Mehrwertsteuererhöhung 2021: So kommen Sie sicher ins neue Jahr!

Während die einen mit Sekt zum Jahreswechsel anstoßen, sorgen sich andere um die geplante Mehrwertsteuererhöhung und die möglichen Probleme, die diese mit sich bringt. Mit dem Auslauf des Corona-Konjunkturpakets der Bundesregierung am 31. Dezember 2020 erhöht sich der Mehrwertsteuersatz ab dem 01. Januar 2021 wieder von 16 auf 19 Prozent und der ermäßigte Satz von fünf auf sieben Prozent. Was das für Online-Händlerinnen und Online-Händler bedeutet, worauf Sie achten sollten und ob akuter Handlungsbedarf besteht, beantworten wir Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche.

 

Geben Sie die Mehrwertsteuer im Online-Shop richtig an

Handel mit Verbrauchern (B2C)

Wenn Sie Produkte an Verbraucher verkaufen, müssen Sie sich u.a. an die Preisangabenverordnung halten. Nach der Verordnung müssen Händlerinnen und Händler angeben, dass die im Online-Shop angezeigten Preise die Mehrwertsteuer enthalten. Die Verordnung fordert jedoch nicht, dass Sie die Steuer auch in der Höhe angeben. Gerecht werden Sie den Anforderungen, z. B. wenn Sie den Gesamtpreis „inkl. MwSt“ angeben.

Wenn Sie auf die Mehrwertsteuer hinweisen, achten Sie darauf, dass Sie dabei alle Angebote überprüfen. Ein Hinweis nur auf der Produktseite ist nicht ausreichend. Daneben sind vor allem der Warenkorb und die Bestellseiten zu überprüfen. In den AGB müssen aber keine Angaben zur Mehrwertsteuer gemacht werden.

Handel mit Unternehmern (B2B)

Ist Ihr Kunde oder Ihre Kundin Unternehmer, gilt die Preisangabenverordnung nicht. Bei der Preisangabe muss dann kein Mehrwertsteuerhinweis erfolgen. In der Praxis findet man häufig sinnvollerweise den Hinweis „zzgl. MwSt.“. Über den konkreten Satz oder die konkrete Höhe müssen Sie aber auch im B2B-Handel nicht informieren.

Steuer in der Rechnung ausweisen

§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UstG verlangt von Ihnen als Händlerin oder Händler, dass Sie den korrekten Steuersatz und den konkreten Steuerbetrag in der Rechnung ausweisen. Dies ist vor allem im B2B-Bereich besonders wichtig. Wer den Steuersatz oder -betrag gegenüber vorsteuerabzugsberechtigter Kundschaft falsch ausweist, ist abmahngefährdet.

Wann entsteht die Mehrwertsteuer?

Die Mehrwertsteuer fällt immer dann an, wenn ein Unternehmer eine Dienstleistung erbringt oder Waren gegen ein Entgelt liefert. Im Online-Handel entsteht die Steuer also an dem Tag, an dem er mit der Lieferung des Produkts beginnt.

In der Praxis kann das dazu führen, dass der Kunde das Produkt vor dem Jahreswechsel bestellt, die Ausführung der Leistung, also der Beginn der Lieferung jedoch im neuen Jahr liegt. 

Bestellung am 31.12.2020: 16% / 5%   

Übergabe an Versanddienstleister 03.01.2021: 19% / 7%

Das kann dann zum Problem werden, wenn im Shop der Mehrwertsteuersatz in konkreter Höhe angegeben wird, dieser dann aber durch die Steuererhöhung nicht mehr gilt.

Wenn Sie den Mehrwertsteuersatz in Ihrem Shop nicht in konkreter Höhe kommunizieren, brauchen Sie sich keine Sorgen machen. In dem Fall sieht der Verbraucher den für ihn relevanten Gesamtpreis, den er zu zahlen hat. Auch im B2B-Handel ist dies kein Problem, sofern Sie auf der Rechnung den korrekten MwSt.-Satz angeben.

Was mache ich, wenn die Ware im Dezember bestellt wurde und ich erst im Januar ausliefere?

B2C: Der Verbraucher bezahlt den vertraglich vereinbarten Gesamtpreis.

B2B: Informieren Sie in der Rechnung über den zum Zeitpunkt der Leistung (also bei Beginn der Lieferung) geltenden Steuersatz.  

Wenn die Mehrwertsteuer in konkreter Höhe angegeben wird:

In vielen Shopsystemen bzw. einzelnen Templates wird der Mehrwertsteuersatz oder auch die Mehrwertsteuer in konkreter Höhe angegeben, ohne dass Sie das (ohne weiteres) ändern können.

Das ist im ersten Schritt kein Problem, da die Ausweisung der Steuer in konkreter Höhe zwar nicht nötig und meistens unpraktikabel, gleichwohl aber zulässig ist. Wenn Sie jedoch einen konkreten Satz oder Betrag kommunizieren, müssen Sie auch darauf achten, dass er stimmt.

Das bedeutet: Ab dem 01.01.2021 darf im Shop nicht mehr von 16% bzw. 5% MwSt. die Rede sein, denn hier könnte eine Irreführung der Kundin oder des Kunden vorliegen, § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG:

„Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält“.

Eine solche Irreführung ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG dann unlauter und damit unzulässig, wenn sie

„geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“

Und genau darauf kommt es an. Ist die fehlerhafte Mehrwertsteuerangabe geeignet, die Kundschaft zu einem Kauf zu bewegen, den sie bei Angabe des korrekten Mehrwertsteuersatzes nicht getätigt hätte? Für den Durchschnittsverbraucher ist der Gesamtpreis entscheidend, also der Preis, den er tatsächlich (inkl. MwSt.) am Ende zahlen muss. Es ist daher darauf zu achten, dass der zu zahlende Gesamtpreis nicht vom bei der Bestellung angegebenen Gesamtpreis abweicht. Sollte die Bestellung also vor dem Jahreswechsel eingehen, die Leistung jedoch erst nach dem 01. Januar ausgeführt werden, zahlt der Kaufende auch nur den Gesamtpreis, der ihm bei Abgabe der Bestellung angezeigt wurde. Welcher MwSt.-Satz gilt, ist für den Verbraucher regelmäßig nicht entscheidend.

Zum Problem kann es werden, wenn die Mehrwertsteuer nicht nur mit konkretem Satz, sondern auch in konkreter Höhe kommuniziert wird. Der Verbraucher könnte davon ausgehen, dass der Gesamtpreis bei korrekter Angabe entsprechend höher wäre.

Beispiel: Produkt X 116 € inkl. 16 % MwSt.

Der Verbraucher könnte auf die Idee kommen, er müsse nun nach der Lieferung 119 € bezahlen, weil sich der Mehrwertsteuersatz erhöht hat. Da der Verbraucher aber nur den bei der Bestellung angezeigten, niedrigeren Gesamtpreis zahlen muss, entsteht hier kein Problem für Sie als Online-Händlerin bzw. die Online-Händler. Gleichwohl raten wir Ihnen dazu, auf die Angabe des Mehrwertsteuersatzes in konkreter Höhe im Shop zu verzichten.

Ansonsten gilt: Achten Sie darauf, dass zum Stichtag der korrekte Steuersatz angegeben wird und der Verbraucher nur den Gesamtpreis zu zahlen hat, der ihm bei der Bestellung angezeigt wurde.

Gegenüber Unternehmern gilt auch hier: Eine fehlerhafte Mehrwertsteuerangabe ist grundsätzlich irreführend. Wenn Sie die Mehrwertsteuer angeben, sollten Sie daher darauf achten, dass der Steuersatz zum Stichtag 01.01.2021 im Shop stimmt.

Problematisch wird es, wenn der Stichtag zwischen dem Zeitpunkt der Bestellung und dem Lieferbeginn liegt und der Steuersatz oder -betrag angegeben wird. Bei der Bestellung würde dann der geringe Steuersatz ausgewiesen werden, während in der Rechnung der zum Zeitpunkt der Leistung zugrundeliegende erhöhte Steuersatz von 19% / 7% aufgeführt werden muss.  

Die Angabe des höheren Mehrwertsteuersatzes bereits vor dem Stichtag, ist nur dann zulässig, wenn sichergestellt ist, dass dieser Steuersatz jeder Bestellung ab diesem Zeitpunkt zugrunde liegt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Produkt am 31.12.2020 bestellt, jedoch erst am 01.01.2021 an den Versanddienstleister übergeben wird. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass diese Vorgehensweise Rückfragen und Verwirrungen hervorrufen wird. Daher empfiehlt es sich, auf die Angabe des Steuersatzes in konkreter Höhe komplett zu verzichtet. Ist dies nicht möglich, gibt es leider keine optimale Lösung.

 

Unser Tipp

Wird in Ihrem Shop kein konkreter Steuersatz kommuniziert und geben Sie auf Ihren Rechnungen den richtigen Satz an, können Sie entspannt den Silvesterabend verbringen.

Wenn Sie den MwSt.-Satz oder einen konkreten Betrag angeben und die Mehrwertsteuererhöhung zwischen Bestellung und Lieferung fällt, sollten Sie im B2B-Bereich darauf achten, dass auf der Rechnung der zum Leistungszeitpunkt gültige Steuersatz ausgewiesen wird. Ein Sonderfall stellt der innergemeinschaftliche Erwerb dar, bei dem der zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gültige Steuersatz angegeben werden muss.

Achten Sie zudem darauf, dass Sie an jeder Stelle, an der Sie die Mehrwertsteuer als Satz oder in konkreter Höhe ausweisen, eine Änderung vornehmen. Dies kann neben der Produktseite, den Bestellseiten und dem Warenkorb auch Angaben in Rechtstexten wie den AGB betreffen.

 

 

Über den Autor

 

autor_frieder_schelleFrieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit and Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.

 

17.12.20

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