Neue Regeln gegen Greenwashing (oder: Noch mehr Informationspflichten)

Greenwashing

Die Kundschaft achtet zunehmend auf Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Produkte. Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen sich und ihre Produkte und Dienstleistungen häufiger als klimaneutral und besonders umweltfreundlich darstellen möchten. Ein Engagement für den Umweltschutz stärkt schließlich das Vertrauen und das Image der Marke.

Solche Umweltaussagen waren bisher kaum ausdrücklich reguliert. Das wird sich künftig jedoch ändern.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Im Rahmen des sogenannten europäischen „Green Deal“ hat die EU-Kommission im März 2022 eine Reihe von Vorschlägen präsentiert, um nachhaltige Produkte in der Europäischen Union zur Norm zu machen und Verbraucher*innen beim grünen Wandel zu stärken. Sie sollen daher zukünftig besser über die Haltbarkeit und Reparierbarkeit bestimmter Produkte vor Vertragsschluss informiert und vor unlauteren Geschäftspraktiken wie Greenwashing, Praktiken hinsichtlich eines frühzeitigen Ausfallens der Produkte (sog. Obsoleszenz) und der Verwendung intransparenter Nachhaltigkeitssiegel geschützt werden.

Hierzu wurde nun die Richtlinie (EU) 2024/825 erlassen, die sowohl Änderungen der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) vorsieht.

Neue Informationspflichten

Die neue Richtlinie sieht vor, dass die nach der VRRL erforderlichen vorvertraglichen Informationspflichten sowohl für den stationären als auch für den Onlinehandel ausgeweitet werden.

Informationen zu umweltfreundlicher Lieferung

Zunächst wird die Informationspflicht hinsichtlich Zahlungs- und Lieferbedingungen dahingehend ergänzt, dass künftig über umweltfreundliche Liefermöglichkeiten informiert werden muss, sofern solche bestehen. Hierunter sind bspw. Lieferoptionen wie die Lieferung von Waren mit Lastenfahrrädern oder elektrischen Lieferfahrzeugen oder die Möglichkeit gebündelter Versandoptionen zu verstehen.

Informationen bei Haltbarkeitsgarantie

Eine weitere Informationspflicht ist für den Fall vorgesehen, dass der*die Hersteller*in eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie anbietet. Unternehmer*innen sollen jedoch nicht verpflichtet sein, z.B. auf produktspezifischen Websites aktiv nach diesen Informationen des Herstellers zu suchen.

Zudem muss diese Information bzw. die neue harmonisierte Kennzeichnung unmittelbar vor Abgabe der Bestellung der Verbraucher*innen zur Verfügung gestellt werden.

Informationen zum Gewährleistungsrecht

Bisher muss ein Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts bei Waren, digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen erfolgen. Künftig wird diese Pflicht ausgeweitet. Bei Waren muss dann zusätzlich in hervorgehobener Weise ein Hinweis auf die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und seine wichtigsten Elemente erfolgen. Hierfür muss die neue sog. „harmonisierten Mitteilung“ verwendet werden.

"Harmonisierte Mitteilung"

Diese „harmonisierte Mitteilung“ ist die nächste Neuerung, die mir der Richtlinie eingeführt wird. Sie enthält Angaben zum Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren und seiner wichtigsten Elemente, einschließlich seiner Mindestdauer von zwei Jahren. Ebenso wird eine harmonisierte Kennzeichnung eingeführt, wenn der*die Hersteller*in eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie anbietet. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Verbraucher*innen in der gesamten Union gut informiert sind und ihre Rechte leicht verstehen.

Wie diese harmonisierte Mitteilung und diese harmonisierte Kennzeichnung aussehen wird, ist allerdings noch unklar. Die Europäische Kommission wird durch die neue Richtlinie dazu ermächtigt, die Gestaltung genauer festzulegen. Dies soll bis zum 27.9.2025 geschehen.

Digitale Dienste, digitale Dienstleistungen und Waren mit digitalen Elementen

Bei digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen wird weiterhin ein Hinweis auf das Bestehen des gesetzlichen Gewährleistungsrechts genügen. Unternehmer*innen werden jedoch verpflichtet, darüber zu informieren, ob und wie lange der*die Hersteller*in bzw. der*die Anbieter*in sich dazu verpflichtet, Software-Aktualisierungen bereitzustellen, sofern der*die Hersteller*in dem*der Unternehmer*in diese Informationen zur Verfügung stellt.

Informationen über Reperaturkennzahl und Reparierbarkeit

Ergänzt werden die vorvertraglichen Informationspflichten zudem um Angaben hinsichtlich des Reparierbarkeitswerts der Waren. Hierbei handelt es sich um

„einen Wert, der der die Reparierbarkeit einer Ware auf der Grundlage von auf Unionsebene festgelegten harmonisierten Anforderungen ausdrückt“.

Falls kein solcher Reparierbarkeitswert verfügbar ist, sollen andere Reparaturinformationen erfolgen, z.B. Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen.

Änderungen der Richtline über unlautere Geschäftspraktiken

Aber nicht nur die Verbraucherrechterichtlinie, sondern auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken wird geändert und an Umweltwerbung angepasst.

Erweiterung der Irreführungstatbestänge

Zu den Produktmerkmalen, über die Unternehmer*innen Verbraucher*innen nicht täuschen dürfen, zählen künftig auch „ökologische und soziale Merkmale“ und „Zirkularitätsaspekte wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit“. Im Sommer dieses Jahres entschied noch der BGH (Urt. v. 27.6.2024 – I ZR 98/23), welche Anforderungen an die rechtssichere Werbung mit der Aussage „klimaneutral“ zu stellen sind.

Zunächst werden künftig zwei weitere unlautere Praktiken aufgenommen werden:

  1. Das Treffen einer Umweltaussage über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan festgelegt sind.
    Dieser Umsetzungsplan muss alle relevanten Aspekte enthalten, die für die Erfüllung der Verpflichtungen erforderlich sind, etwa die finanziellen Mittel und technologische Entwicklungen. Zudem muss dieser Plan von einem*einer externen Sachverständigen überprüft werden, dessen Ergebnisse den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden muss.
  2. Werbung mit Vorteilen für Verbraucher*innen, die irrelevant sind und sich nicht aus einem Merkmal des Produkts oder der Geschäftstätigkeit ergeben.Hiervon sollen Merkmal erfasst werden, die Verbraucher*innen zu der falschen Annahme führen könnten, dass diese Produkte oder Geschäftstätigkeiten für Verbraucher*innen, die Umwelt oder die Gesellschaft vorteilhafter sind als andere Produkte oder Geschäftstätigkeiten derselben Art, z.B. indem behauptet wird, dass eine bestimmte Marke von abgefülltem Wasser glutenfrei sei oder dass Papierblätter keinen Kunststoff enthalten.

Irreführung durch Unterlassen

Zudem ist der Vergleich von Produkten auf der Grundlage ihrer ökologischen oder sozialen Merkmale wie der Haltbarkeit, der Reparierbarkeit oder der Recyclingfähigkeit eine zunehmend verbreitete Vermarktungstechnik, die für Verbraucher*innen, die die Verlässlichkeit solcher Informationen nicht immer bewerten können, irreführend sein kann. Daher müssen Unternehmer*innen den Verbrauchern*innen künftig Informationen über die Vergleichsmethode, die Produkte, die Gegenstand des Vergleichs sind, und die Lieferant*innen dieser Produkte sowie die Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Informationen auf dem neuesten Stand zu halten, bereitstellen, wenn sie einen solchen Vergleich durchführen.

Erweiterung der Schwarzen Liste hinsichtlich Umweltwerbung

Zudem wird die sog. „Schwarze Liste“ im UWG um zwölf Verbote ergänzt. Diese Liste enthält Verbote, die unter allen Umständen als unlauter anzusehen sind. Diese betreffen zum einen Umweltaussagen.

Unzulässig wird es künftig hinsichtlich Umweltwerbung u.a. sein,

  • ein Nachhaltigkeitssiegel, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde, zu verwenden;
  • eine allgemeine Umweltaussage zu treffen, wenn der*die Unternehmer*in eine anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezieht, nicht nachweisen kann;
  • eine Umweltaussage zum gesamten Produkt oder der gesamten Geschäftstätigkeit zu treffen, wenn sie sich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts oder eine bestimmte Aktivität der Geschäftstätigkeit bezieht;
  • eine Aussage zu treffen, die sich auf der Kompensation von Treibhausgasemissionen begründet und wonach ein Produkt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat

Erweiterung der Schwarzen Liste hinsichtlich Haltbarkeit und Reparierbarkeit

Zum anderen betreffen die Neuerungen u.a. Irreführungen hinsichtlich eines geplanten Ausfallens und der Reparierbarkeit eines Produkts und negativer Auswirkungen eines Software-Updates bei Waren mit digitale Elementen. U.a. dürfen

  • Anforderungen, die kraft Gesetzes für alle Produkte in der betreffenden Produktkategorie auf dem Unionsmarkt gelten, nicht als Besonderheit des Angebots herausgestellt werden;
  • keine Informationen gegenüber den Verbrauchern*innen über den Umstand zurückgehalten werden, dass sich eine Softwareaktualisierung negativ auf das Funktionieren von Waren mit digitalen Elementen oder die Nutzung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen auswirken wird;
  • Softwareaktualisierungen nicht als notwendig dargestellt werden, wenn sie lediglich der Verbesserung der Funktionalitätsmerkmale dienen;
  • keine falschen Behauptungen erfolgen, dass eine Ware unter normalen Nutzungsbedingungen eine bestimmte Haltbarkeit hinsichtlich der Nutzungszeit oder -intensität hat;
  • Waren nicht als reparierbar präsentiert werden, wenn sie es nicht sind;
  • Verbraucher*innen nicht dazu veranlasst werden, Betriebsstoffe einer Ware früher zu ersetzen oder aufzufüllen, als dies aus technischen Gründen notwendig ist.
  • Informationen nicht darüber zurückgehalten werden, dass die Funktionalität von Waren beeinträchtigt wird, wenn Betriebsstoffe, Ersatzteile oder Zubehör verwendet werden, die nicht von dem*der ursprünglichen Hersteller*in bereitgestellt werden, oder die falsche Behauptung, dass eine solche Beeinträchtigung eintreten wird.

Umsetzung

Die Mitgliedstaaten müssen die entsprechenden Vorschriften zur Umsetzung bis zum 27.3.2026 erlassen und sie sechs Monate nach der Umsetzung, also ab dem 27.9.2026 anwenden. Es bleibt also noch etwas Zeit.

Fazit

Durch die RL (EU) 2024/825 werden neue umfangreiche Informationspflichten für Onlinehändler*innen eingeführt, deren Umsetzung zudem stark von Angaben der Hersteller*innen und noch zu erlassenden Vorgaben der Kommission abhängen. Damit aber nicht genug für das Jahr 2026 – zum 19.6.2026 wird zudem der Widerrufsbutton eingeführt.

Damit Ihnen bis dahin nicht langweilig wird, gilt ab dem 13.12.2024 die neue Produtsicherheitsverordnung (GPSR) und ab dem 28.5.2025 in Umsetzung des European Accessibility Act das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

Exklusiv für unsere Kund*innen: Im Rahmen unserer Legal Produkte finden Sie in Ihrem Legal Account umfangreiche Informationen zu aktuellen Themen, selbstverständlich auch zu den neuen Pflichten nach der GPSR und zur Barrierefreiheit.

Am 12.11.2024 um 11 Uhr findet zudem unser Legal Roundtable zum Thema „GPSR – Neue Infopflichten“ statt. Hierzu können Sie sich in Ihrem Legal Account anmelden.

20.09.24
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