Pfand und 3 weitere Fehler bei der Berechnung von Zusatzkosten

Inhaltsverzeichnis:

1. Muss das Pfand in den Gesamtpreis einbezogen werden?
2. Keine ausreichende Darstellung der Versandkosten
3. Unzureichender Mindermengenzuschlag
4. Kosten für Zahlungsmittel erheben
5. Unser Tipp

 

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Neben der Qualität der Ware spielt für die Kaufentscheidung der Kundschaft der Preis eine besonders große Rolle. Um eine informierte Entscheidung zu ermöglichen und optimale Preisvergleichsmöglichkeiten zu schaffen, ist die Darstellung des Preises in der Preisangabenverordnung (PAngV) rechtlich geregelt. Verstöße hiergegen werden immer wieder abgemahnt, weshalb die Einhaltung dieser Vorschriften für Online-Shops besonders wichtig ist. Bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben bestehen allerdings viele Unsicherheiten.

In diesem Rechtstipp der Woche zeigen wir typische Fehler bei der Berechnung von Zusatzkosten auf, damit Sie diese bei der Preisangabe in Ihrem Online-Shop vermeiden können.

 

1. Muss das Pfand in den Gesamtpreis einbezogen werden?

Leider gibt es auf diese einfache Frage keine einfache Antwort. § 1 Abs. 4 PAngV bestimmt, dass ein Pfand nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen, sondern dessen Höhe neben dem Preis anzugeben ist. Allerdings könnte diese Regelung gegen Europarecht verstoßen und darum nicht mehr anzuwenden sein.

Im Bereich der Preisangaben soll nämlich eine Vollharmonisierung unter den Mitgliedsstaaten erreicht werden. Das bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten grundsätzlich keine Regelungen treffen dürfen, die strenger sind als das EU-Recht. Uneinigkeit besteht allerdings über die Auslegung der Preisangaben-Richtlinie (RL 98/6/EG). Es ist unklar, ob danach das Pfand Teil des Verkaufspreises sein soll und entsprechend in den Gesamtpreis einzubeziehen ist, oder nicht. Wäre die Richtlinie so auszulegen, dass Pfand in den Gesamtpreis einzubeziehen ist, wäre die deutsche Regelung strenger und deshalb unionsrechtswidrig.

Einige deutsche Gerichte wenden § 1 Abs. 4 PAngV nun nicht mehr an, weil sie die Richtlinie genauso auslegen und die deutsche Umsetzung für unionsrechtswidrig halten. Anstelle dessen, muss gemäß § 1 Abs. 1 PAngV ein Gesamtpreis inklusive Pfand gebildet werden. Eine Darstellung des Gesamtpreises zuzüglich Pfand (wie es die PAngV eigentlich vorsieht) ist nach dieser Rechtsprechung rechtswidrig. Daraus ergibt sich für den (Online-) Handel die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unhaltbare Situation, dass diejenigen, die sich an das Gesetz halten, Unterlassungsansprüchen und Abmahnungen ausgesetzt sein können.

Im Moment ist ein Gerichtsverfahren anhängig, das diesen Zustand der Rechtsunsicherheit beseitigen sollte. Während das LG Kiel einem klagenden Wettbewerbsverein mit seinem Anliegen noch Recht gab, hat das OLG Kiel in der Berufung den Unterlassungsanspruch gegen den beklagten Shop, der den Gesamtpreis zuzüglich Pfand darstellte, abgelehnt. Zwar hält auch das OLG § 1 Abs. 4 PAngV für unionsrechtswidrig, dennoch hob es das Urteil des Landgerichts aufgrund rechtsstaatlicher Bedenken auf. Die Revision liegt nun beim BGH. Dieser hat das Verfahren momentan ausgesetzt (BGH, Beschl. v. 29.7.2021, Az.: I ZR 135/20), um dem EuGH entsprechende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorzulegen.

Bis dahin bleibt dem Online-Handel nur, die weitere rechtliche Entwicklung abzuwarten. Eine Empfehlung für die Zwischenzeit gestaltet sich in Anbetracht der Unsicherheit schwierig. Da das OLG Kiel wenigstens das rechtsstaatliche Dilemma für Gewerbetreibende anerkannt hat, sollten bis zur Entscheidung des EuGH Abmahnungen aussichtslos sein, wenn sich Online-Shops an der PAngV orientieren und den Gesamtpreis zuzüglich Pfand angeben.

 

 2. Keine ausreichende Darstellung der Versandkosten

Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV ist zusätzlich zum Gesamtpreis anzugeben, ob Versandkosten anfallen (inkl./zzgl. Versandkosten). Wer hier nicht aufpasst, dem passieren Fehler, die sich leicht vermeiden lassen.

Oft wird bei der Gestaltung des Online-Shops zwar an den Versandkostenhinweis gedacht, dieser wird allerdings oft nicht an den entscheidenden Stellen vorgesehen. Beispielsweise wird erst im Warenkorb auf die Versandkosten hingewiesen und nicht schon auf der Produktseite, wo es bereits erforderlich wäre.

Denn die Kaufentscheidung der Verbraucher soll durch die rechtliche Regelung unterstützt werden. Also muss der Hinweis auch auf den Seiten zu sehen sein, auf denen die Kaufentscheidung tatsächlich getroffen wird (vgl. BGH Urteil v. 04.10.2007, Az. 143/04).

Deshalb gilt die Grundregel: Kann die Ware auf einer Seite im Online-Shop in den virtuellen Warenkorb (= Kaufentscheidung) gelegt werden, ist ein Hinweis auf die Versandkosten erforderlich.

Auch die grafische Darstellung des Hinweises ist nicht unproblematisch. Zunächst muss der Hinweis leicht erkennbar und deutlich lesbar sein.

Darüber hinaus ist zudem erforderlich, dass der Versandkostenhinweis dem Angebot eindeutig zugeordnet werden kann. Diesem Erfordernis muss allerdings nicht zwingend mit unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem Preis Rechnung getragen werden, sondern hierzu genügt ein eindeutiger Sternchenhinweis.

Ist die Höhe der Versandkosten anzugeben?

Die konkrete Höhe der Versandkosten ist im Bestellprozess erst dann anzugeben, wenn sie tatsächlich errechnet werden kann. Davor ist der Versandkostenhinweis mit einem Link zu versehen, der Informationen enthält, die es dem Verbraucher ermöglichen, die Versandkosten zu errechnen.

 

3. Unzureichender Mindermengenzuschlag

In vielen Bereichen ist es mittlerweile üblich Produkte zu verkaufen, deren Preis außer Verhältnis zu den Versandkosten steht. Der Umsatz kann zum Beispiel beim Versand von Büroartikeln oder Handwerkerbedarf ohne Weiteres die entstehenden Kosten des Online-Shops unterschreiten. Um der Kundschaft die Bestellung trotzdem zu ermöglichen, ein Verlustgeschäft aber zu vermeiden, kann ein Mindermengenzuschlag berechnet werden.

Ein beliebter Fehler ist es, den Hinweis auf einen solchen Zuschlag in den Ausführungen über die Versandkosten zu verstecken. Dies ist nur zulässig, sollte der etwaige Verlust bei einer Bestellung über einen Mindestbestellwert ausgeglichen werden, bis zu dem Versandkosten berechnet werden (z. B. „Versandkostenfrei ab 50 € Bestellwert“). Ein solcher Hinweis bezieht sich nämlich auf die Versandkostenpolitik des Online-Shops.

Wird jedoch für den Mehraufwand ausdrücklich ein Mindermengenaufschlag berechnet, der unter Umständen sogar neben die Versandkosten tritt, handelt es sich um einen „sonstigen Preisbestandteil“ gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Auf diesen ist gesondert hinzuweisen.

Da er sich aber als fester Betrag im Voraus berechnen lässt (z. B. „Für Bestellungen, die den Mindestbestellwert von 10 € nicht überschreiten, berechnen wir einen Mindermengenaufschlag von 5 €“), ist er in den Gesamtpreis einzurechnen und nicht zuzüglich darzustellen (richtig ist: „inkl. Mindermengenzuschlag“).

Für die Darstellung des Mindermengenzuschlags gelten dann dieselben Regeln, wie für die Darstellung des Versandkostenhinweises. Er muss also leicht erkennbar und deutlich lesbar sein, außerdem muss er dem Gesamtpreis eindeutig zugeordnet werden können. Die detaillierte Erläuterung, wann und in welcher Höhe der Zuschlag erhoben wird, kann durch eine Infobox oder einen Link zugänglich gemacht werden, wie es auch bei den Versandkosten üblich ist.

Wer hier nicht aufpasst, kann schnell abgemahnt werden. Sofern es die Preisgestaltung zulässt, sollte deshalb ein Mindestbestellwert im Rahmen der Versandkosten vorgesehen werden. Dies ist aus Sicht der Kundschaft ohnehin die üblichere Alternative.

 

4. Kosten für Zahlungsmittel erheben

Schon seit 2018 gilt das sogenannte Surcharging-Verbot gemäß § 270a BGB, dass es Unternehmen verbietet, für die Nutzung von Zahlungsmitteln Gebühren zu verlangen. Nach fast drei Jahren in denen diese Reglung nun existiert, scheint das Thema also ein alter Hut zu sein.

Seit Einführung des Verbots war die Rechtslage aber bezogen auf Zahlungsdienstleister wie PayPal und Sofortüberweisung unklar. Bis zum Urteil des BGH vom 25. März 2021 (Az.: I ZR 203/19) war nur gesichert, dass Gebühren auf Überweisungen, Lastschriften und Zahlungen mit Verbraucherkarten (insbesondere Visa und MasterCard, nicht hingegen American Express) kostenlos sein müssen.

Nun hat der BGH für PayPal und Sofortüberweisung Klarheit geschaffen und es für zulässig erklärt, eine Gebühr für diese Zahlungsarten zu verlangen. Sollten Sie nun eine Nutzungsgebühr von Ihrer Kundschaft verlangen wollen, müssen Sie trotzdem § 312a Abs. 4 BGB beachten. Denn es dürfen danach nicht mehr als die “tatsächlichen Kosten” der konkreten Zahlungsmethode für den Verkäufer verlangt werden.

Achtung! Auch wenn der BGH für Rechtsklarheit gesorgt hat, ändert sich jedenfalls für Zahlungen via PayPal praktisch nichts. Denn in den AGB von PayPal ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass Zahlungsmittelaufschläge erhoben werden dürfen. Die Berechnung von Aufschlägen gilt in diesem Vertragsverhältnis als verbotene Aktivität.

 

Unser Tipp

Wenn es um das liebe Geld geht, hört die Freundschaft auf. So sieht es auch der (europäische) Gesetzgeber, der sehr bemüht ist die rechtlichen Voraussetzungen für Preiswahrheit und -klarheit zu schaffen, um Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen. Trotzdem ist die Rechtslage bisweilen unklar ist. Online-Shops sollten deshalb jedoch nicht verzweifeln, sondern sich nach Möglichkeit an den kundenfreundlichsten Alternativen orientieren. So lassen sich rechtliche Risiken regelmäßig reduzieren.

 

 

Über den Autor


Philip

Philip Peters ist seit 2018 bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Services tätig. Er hat das Masterstudium in Medienrecht und Medienwirtschaft an der Technischen Hochschule Köln absolviert und beschäftigt sich intensiv mit rechtlichen Fragestellungen des E-Commerce und mit dem Thema Legal Tech. Als Legal Consultant betreut er die Trusted Shops Legal Produkte und ist als Blog-Autor tätig.

09.09.21

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