Umweltschutzpflichten für den Online-Handel beim Verkauf nach Frankreich

Schluss mit Ressourcenverschwendung: Der französische Gesetzgeber hat zwei Gesetze erlassen, die die Lebensmittelverschwendung verringern und nachhaltigeren Konsum fördern sollen. Die beiden Gesetze verpflichten unter anderem Online-Shops, die ihre Produkte auf dem französischen Markt verkaufen wollen. Dass Frankreich es mit dem Umweltschutz ernst meint, zeigen auch die Strafen im Falle eines Verstoßes. In diesem Rechtstipps der Woche zeigen wir Ihnen, welche Umweltschutzpflichten Sie beim Verkauf nach Frankreich einhalten müssen.

Das französische Anti-Verschwendungsgesetz und das Klimagesetz

Der französische Gesetzgeber hat das sog. Anti-Verschwendungsgesetz schon Anfang 2020 verabschiedet. Einige der Pflichten gelten jedoch erst seit dem 1. Januar 2022. Durch das Gesetz wurden unter anderem das französische Umweltgesetzbuch sowie das Verbrauchergesetzbuch geändert. Es hat mit folgenden fünf Schwerpunkten einen breiten Anwendungsbereich:

  1. Abschaffung von Einwegplastik
  2. Bessere Verbraucherinformationen
  3. Kampf gegen Verschwendung und für eine solidarische Wiederverwendung
  4. Kampf gegen programmierte Obsoleszenz
  5. Bessere Produktion

Am 22. August 2021 verabschiedete Frankreich noch ein weiteres Gesetz: das Gesetz zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen seine Auswirkungen. Dieses sieht unter anderem die Pflicht vor, Auswirkungen des Produkts auf das Klima mittels eines „Umweltetiketts“ und in der Werbung kenntlich zu machen.

Die erweiterte Herstellerverantwortung

Der französische Gesetzgeber wendet das von der EU eingeführte Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung an. In Deutschland gilt dieses Prinzip bisher nur für Batterien, Elektrogeräte und Verpackungen. Frankreich hingegen hat das Prinzip auf diverse Produktkategorien, wie z. B. Möbelstücke, Spielzeug oder Sport- und Freizeitartikel ausgeweitet.

Danach gilt: Wer ein Produkt, durch das Abfall erzeugt wird, herstellt, vertreibt oder importiert, muss für die Vermeidung und Bewirtschaftung der daraus entstehenden Abfälle sorgen oder dazu beizutragen. Die Pflicht trifft danach nicht nur Hersteller im engen Sinne, sondern auch Online-Shops.

Beitritt zu sog. Producer Responsibility Organisations oder Einrichtung eines eigenen Systems

Um die erweiterten Herstellerpflichten zu erfüllen, gibt es zwei Lösungen: eine individuelle und eine kollektive. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, ein eigenes Abfallrücknahmesystem einzurichten. Dies ist jedoch für Online-Händler*innen mit Sitz in Deutschland kaum realisierbar.

Deshalb empfiehlt sich der Beitritt zu einem Kollektiv, einer sog. Producer Responsibility Organisation (PRO), bzw. auf Französisch éco-organsime. Der Hersteller bezahlt Beiträge an die PRO, diese übernimmt dafür die Einhaltung der Verpflichtungen im Zusammenhang mit der erweiterten Herstellerverantwortung. Für die jeweiligen Produktkategorien gibt es eigene jeweils zuständige Producer Responsibility Organisations.

Die Registrierungs- und Kennzeichnungspflicht

Um lückenlos zu erfassen, wer sich an die Umweltschutzpflichten halten muss und hält, hat der französische Gesetzgeber eine Registrierungspflicht eingeführt. Seit dem 1. Januar 2022 müssen sich Hersteller, die dem Grundsatz der erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen, bei der zuständigen Behörde Agence de l’Environnement et de la Maîtrise de l’Energie (ADEME) registrieren lassen. Sie führt das Register SYDEREP und stellt Herstellern eine eindeutige Kennung aus.

Pro Marktakteur kann es mehrere Registrierungsnummern (sog. IDU-Nummern) geben, da die Nummern pro Produktkategorie vergeben werden. Vertreibt ein Hersteller Produkte aus verschiedenen Kategorien, bekommt er also mehrere Registrierungsnummern. Hersteller müssen alle Registrierungsnummern sowohl in den AGB als auch im Impressum angeben.

Die Rücknahmepflicht

Vertreiber von Produkten, die der erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen, können verpflichtet werden, gebrauchte Produkte von Endnutzer*innen kostenlos zurückzunehmen oder in ihrem Namen zurücknehmen zu lassen.

Derzeit betrifft diese Pflicht:

  • Elektrische und elektronische Geräte
  • Inhalte und Behälter von Chemikalien, die ein erhebliches Risiko für die Gesundheit und die Umwelt darstellen können
  • Einrichtungsgegenstände, gepolsterte Sitz- oder Liegeprodukte und Textildekorationselemente
  • Spielzeug
  • Artikel für Sport und Freizeit
  • Heimwerker- und Gartenartikel
  • Einwegpatronen für Brenngas

Die Pflicht hängt von der Größe der Verkaufsfläche für die jeweiligen Produkte oder vom Jahresumsatz ab. Teilweise sind gar keine Schwellen vorgesehen.

Online-Händler*innen müssen die Kundschaft vor Abschluss des Kaufs auf sichtbare, lesbare und leicht zugängliche Weise über die zur Verfügung gestellten Rücknahmebedingungen informieren. Verstöße gegen diese Pflicht werden mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 1.500 Euro für natürliche Personen und 7.500 Euro für juristische Personen geahndet. Die Sanktionen können schärfer ausfallen, sollte der Hersteller wiederholt seine Pflichten verletzen.

Kennzeichnungs- und Informationspflichten

Neben der eben gesehenen Ausdehnung der erweiterten Herstellerverantwortung auf verschiedene Produktkategorien, soll ein bestmögliches Recycling auch durch Kennzeichnungs- und Informationspflichten erreicht werden. Wichtig sind insbesondere die folgenden Kennzeichnungs- und Informationspflichten:

  • Hersteller sind verpflichtet, Verbraucher*innen durch Kennzeichnung, Etikettierung, Anbringung oder andere geeignete Mittel über umweltbezogene Eigenschaften und Merkmale des Produkts, darunter z. B. die Verwendung von recyceltem Material oder die Nutzung erneuerbarer Ressourcen, zu informieren.
  • Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten müssen Verbraucher*innen kostenlos über den Reparatur-Index dieser Geräte informieren. Der Index sagt aus, wie gut oder schlecht ein Produkt reparierbar ist.
  • Triman-Logo: Jedes in Frankreich in Verkehr gebrachte Produkt, das für Haushalte bestimmt ist, und dem Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung unterliegt (mit Ausnahme von Getränkebehältern aus Glas für den Haushalt), muss mit einer Kennzeichnung versehen werden, die Verbraucher*innen darüber informiert, dass dieses Produkt Sortiervorschriften unterliegt. Zusätzlich sind Informationen über die Art und Weise der Sortierung oder des Einbringens der Abfälle erforderlich, sog. Info-tri.
  • Hersteller von Einrichtungsgegenständen sowie von elektronischen und elektrischen Produkten müssen darüber informieren, ob Ersatzteile verfügbar sind oder nicht.
  • Die gesetzliche Konformitätsgarantie wurde geändert: Seit Anfang 2022 wird das Vorliegen eines Mangels bei der Lieferung einer gebrauchten Ware 12 Monate lang ab Lieferung (statt früher sechs) vermutet. Außerdem wurde die Gewährleistungsfrist um sechs weitere Monate verlängert, wenn das Produkt innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf im Rahmen der gesetzlichen Konformitätsgarantie repariert wird. Über die gesetzliche Konformitätsgarantie müssen Sie in Ihren AGB informieren.

Verstöße gegen die Informationspflichten werden mit Bußgeldern sanktioniert. Diese können pro Verstoß bis zu 3.000 Euro für natürliche und 15.000 Euro für juristische Personen betragen.

In unserem Rechtstipp der Woche „Französisches Anti-Verschwendungsgesetz: Diese Informationspflichten gelten bald für den deutschen Online-Handel“  finden Sie Genaueres zu den verschärften Informationspflichten nach dem Anti-Verschwendungsgesetz.

Unser Tipp

In Frankreich gilt die erweiterte Herstellerverantwortung für weitaus mehr Produktkategorien als in Deutschland. Deshalb kann es gut sein, dass auch Sie als Online-Händler*in mit Sitz in Deutschland diesen Pflichten unterliegen, wenn Sie Ihren Shop auch an französische Verbraucher*innen richten. Machen Sie sich mit den Vorschriften vertraut – wir unterstützen Sie gern.

Über die Autorin


Naveen Aricatt

Naveen Aricatt, LL.M Legal Consultant UK bei Trusted Shops und in dieser Funktion verantwortlich für das englische Recht. Sie studierte International Business Law and Business Management an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Seit 2009 ist sie für Trusted Shops tätig -zunächst als Auditorin für Deutschland, dann auch für Frankreich und Großbritannien. 2013 absolvierte sie einen Master in Law an der Queen Mary University of London. Sie ist Autorin des englischen Trusted Shops handbook for online retailers und schreibt regelmäßig rechtliche Beiträge für den Trusted Shops UK Blog, sowie Fachartikel zum E-Commerce-Recht in Großbritannien.

04.10.23
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