Ist Ihr Shop fit für den 28. Mai 2022? – Diesen konkreten Handlungsbedarf gibt es für den Online-Handel durch den „New Deal for Consumers“

Inhaltsverzeichnis:

1. Änderungen im Widerrufsrecht
2. Änderungen der Preisangaben
3. Kundenbewertungen
4. Influencer-Marketing
5. Neuer Verbraucheranspruch im UWG
6. Noch mehr Neues?!
7. Weitere Tipps rund um die Modernisierungsrichtlinie

 

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Der sogenannte New Deal for Consumers (RL (EU) 2019/2161, auch Omnibus- oder Modernisierungsrichtlinie genannt) soll den Verbraucherschutz EU-weit mit Blick auf die Marktentwicklungen stärken und modernisieren. Ende des Monats, konkret zum 28. Mai 2022, tritt das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie in Kraft. Damit gehen wesentliche Änderungen auf vielen Gebieten einher, von denen wir Ihnen bedeutende Aspekte im dieswöchigen Rechtstipp der Woche zusammenfassen:

 

1)     Änderungen im Widerrufsrecht

Die wohl wichtigste Änderung im Bereich des Widerrufsrechts betrifft die verpflichtende Angabe von Telefonnummer und E-Mail-Adresse in der Widerrufsbelehrung. So entfällt die Angabe der Telefaxnummer. Vielmehr sieht das gesetzliche Muster nun zwingend die Angabe von Telefonnummer und E-Mail-Adresse in der Widerrufsbelehrung und nur die Angabe der E-Mail-Adresse im Widerrufsformular vor.

Das gesetzliche Muster gilt dabei als privilegiert, d.h. hierfür wird vermutet, dass Sie mit Verwendung dessen Ihren Informationspflichten nachgekommen sind.

Fehlen diese Angaben ab dem 28. Mai in Ihrer Widerrufsbelehrung mit Widerrufsformular, birgt dies nicht nur ein wesentliches Abmahnrisiko, zudem verlängert die unzureichende Belehrung das Widerrufsrecht für den Verbraucher auf zwölf Monate und 14 Tage.

Detaillierte Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche „Änderung im Widerrufsrecht: Dringender Anpassungsbedarf für Online-Shops“.

 

2)     Änderungen der Preisangaben

Ebenfalls umfangreichen und wesentlichen Anpassungsbedarf bringen die Änderungen der Preisangabenverordnung (PAngV) mit sich.

Zum einen werden die Vorgaben zur Platzierung der Grundpreisangaben im Shop konkretisiert. So muss der Grundpreis auf einen Blick gut wahrnehmbar platziert werden, und nicht wie bisher in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis.

Weiter ändern sich die erlaubten Bezugsgrößen. Die Möglichkeit zur Verwendung der Bezugsgröße von 100 g oder 100 ml bei Waren, die 250 g oder 250 ml regelmäßig nicht überschreiten, entfällt. Ergänzend wird die Pfandregelung konkretisiert: So wird die Höhe des Pfandpreises nicht in den Gesamtpreis eingerechnet, sondern neben dem Gesamtpreis angegeben.

Zudem kommt eine zusätzliche Pflicht für Preisangaben bei Preisermäßigungen, um dem Verbraucher bessere Vergleichsmöglichkeiten an die Hand zu geben.

Nähere Einzelheiten zu den Neuerungen für Preisangaben finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche „Die neue Preisangabenverordnung: Welche praxisrelevanten Neuregelungen Sie unbedingt beachten sollten“.

 

3)     Kundenbewertungen

Eine Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet ab Ende Mai ausdrücklich gekaufte und Fake-Bewertungen. Bisher war das Werben mit bezahlten Kundenbewertungen grundsätzlich zulässig, wenn diese entsprechend gekennzeichnet wurden.

Hier entstehen nun zum 28. Mai neue Hinweispflichten für Bewertungsplattformen: Wurden Maßnahmen zur Sicherstellung der Echtheit von Bewertungen ergriffen? Wenn ja, auf welche Weise?

Auch bei dieser Thematik besteht für den Online-Handel Handlungsbedarf, denn Verstöße können zu kostspieligen Abmahnungen führen.

Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche „Neues Gesetz stellt klar: Gekaufte Bewertungen sind illegal!“.

 

4)     Influencer-Marketing

Der Begriff Influencer-Marketing umfasst die Produktplatzierungen von Personen mit einer gewissen Reichweite auf Social-Media-Kanälen mit dem Ziel, diese Reichweite und den Einfluss der Personen für das beworbene Produkt zu nutzen. Hier gab es in der Vergangenheit bereits mehrere Gerichtsentscheidungen, ob und wann verbotene Schleichwerbung vorliegt.

Künftig wird eine gesetzliche Regelung die aktuelle Rechtslage konkretisieren. Demnach liegt der Influencer-Werbung kein kommerzieller Zweck inne, wenn der Influencer kein Entgelt oder ähnliche Gegenleistung dafür erhält oder sich versprechen lässt. Unter ähnliche Gegenleistungen fallen: Provision, zur Nutzung bzw. zum Behalten zugesendete Produkte vom werbenden Unternehmen, Pressereisen oder Kostenübernahmen. Dabei wird der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung gesetzlich vermutet, wodurch die Kennzeichnung der Werbung grundsätzlich erforderlich ist, wenn ein Influencer fremde Produkte in seinen Beiträgen zeigt. Ist dem nicht so, hat der Influencer dies glaubhaft zu machen.

Für die Kennzeichnung empfehlen sich weiterhin Begriffe wie „Werbung“ oder „Anzeige“ zu Beginn des Postings.

Sofern Sie als Unternehmen einen eigenen Social-Media-Account betreiben und sich die Werbeeigenschaft direkt aus den Umständen ergibt, ist eine Werbe-Kennzeichnung entbehrlich.

Für weitere Informationen dazu lesen Sie gern unseren Rechtstipp der Woche „Neues „Influencer-Gesetz“ ab dem 28. Mai 2022 - #ad = #abmahnung?“.

 

5)     Neuer Verbraucheranspruch im UWG

Die Modernisierungsrichtline erlegte den EU-Mitgliedstaaten auf, individuelle Verbraucheransprüche zu schaffen, um Verbraucherrechte einfacher wirksam durchsetzen zu können. Somit haben Verbraucher künftig einen individuellen Schadensersatzanspruch, der so wahrlich einzigartig ist. Damit können nicht mehr nur Wettbewerber Ansprüche geltend machen.

Doch eine immense Klagewelle sollten Sie nicht fürchten müssen. Der Schadensersatzanspruch erfasst ausschließlich vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen Vorschriften, die die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL (EG) 2005/29) umsetzen. Zudem muss der Verbraucher die geschäftliche Entscheidung aufgrund des Wettbewerbsverstoßes getroffen haben.

Hier bleibt abzuwarten, ob der Verbraucher im Einzelfall eindeutig beweisen kann, dass seine geschäftliche Entscheidung genau auf dieser unzulässigen geschäftlichen Handlung des Unternehmers beruht. Daneben hat der Verbraucher einen entstandenen Schaden auch nachzuweisen.

In unserem Rechtstipp der Woche „Verbraucher-Schadensersatz bei Wettbewerbsverstoß: Droht dem Online-Handel eine Klagewelle?“ können Sie mehr zu dem Thema nachlesen..

 

Noch mehr Neues?!

Neben den oben beschriebenen Neuerungen kommen ab dem 28. Mai weitere Informationspflichten auf Sie zu.

Wenn Sie Preise auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisieren, müssen Sie den Verbraucher darüber informieren.

Marktplatzbetreiber müssen Informationen über die Hauptparameter bereitstellen, die über das Ranking der Angebote entscheiden und welche Anbieter bei der Erstellung des Vergleichs einbezogen wurden. Zudem muss der Betreiber darauf hinweisen, ob es sich bei dem Anbieter nach eigener Erklärung um einen Unternehmer handelt. Sollte das nicht der Fall sein, muss der potenzielle Käufer darauf hingewiesen werden, dass die europäischen Verbraucherschutzvorschriften keine Anwendung finden.

Neben der neuen Klagemöglichkeit für Verbraucher gehen mit den Änderungen auch verschärfte Sanktionen einher. So kann eine verbotene Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen zu Geldbußen führen. Für diese gilt ein Höchstbetrag von 4 % des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat oder, falls sich der Jahresumsatz nicht ermitteln lässt, von 2 Millionen €.

Zudem wird ein Bußgeldtatbestand geregelt, der für bestimmte „weitverbreitete Verstöße“ oder „weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension“ greift, die Verbraucherinteressen betreffen. Damit gemeint sind Handlungen oder Unterlassungen eines Unternehmers, die gegen EU-Verbraucherschutzrecht verstoßen und Verbraucher aus mehreren EU-Mitgliedstaaten betreffen.

 

Weitere Tipps rund um die Modernisierungsrichtlinie

Einen weiteren Überblick zu den Neuerungen finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche „New Deal for Consumers – Das ändert sich mit der Gesetzesreform“

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Zudem empfehlen wir Ihnen im Rahmen Ihres Legal Produkts die Teilnahme an unseren Webinaren, z. B. am 25.05.22 um 10:30 Uhr „Preisangaben: Neue Regeln und alte Fehler“ oder am 02.06.22 um 11:00 Uhr „Neue Abmahnfallen für Online-Shops: Der "New Deal" für Verbraucher“. Die Anmeldung können Sie ganz einfach in Ihrem Legal Account vornehmen. Die Folien erhalten Sie per Mail im Nachgang auf Anfrage bei unserem Legal Customer Support.

 

Über die Autorin


Autorin Anne Lehmann

Anne Lehmann, LL.M., ist Legal Consultant bei Trusted Shops im Bereich Legal Services. Bachelor an der Hanse Law School in Vergleichendem und Europäischem Recht sowie Master in Unternehmensrecht in Internationalem Kontext an der HWR Berlin. Im Rahmen ihrer Tätigkeit war sie ab 2013 zunächst für die Prüfung von Online-Shops der Märkte DACH, NL sowie UK zuständig und verantwortete das Key Account Operational Management. Seit 2017 betreut sie die Trusted Shops Legal Produkte und beschäftigt sich intensiv mit den für Online-Händler relevanten Rechtsgebieten.

12.05.22
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