchergesetzbuch (Code de la consommation) geändert werden, lässt sich in fünf Hauptbereiche unterteilen:

  1. Abschaffung von Einwegplastik
  2. bessere Informierung der Verbraucher
  3. Kampf gegen Abfall und für eine solidarische Wiederverwendung
  4. Kampf gegen programmierte Obsoleszenz
  5. Bessere Produktion

Bei einem so breiten Anwendungsbereich ist es klar, dass auch der elektronische Handel von diesem Gesetz betroffen ist. Welche Folgen hat dieses also für den deutschen Online-Handel, der Produkte auf dem französischen Markt verkaufen will? Welche Verpflichtungen gelten für Sie bereits und welche werden ab dem 1. Januar nächsten Jahres geltend gemacht?

Im heutigen Rechtstipp der Woche konzentrieren wir uns auf Punkt 2 und erläutern die verschärften Informationspflichten für Verbraucher sowie die möglichen Sanktionen.

 

1. Der Reparatur-Index (Indice de réparabilité)

Seit dem 01. Januar 2021 müssen die Verkäufer von Elektro- und Elektronikgeräten gemäß Artikel L. 541-9-2 des Code de l'environnement, der durch das Anti-Verschwendungsgesetz eingeführt wurde, Verbraucher kostenlos über den Reparatur-Index dieser Geräte informieren. Dies gilt sowohl für den Verkauf in Geschäften als auch für den Online-Handel auf einer französischen oder ausländischen Website, sofern er sich an französische Verbraucher richtet. 

Keine Panik, dieser Artikel verpflichtet auch Ihren Importeur, Vertriebshändler oder sonstigen Inverkehrbringer, Sie als Verkäufer seiner Produkte kostenlos über den Reparatur-Index und die zur Ermittlung dieses Indexes verwendeten Parameter zu informieren.

Die fünf betroffenen Produktkategorien sind:

  • Smartphones
  • Laptops
  • Fernsehgeräte
  • Fensterwaschmaschinen
  • elektrische Rasenmäher

Weitere Produkte werden demnächst aufgenommen (derzeit werden getestet: Staubsauger, digitale Tablets, Geschirrspüler und Hochdruckreiniger).

Diese Informationen müssen den Verbrauchern zum Zeitpunkt des Kaufs mitgeteilt werden. Als Online-Verkäufer müssen Sie die Bewertung zumindest auf der Produktseite des Geräts anzeigen. Die Bewertung kann überdies auf dem Produkt oder seiner Verpackung angegeben werden.

Der Index wird mit einer Punktzahl von 1 bis 10 (1: schlecht reparierbar, 10: perfekt reparierbar) wie folgt dargestellt:

Quelle : MTE

Ab 2024 wird der Reparatur-Index zu einem umfassenderen Index: dem Langlebigkeitsindex. In diesen sollen in Zukunft zwei neue Kriterien einfließen: die Zuverlässigkeit (Robustheit) und das Entwicklungspotenzial der Produkte.

 

2. Informationen über abfallerzeugende Produkte

Eine weitere Bestimmung, die am 01. Januar 2022 in Kraft tritt, ist Artikel L541-9-1 des Code de l'environnement, der besagt, dass die Hersteller und Importeure von Produkten, die Abfälle erzeugen, Verbraucher über deren Umwelteigenschaften und -merkmale informieren müssen. Insbesondere müssen Verbraucher über die Verwendung von recyceltem Material, erneuerbaren Ressourcen, die Langlebigkeit, die Kompostierbarkeit, die Reparierbarkeit, die Wiederverwendungsmöglichkeiten, die Recycelbarkeit und das Vorhandensein von gefährlichen Substanzen, Edelmetallen oder seltenen Erden, in Übereinstimmung mit dem EU-Recht informiert werden.

Alle Umweltinformationen auf den Produkten müssen für den Verbraucher "zum Zeitpunkt des Kaufs" sichtbar oder zugänglich sein. Mit anderen Worten: Sie sollten diese Informationen auf der Produktseite anzeigen oder zumindest zugänglich machen.

Außerdem wird die Angabe des Bonus-Malus auf den Produkten verpflichtend sein, um den Verbrauchern eine bessere Wahl zu ermöglichen und die Produkthersteller zu ermutigen, ihre Produkte umweltfreundlich zu gestalten.

Fokus auf den Bonus-Malus: Es ist vorgesehen, dass Hersteller, die ein ökologisches Gestaltungsprinzip einhalten, einen Bonus auf den Beitrag erhalten, den sie an ihre Öko-Organisation für das Management und die Behandlung des End-of-Life ihrer Produkte zahlen. Umgekehrt erhalten Hersteller, die dies nicht berücksichtigen, einen Malus. Die Bedingungen für diese Boni/Malusse werden in einem Dekret festgelegt werden.

Darüber hinaus verbietet die neue Bestimmung die Verwendung der Begriffe "biologisch abbaubar", "umweltfreundlich" oder andere gleichwertige Begriffe auf einem Produkt oder einer Verpackung, da diese nicht eindeutig sind und für Verbraucher irreführend sein können.

Wird erwähnt, dass es sich um ein recyceltes  Produkt handelt, muss außerdem der Prozentsatz des tatsächlich enthaltenen recycelten Materials angegeben werden.

Ein Entwurf für ein Dekret, in dem die Bedingungen für die Anwendung dieser Bestimmung festgelegt werden, ist in Arbeit und sollte zum gleichen Zeitpunkt wie der Artikel selbst in Kraft treten, d. h. am 01. Januar 2022. Die Definitionen der verschiedenen Umwelteigenschaften und -merkmalen von Produkten, die betroffenen Sektoren und Produktkategorien sowie die Modalitäten für die Bereitstellung der Informationen sind in dem Textentwurf festgelegt.

 

3. Das Triman Logo

In der Vergangenheit mussten Verpackungen das Grüne Punkt-Logo tragen. Dieses wurde 2021 abgeschafft, weil es für Verwirrung gesorgt haben soll. Nicht betroffen ist das Logo der "durchgestrichenen Mülltonne" für Haushaltsgeräte, das beibehalten werden muss.

Ab dem 01. Januar 2022 tritt Artikel L. 541-9-3 des Code de l’environnement in Kraft. Dieser sieht vor, dass jedes in Frankreich in Verkehr gebrachte Produkt, das für Haushalte bestimmt ist und dem Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung (Artikel L. 541-10, I des Code de l’environnement) unterliegt (mit Ausnahme von Getränkebehältern aus Glas für den Haushalt), mit einer Kennzeichnung versehen werden muss, die den Verbraucher darüber informiert, dass dieses Produkt Sortiervorschriften unterliegt.

Dieser Grundsatz der erweiterten Herstellerverantwortung bedeutet, dass der Hersteller für die Finanzierung und Organisation der Bewirtschaftung der Abfälle seiner Produkte am Ende ihrer Lebensdauer verantwortlich gemacht werden kann. Als Hersteller im Sinne dieses Artikels gilt jede natürliche oder juristische Person, die abfallerzeugende Produkte oder die zu ihrer Herstellung verwendeten Bauteile und Materialien entwickelt, herstellt, behandelt, verkauft oder einführt. 

Die Produkte, die unter diesen Grundsatz fallen, sind in Artikel L541-10-1 des Code de l'environnement aufgeführt. Dazu gehören u. A. elektrische und elektronische Geräte, Spielzeug, Heimwerker- und Gartenartikel sowie Textilwaren wie Kleidung, Schuhe und Haushaltswäsche.

Das Triman-Logo muss zusammen mit Informationen über die Art und Weise der Sortierung oder des Einbringens der Abfälle des Produkts angebracht werden. Diese Informationen müssen auf dem Produkt, seiner Verpackung oder notfalls in den anderen mit dem Produkt gelieferten Unterlagen enthalten sein.

Für Verkäufer, die nicht in der Lage sind das Logo selbst anzubringen (z. B. weil sie keine Hersteller sind), beginnt die Frist mit Sanktionen am 01.01.2022 (siehe Punkt 6).

 

4. Informationen über Ersatzteile

Das Anti-Verschwendungsgesetz ändert nicht nur das Code de l'environnement. Auch das Code de la consommation (französisches Verbrauchergesetzbuch) ist betroffen. So ändert das Gesetz Artikel L111-4 dieses Gesetzbuchs. Dieser sah bereits vor, dass der Hersteller oder Importeur den gewerblichen Verkäufer über den Zeitraum oder das Datum informieren muss, bis zu dem Ersatzteile, die für die Nutzung der Ware unerlässlich sind, auf dem Markt erhältlich sind. Der Verkäufer ist wiederum verpflichtet den Verbraucher entsprechend zu informieren. Der Artikel verpflichtet den Hersteller oder Importeur außerdem, die betreffenden Teile an den gewerblichen Verkäufer zu liefern.

Der Artikel, dessen Änderung am 01. Januar 2022 in Kraft tritt, sieht nun vor, dass sich diese Informationen auf die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit von Ersatzteilen beziehen, die für die Nutzung der betreffenden Waren unerlässlich sind, sowie gegebenenfalls auf den Zeitraum oder das Datum, bis zu dem diese Teile auf dem Markt verfügbar sind.

Bei elektrischen und elektronischen Geräten und Möbelstücken wird außerdem davon ausgegangen, dass Ersatzteile, die für die Nutzung der Waren unerlässlich sind, nicht verfügbar sind, wenn diese Informationen dem gewerblichen Verkäufer nicht zur Verfügung gestellt werden. Das Gesetz verbessert somit die Information der Verbraucher über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, damit sie diesen Parameter in ihre Kaufentscheidung einbeziehen können. Außerdem wird die Frist für die Lieferung dieser Teile durch den Hersteller oder Importeur von 2 Monaten auf 15 Werktage verkürzt.

Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz den Importeur oder Hersteller einer beweglichen Ware für bestimmte, per Dekret festgelegte Warenkategorien, den Verkäufern oder Reparateuren Pläne für die Herstellung der für das Funktionieren der betreffenden Ware erforderlichen Ersatzteile mit einem 3D-Drucker zur Verfügung zu stellen, sofern dies technisch machbar ist und unter Wahrung der Urheberrechte.

 

5. Informationen über die gesetzliche Konformitätsgarantie

Auch die gesetzliche Konformitätsgarantie (Verbrauchergewährleistungsrecht) ist von der Welle der Veränderungen betroffen. Ab Januar 2022 wird die in Artikel L217-7 des Code de la consommation vorgesehene Frist, innerhalb derer das Vorhandensein von Konformitätsmängeln zum Zeitpunkt der Lieferung vermutet wird, für Gebrauchtwaren von 6 auf 12 Monate verlängert.  

Darüber hinaus wird die Gewährleistungsfrist um sechs weitere Monate verlängert, wenn das Produkt innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf im Rahmen des gesetzlichen Verbrauchergewährleistungsrechts repariert wird.

Dies betrifft Ihre Informationspflicht gegenüber den Verbrauchern insofern, als dass Sie in den AGB Ihres französischen Online-Shops verpflichtet sind, über die Modalitäten der Inanspruchnahme der gesetzlichen Konformitätsgarantie zu informieren.

 

6. Sanktionen

Ab dem 01. Januar 2022 können die Bußgelder für die Nichteinhaltung dieser Informationspflichten bis zu 3 000 EUR für natürliche Personen und 15 000 EUR für juristische Personen betragen. Bitte beachten Sie: Die Höhe dieser Bußgelder gilt pro Verstoß. Wenn mehrere Ihrer Produktseiten betroffen sind, kann diese Zahl sehr schnell steigen!

 

Unser Tipp

Am 01. Januar 2022 werden zahlreiche neue Informationspflichten für französische Verbraucher in Kraft treten. Je nachdem welche Produkte Sie online in Frankreich verkaufen, müssen Sie Ihre Produktseiten in Ihrem Online-Shop anpassen. In jedem Fall müssen Sie die Klausel über die gesetzliche Konformitätsgarantie in Ihren französischen AGB aktualisieren. Nutzen Sie unsere Produkte Legal Premium, Enterprise oder Ultimate? Dann müssen Sie sich keine Sorgen um die Aktualität Ihrer Rechtstexte machen. Selbstverständlich finden Sie in Ihrem Legal Account stets die aktuellsten Rechtstexte für Ihre Webseite oder Ihren Online-Shop.

 

 

Über die Autorin

autor laura schuller

Hannah Laura Schuller hat sich nach einem erfolgreich absolvierten Jurastudium an der Université catholique de Louvain in Belgien, an der Universität zu Köln in deutschem Recht spezialisiert. Sie arbeitet seit Juli 2018 im Bereich Legal Services der Trusted Shops GmbH als Legal Consultant France. Seit 2020 unterstützt sie zudem bei der Koordination von internationalen Rechtsprojekten.

14.10.21

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