Unter Kaufleuten: Diese Regelungen gelten für Ihren B2B-Online-Shop

Inhaltsverzeichnis:

1. Ab wann ist jemand ein „Kaufmann“?
2. Die Pflicht zur Rechnungsstellung
3. Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten
4. Aufbewahrungspflichten für Online-Händler*innen
5. Unser Tipp

Im Online-Handel spielt neben dem Verkauf der Produkte an Endverbraucher*innen auch der gewerbliche Absatzmarkt oft eine wichtige Rolle.
Solange die „essentialia negotii“, also die wesentlichen Vertragsinhalte (Vertragsgegenstand, Vertragsparteien, Vergütung) wirksam vereinbart wurden, bietet der B2B-Bereich, gerade durch die fehlenden Verbraucherschutzrichtlinien, vergleichsweise wenig gesetzliche Einschränkungen. Voraussetzung dafür, dass die Verbraucherschutzvorschriften nicht anwendbar sind, ist eine wirksame Beschränkung des Onlineshops auf den B2B-Bereich.
Doch auch im B2B-Bereich müssen besondere handelsrechtliche Regelungen beachtet werden.
Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Auswahl der handelsrechtlichen Rahmenbedingungen im B2B-Bereich vor.

Ab wann ist jemand ein „Kaufmann“?

Ob für einen Online-Shop weitere, besondere handelsrechtliche Regelungen im gewerblichen Absatzmarkt beachtet werden müssen, muss zuallererst entschieden werden, inwiefern jemand die „Kaufmannseigenschaften“ im Sinne des Handelsgesetzbuch (HGB) erfüllt.
Da es sich beim „Kaufmann“ um einen festgelegten rechtlichen Begriff handelt, verwenden wir dafür keine weibliche Form, gleichwohl darunter natürlich auch Frauen zu verstehen sind.
Grundsätzlich gibt es fünf verschiedene Formen des Kaufmanns, die zusammen im HGB aufgeführt und geregelt sind.

Der Ist-Kaufmann

Der sogenannte „Ist-Kaufmann“ ist ein Kaufmann, der ein Handelsgewerbe betreibt.

Ein Handelsgewerbe ist wiederum jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Demnach ist jede Person, die selbstständig, planmäßig, dauerhaft und mit Gewinnerzielungsabsicht unternehmerisch am Markt in Erscheinung tritt, Betreiber*in eins Gewerbes.

Kein Handelsgewerbe liegt in der Regel bei sogenannten „Kleingewerbetreibenden“ oder bei Privatverkäufen vor.
Ebenso sind von dem Begriff des Gewerbetreibenden die freien Berufe wie Rechtsanwälte oder Ärzte ausgenommen.

Der Kann-Kaufmann

Als „Kann-Kaufmann“ wird jemand bezeichnet, der ein Kleingewerbe betreibt, welches kein Handelsgewerbe darstellt, jedoch trotzdem im Handelsregister eingetragen ist. Der oder die Gewerbetreibende ist durch diese Eintragung in das Handelsregister dem Ist-Kaufmann gleichgestellt.
Es bestehen somit die gleichen Rechte und Pflichten.

Der Form-Kaufmann

Die Eigenschaft des „Form-Kaufmanns“ erlangen Handelsgesellschaften kraft ihrer Rechtsform. Dabei ist nicht beachtlich, ob wirklich ein Handelsgewerbe betrieben wird. Der Gesetzgeber schreibt diesen Gesellschaften die Eigenschaft des Kaufmannes ohne eine Möglichkeit des Gegenbeweises zu.

Zu den Handelsgesellschaften, die allein aufgrund ihrer Rechtsform die Kaufmannseigenschaft haben, zählen Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Unternehmergesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien.
Die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft erlangen die Kaufmannseigenschaft, sobald sie Ihre Geschäfte aufnehmen oder spätestens mit ihrer Eintragung in das Handelsregister.

Der Schein-Kaufmann

Unter einem Schein-Kaufmann ist eine Person zu verstehen, die im Handelsverkehr als Kaufmann auftritt, allerdings kein Kaufmann im Sinne des Gesetzes ist.

Der Fiktiv-Kaufmann

Ein Fiktiv-Kaufmann ist wie ein Ist-Kaufmann oder ein Form-Kaufmann im Handelsregister eingetragen. Im Gegensatz zu den anderen Kaufleuten ist der Fiktivkaufmann aber nicht dazu berechtigt, im Handelsregister zu stehen, weil dieser kein Handelsgewerbe betreibt.

Durch §5 HGB wird aus Gründen des Verkehrsschutzes jedoch davon ausgegangen, dass der Kaufmann, der im Handelsregister eingetragen ist, die Kaufmannseigenschaft besitzt.
Die Kaufmannseigenschaft des Fiktiv-Kaufmanns wird somit zum Schutz der Handelsregistereintragung fingiert.

Sofern Sie eine der genannten Kaufmannsvoraussetzungen erfüllen, sind neben den allgemeinen gesetzlichen Regelungen besondere Pflichten zu beachten.

Weitergehende Informationen zu der Kaufmannseigenschaft finden Sie in unserem Blogbeitrag „Die Kaufmannseigenschaft verständlich erklärt“!

Die Pflicht zur Rechnungsstellung

Kaufleute sind durch das Umsatzsteuergesetz (UstG) zu einer Rechnungsstellung im B2B-Bereich verpflichtet.
Eine steuerrechtliche Pflicht zur Rechnungsstellung besteht aber grundsätzlich nur, sofern der oder die Leistungsempfänger*in Unternehmer*in oder juristische Person ist. Gegenüber Verbraucher*innen besteht eine Pflicht zur Rechnungsstellung nach dem UStG hingegen nur für Leistungen, die in Zusammenhang mit einem Grundstück stehen.

Dabei müssen besonders die jeweiligen Pflichtinformationen beachtet werden.
Rechnungen müssen gemäß dem UstG folgende Angaben enthalten:

  • Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers

  • Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer

  • Ausstellungsdatum der Rechnung

  • Fortlaufende Rechnungsnummer

  • Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung

  • Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung

  • Nach Steuersätzen und -befreiungen aufgeschlüsseltes Entgelt

  • Im Voraus vereinbarte Minderungen des Entgelts

  • Entgelt und hierauf entfallender Steuerbetrag sowie Hinweis auf Steuerbefreiung

  • Ggf. Hinweis auf Steuerschuld des Leistungsempfängers

Dabei sind die Rechnungen auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung der Empfängerin oder des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine Zustimmung liegt dabei schon dann vor, wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer im Geschäftsverkehr zusätzlich zur Postadresse die eigene E-Mail-Adresse verwendet.
Ein Beifügen zu den üblichen Transaktionsmails bietet sich gerade im Online-Handel an.

Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten

Eine weitere Folge der Kaufmanneigenschaft ist, dass alle Geschäfte eines Kaufmanns als sogenannte Handelsgeschäfte anzusehen sind.
Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören.
Solche Handelsgeschäfte unterliegen handelsrechtlichen Sonderregelungen, die den Bedürfnissen des Handelsverkehrs angepasst sind.

Ist das Geschäft für beide Vertragsparteien ein Handelsgeschäft, handelt es sich demnach bei beiden Vertragsparteien um Kaufleute, obliegen der Käuferin oder dem Käufer Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten gemäß §377 HGB.

Durch die Untersuchungsobliegenheit ist die Käuferin oder der Käufer verpflichtet, die Ware unverzüglich nach Ablieferung auf etwaige Mängel zu untersuchen. Kommt die Käuferin oder der Käufer der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nicht nach, gilt die Ware durch die Käuferin oder den Käufer als genehmigt. In der Folge können durch die Käuferin oder den Käufer keine Mangelgewährleistungsrechte mehr geltend gemacht werden, es sei denn, es liegt eine arglistige Täuschung über den Mangel seitens der Verkäuferin oder des Verkäufers vor.

Art, Umfang und Rechtzeitigkeit der Untersuchung bestimmen sich dabei aus „objektiver Sicht eines ordentlichen Kaufmanns“ und Interessenslage von Käufer*in und Verkäufer*in.

Bei größeren Mengen ist es jedoch ausreichend, dass die Käuferin oder der Käufer stichprobenartige Untersuchungen durchführt. Dabei kann der Grundsatz beachtet werden, dass umso detailliertere Untersuchungen erforderlich sind, umso größer ein möglicher Schadenseintritt ist.

Falls in der Folge dieser Untersuchungen verschiedene Mängel auftreten, ist die Käuferin oder der Käufer verpflichtet, diese unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, der Verkäuferin oder dem Verkäufer anzuzeigen.
Wird der Mangel erst später entdeckt, muss dies ebenfalls der Verkäuferin oder dem Verkäufer unverzüglich nach Entdeckung mitgeteilt werden.

Aufbewahrungspflichten für Online-Händler*innen

Weiterhin verpflichtet die Abgabenordnung (§147 AO) und das Handelsgesetzbuch (§257 HGB) alle Kaufleute zur Aufbewahrung ihrer Unterlagen. Die Buchführung muss dabei so gestaltet sein, dass alle Geschäftsvorfälle auch durch Dritte lückenlos nachvollzogen werden können.

Zur Aufbewahrung verpflichtet sind wiederrum alle Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege.
Besonders relevant für den Online-Handel ist in diesem Kontext, dass auch elektronische Nachrichten, z.B. E-Mails oder Nachrichten über ein Online-Kontaktformular sowie Listen und Protokolle eines EDV-Systems, mit erfasst werden.

Keine Aufbewahrungspflicht besteht für Nachrichten mit reinem Werbecharakter, bei Unterlagen ohne Bezug zu einem konkreten Handelsgeschäft oder für Unterlagen in Bezug auf Verträge, welche mangels wirksamer Annahme des Angebots nicht zustande gekommen sind.

Die Aufbewahrungsfristen

Für den Online-Handel gibt es zwei wichtige Aufbewahrungsfristen, die von Bedeutung sind.
Buchungsbelege, wie zum Beispiel eine Rechnung, müssen zumindest als Kopie für zehn Jahre gespeichert werden.
Handels- und Geschäftsbriefe sind dagegen sechs Jahre aufzubewahren. Falls es sich jedoch bei einem Geschäftsbrief zugleich um einen Buchungsbeleg handelt, wird dieser Geschäftsbrief einem Buchungsbeleg gleichgestellt und muss ebenfalls für zehn Jahre aufbewahrt werden.

Weitergehende Informationen zu diesem Thema können Sie in unserem Blogbeitrag „Welche Aufbewahrungspflichten gelten für Online-Händler?“ finden!

Unser Tipp

Wenn Sie Ihren Online-Shop wirksam auf den B2B-Bereich beschränkt haben, fällt das Verbraucherschutzrecht weg. Das macht das Leben leichter, jedoch müssen weiterhin Regeln beachtet werden: Wesentliche Vertragsbestandteile müssen klar sein, Rechnungen müssen gestellt werden sowie die formalen und inhaltlichen Anforderungen erfüllen und auch im B2B-Bereich gelten handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten. 

 

 

Über den Autor

 

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Frieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und als Teamleiter Legal Consultants bei Trusted Shops tätig. Frieder ist seit 2011 bei Trusted Shops und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Rechtsgebieten Wettbewerbsrecht, E-Commerce-Recht, Datenschutzrecht. Er ist Blog-Autor, Referent bei verschiedenen Veranstaltungen und betreut neben den Legal Products größere individuelle Rechtsberatungsprojekte.

 

 

12.01.23

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