Der „Widerrufsbutton“ kommt 2026 – Weitblick statt Last-Minute-Chaos!

Blick ins Fernrohr: 2026 kommt der Widerrufsbutton.

Last Minute beim Reisen? Super für Schnäppchenjäger! Doch bei rechtlichen Angelegenheiten ist Weitblick der Schlüssel. Der Gesetzgeber hat seit geraumer Zeit Digitales fest im Blick. Erinnern Sie sich an die Digitale-Inhalte-Richtlinie oder den Kündigungsbutton von 2022?

Der Gesetzgeber hat bereits den rechtlichen Sommerknüller für 2026 auf Lager: Ab dem 19. Juni 2026 wird der „Widerrufsbutton“ Pflicht für alle Fernabsatzverträge. Verbraucher*innen sollen dann Verträge ruckzuck online widerrufen können – das wird für jede Menge Wirbel im Online-Handel sorgen!

In unserem Rechtstipp der Woche zeigen wir Ihnen, was auf Sie zukommt. Seien Sie clever, informieren Sie sich frühzeitig und vermeiden Sie den juristischen Last-Minute-Stress!

Hintergrund und Entwicklung des Widerrufsbuttons

Die Idee des „Widerrufsbuttons“ nahm 2022 ihren Ursprung bei der EU-Kommission, um den Widerruf von Online-Finanzdienstleistungen einfacher zu machen. Mit der Richtlinie (EU) 2023/2673, veröffentlicht im November 2023, wurde diese Regelung auf alle Fernabsatzverträge ausgeweitet. Ziel: Den Widerrufsprozess so unkompliziert wie den Vertragsabschluss gestalten – und das durch eine klar erkennbare und leicht zugängliche Widerrufsfunktion.

Der Begriff „Widerrufsbutton“ wurde in der Richtlinie aus Gründen der Technologieneutralität auf „Widerrufsfunktion“ geändert. Doch nach aktuellem Stand der Technik wird es sich wohl trotzdem um eine Schaltfläche handeln. Daher verwenden wir in diesem Beitrag beide Begriffe synonym.

Rechtliche Anforderungen an den Widerrufsbutton

Die rechtlichen Anforderungen an den Widerrufsbutton sind größtenteils in Art. 11a der neuen Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL-neu) geregelt. Der deutsche Gesetzgeber muss diese bis zum 19. Dezember 2025 in nationales Recht umsetzen. Die wichtigsten Punkte der Richtlinie sind:

Verfügbarkeit und Zugänglichkeit

  • Der Widerrufsbutton muss während der gesamten Widerrufsfrist auf der Website verfügbar sein.
  • Er muss gut sichtbar und leicht zugänglich platziert sein. Ein Herunterladen einer Anwendung sollte nicht vorausgesetzt werden, sofern der Vertrag nicht ebenfalls über diese Anwendung geschlossen wurde. Ein „Verstecken“ oder das Erschweren des Zugangs zur Funktion sollte unbedingt vermieden werden. Auch eine ausschließliche Bereitstellung im Kundenkonto ist wohl nicht gesetzeskonform. Idealerweise wird die Funktion wie der Kündigungsbutton im Footer der Seite positioniert.

Eindeutige Kennzeichnung

  • Der Button muss klar und unmissverständlich beschriftet sein. Die Richtlinie empfiehlt die Formulierung „Vertrag widerrufen“. Unklare Bezeichnungen können dazu führen, dass Gerichte einen Gesetzesverstoß feststellen und entsprechende Urteile fällen. Beim Bestellbutton, der 2012 eingeführt wurde, führen unklare Bezeichnungen bis heute immer wieder zu Urteilen zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Daher ist es ratsam, ohne viel herumzuexperimentieren einfach die gesetzliche Musterformulierung zu verwenden.

Rechtmäßige technische Umsetzung

  • Der Widerrufsprozess wird in zwei Stufen ablaufen: Zuerst wird die Widerrufsfunktion aktiviert (Stufe 1), danach muss die Erklärung durch eine Bestätigungsfunktion übermittelt werden (Stufe 2). Für die Schaltfläche der zweiten Stufe empfiehlt die Richtlinie die Formulierung „Widerruf bestätigen“.
  • Nach dem Auslösen des Widerrufs muss den Verbraucher*innen unverzüglich eine Eingangsbestätigung auf einem dauerhaften Datenträger zugeschickt werden. Dies erfolgt in der Regel per E-Mail oder einem anderen dauerhaften Kommunikationsweg.

Datenschutz

  • Die Regelungen der DSGVO sind zu beachten. Besonders wichtig ist der Grundsatz der Datenminimierung: In der Widerrufsmaske sollten nur die Daten abgefragt werden, die für den Widerruf tatsächlich erforderlich sind.

Praktische Herausforderungen bei der Umsetzung

Die Umsetzung des Widerrufsbuttons könnte Sie vor mehrere praktische Herausforderungen stellen, u. a.:

Technische Integration

  • Die technische Integration des Widerrufsbuttons in die bestehende Infrastruktur des Online-Shops kann komplex sein. Händler*innen müssen sicherstellen, dass der Button einwandfrei funktioniert und keine technischen Probleme auftreten.
  • Die Benutzeroberfläche muss so gestaltet sein, dass der Button gut sichtbar und leicht zugänglich ist, ohne das Design der Website negativ zu beeinflussen. Zugleich muss er rechtlich korrekt sein.

Individuelle Berechnung der Widerrufsfristen

  • Derzeit verlangt die Richtlinie, dass die „Widerrufsfunktion während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar“ sein muss. Es ist jedoch unklar, ob dies bedeutet, dass die Funktion nach Ablauf der individuellen Widerrufsfrist für die oder den jeweiligen Verbraucher*in nicht mehr zur Verfügung stehen darf.
  • Diese Interpretation würde erfordern, dass Verbraucher*innen auf der Website hinsichtlich der Verfügbarkeit des Widerrufsbuttons identifiziert werden müssen. Da die Widerrufsfrist in der Regel ab Erhalt der Ware beginnt, müsste auch der Warenerhalt überwacht und ins System eingespeist werden. Zudem müssten unterschiedliche Feiertage der Bundesländer oder einzelner Gemeinden (zum Beispiel das Friedensfest im Stadtgebiet Augsburg am 8. August) für die Fristberechnung technisch berücksichtigt werden. Dies würde den Bau einer entsprechenden Funktion ziemlich aufwendig machen.
  • Es bleibt daher abzuwarten, ob der Bundesgesetzgeber die Formulierung oder die Gesetzesbegründung ggf. noch klarer gestaltet, sodass möglicherweise auch das dauerhafte Bereitstellen der Funktion (ohne individualisierte Dynamisierung) ausreicht. Dies wäre weitaus weniger aufwendig und daher begrüßenswert.

Sanktionen bei Verstößen

Die Nichtbereitstellung oder fehlerhafte Implementierung des Widerrufsbuttons kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dazu zählen:

  • Abmahnungen: Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände können Händler wegen Verstößen abmahnen.
  • Bußgelder: Behörden können Bußgelder verhängen, wenn Händler die gesetzlichen Anforderungen nicht einhalten.
  • Rechtsstreitigkeiten: Verbraucher*innen könnten rechtliche Schritte einleiten, wenn ihnen der Widerruf unangemessen erschwert wird.

Vorteile des Widerrufsbuttons für Händler*innen

Statt nur die neuen Herausforderungen zu sehen, könnten Sie aus folgenden Punkten aber auch Vorteile ableiten:

  • Vertrauen und Transparenz: Ein einfacher und transparenter Widerrufsprozess stärkt das Vertrauen Ihrer Kundschaft in den Online-Shop.
  • Rechtssicherheit: Durch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben vermeiden Sie rechtliche Auseinandersetzungen und mögliche Sanktionen.
  • Kundenzufriedenheit: Ein unkomplizierter Widerruf kann die Zufriedenheit Ihrer Kundschaft steigern, zu positiven Bewertungen führen und die Bindung an Ihren Shop erhöhen.

Fazit

Die Einführung des Widerrufsbuttons ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Verbraucherrechte im E-Commerce. Für Sie bedeutet dies jedoch auch eine sorgfältige Planung und Umsetzung.

Unser Tipp

Der „Widerrufsbutton“ wird spätestens 2026 Pflicht. Wer sich frühzeitig informiert, bleibt entspannt und meistert die Umstellung problemlos. Weitblick zahlt sich aus! Vermeiden Sie also Last-Minute-Chaos und bereiten Sie sich stressfrei vor.

Doch Achtung: Warten Sie zunächst auf die nationale Umsetzung im BGB, bevor Sie den Button integrieren. Klarere Formulierungen im nationalen Gesetzestext oder dessen Begründung könnten zusätzliche Infos enthalten, die die Umsetzung noch erleichtern, auch wenn keine großen Änderungen zu erwarten sind. Bleiben Sie also dran und verpassen Sie keine Updates. Smarter planen: Nutzen Sie Ihr Last-Minute-Talent lieber für die nächste Reise, nicht für den Widerrufsbutton!

P.S.: Und keine Sorge – unser Rechtstexter-Team kümmert sich für unsere Kund*innen natürlich um die rechtzeitige Anpassung der Widerrufstexte und hält Sie selbstverständlich auf dem Laufenden!

22.08.24
Florian Güster, MBA

Florian Güster, MBA

Seit 2021 ist er als Legal Consultant bei Trusted Shops sowie Rechtsanwalt bei FÖHLISCH mitverantwortlich für die Entwicklung und Fortentwicklung von Legal Tech-Produkten.

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