Unterlassungserklärung abgegeben? – Das müssen Sie jetzt beachten!

Sie haben aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes, der Verletzung von Urheber-, Marken- oder Designrechten oder der Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Abmahnung erhalten? Das kann schneller gehen als man denkt.

Bereits fehlende Grundpreisangaben, ein unvollständiges Impressum oder die Nutzung von Bildern ohne vorherige Zustimmung können Sie teuer zu stehen kommen. In unseren Rechtstipps informieren wir Sie regelmäßig über die gängigen Fehler, die zu vermeiden sind. Doch was ist zu beachten, wenn es schon zu spät ist?

 

Abmahnung - Was ist das noch mal genau?

Nach dem Willen des Gesetzgebers dient die Abmahnung der außergerichtlichen Streitbeilegung und soll helfen, kostengünstig und effektiv Wettbewerbsverstöße zu beheben.

Eine Abmahnung beinhaltet regelmäßig eine vorformulierte Unterlassungserklärung. Unterschreiben Sie diese, kommt ein wirksamer Unterlassungsvertrag zustande, in dem Sie sich verspflichten, das abgemahnte Verhalten für die Zukunft zu unterlassen. Verstoßen Sie gegen die Vereinbarung in dem Vertrag  führt das zur Fälligkeit einer Vertragsstrafe.

Daher nennt man diese Unterlassungserklärungen auch „strafbewehrt“. Die Vertragsstrafe ist häufig in der Vereinbarung schon konkret beziffert und kann pro Verstoß 5.000 EUR und mehr betragen.

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Einstweilige Verfügung und Unterlassungstitel

Wenn Sie die Unterlassungserklärung nicht abgeben, kann die Abmahnerin bzw. der Abmahner ggf. gerichtliche Schritte einleiten und einen Unterlassungstitel erwirken. Das geht z. B. durch eine einstweilige Verfügung oder ein Urteil vor Gericht. Mit dem Titel ist dann die Vollstreckung möglich. Bei Verstößen kann ein Ordnungsgeld – potentiell bis 250.000 EUR - beim Gericht beantragt werden.

Daher ist sowohl nach Abgabe einer Unterlassungserklärung als auch nach Erlass eines gerichtlichen Unterlassungstitels äußerste Vorsicht geboten, den ursprünglichen Verstoß nicht noch einmal zu begehen.

Doch was beinhaltet die Unterlassungsverpflichtung konkret und kann auch eine Haftung für Dritte bestehen? 

 

Vertragliche Unterlassungserklärung – Wer haftet?

Haben Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, richten sich Ihre Unterlassungs- und Beseitigungspflichten nach  § 339 BGB. Die Vertragsstrafe müssen Sie dann zahlen, wenn Sie die zu unterlassende Handlung begehen.

Da es sich um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt, ist auch § 278 BGB anwendbar. Sie müssen daher auch für das Verschulden der Personen eintreten, derer Sie sich zur Erfüllung Ihrer Verbindlichkeiten bedienen. Das bedeutet, dass Sie also auch für die Verstöße Ihrer sog. Erfüllungsgehilfen (z. B. Ihrer Angestellten) haften.

 

Gerichtlicher Unterlassungstitel – Wer haftet?

Hat ein Gericht eine einstweilige Verfügung oder ein Urteil, das Sie zur Unterlassung zwingt, gegen Sie erlassen, kann gegen Sie bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld verhängt werden. Werden Sie gerichtlich zur Unterlassung verpflichtet, haften Sie zwar nicht nach § 278 BGB für Ihre Erfüllungsgehilfen, doch trifft Sie immer noch ein Organisationsverschulden, also die Pflicht, Ihren Betrieb so zu organisieren, dass Sie nicht die Rechte anderer verletzten. In der Praxis macht diese Unterscheidung keinen großen Unterschied.

Zusammenfassend kann man daher festhalten:

„Der Schuldner muss alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen, um Zuwiderhandlungen durch Angestellte und Beauftragte zu verhindern. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands, den er zu beseitigen hat, erforderlich ist.“  (OLG Frankfurt a.M. Beschl. vom 17.06.2015, 6 W 48/15; BGH Urteil vom 4.5.2017, I ZR 208/15)

 

Umfang der Unterlassungs- und Beseitigungsverpflichtung

Doch was genau ist zu unterlassen? Was sind Ihre Pflichten?

„Unterlassen“ in diesem juristischen Zusammenhang bedeutet nicht nur die abgemahnte Handlung nicht zu wiederholen, sondern auch die Beseitigung des Störungszustands. Solange also eine vorher geschaffene Rechtsverletzung andauert,  liegt keine Unterlassung vor.

Dazu müssen Sie sowohl Maßnahmen innerhalb des eigenen Unternehmens treffen, um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zu gewährleisten als auch nach außen tätig werden, um einen Ihnen zuzurechnenden Störungszustand zu beseitigen und einen neuen zu verhindern.

Die Grenze Ihrer Handlungspflicht liegt bei der Zumutbarkeit der Maßnahmen und  Zurechenbarkeit der Rechtsverletzung.

Hier sind einige praxisrelevante Beispiele aus der Rechtsprechung:

-       Haben Sie den Vertrieb eines bestimmten Produktes zu unterlassen, müssen Sie nicht nur zukünftig den Verkauf einstellen, sondern auch bereits verkaufte Ware zurückrufen. (BGH, Urteil vom 4.5.2017 – I ZR 208/15).

Zwar kann es sein, dass  der Rückruf nicht erfolgreich ist, Sie müssen aber nachweislich mit Nachdruck und Ernsthaftigkeit die Rückerlangung der Artikel zu versuchen.

 

-       Bei unzulässigen Inhalten im Internet muss eine nachdrückliche, schriftliche Aufforderung an die Betreiber der bedeutenden Suchmaschinen ergehen, die beanstandeten Medien unverzüglich zu entfernen. (OLG Celle, Beschl. v. 21.8.2017, 13 W 45/17)

Nach angemessener Zeit müssen erneut stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass weder Altverstöße fortbestehen oder erneut den Weg in die Trefferliste einer relevanten Suchmaschine gefunden haben, noch neue entstanden sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.3.2016 – 2 W 49/15).

 

-       Auch der sog. „Cache“ einer Suchmaschine muss bereinigt werden. In diesem sind auch nach Entfernen des Störungszustands auf der Ursprungsseite die alten Darstellungen noch zu finden. Insbesondere bei rechtsverletzenden eBay Angeboten kann das für Sie zum Strick werden, da diese auch nach Angebotsende weiter auf der Seite abrufbar sind (BGH, Beschl. v. 12.7.2018, I ZB 86/17).

 

-       Das OLG Celle (Beschl. vom 21.08.2017, 13 W 45/17) entschied allerdings, dass es für einen Unterlassungsschuldner nicht zumutbar sei anlassunabhängig die gängigsten Videoportale zu kontrollieren und überwachen. Die Anzahl der Plattformen und Suchbegriffe seien kaum bestimmbar. Laden autonome dritte Videos hoch, kann das dem Unterlassungsschuldner nicht zugerechnet werden.

 

Unser Tipp

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten, unterschreiben Sie nicht ungeprüft eine Unterlassungserklärung. Zunächst sollte eine spezialisierte Rechtsanwältin oder ein spezialisierter Rechtsanwalt prüfen, ob die Abmahnung überhaupt rechtmäßig ist. Der Wortlaut der Unterlassungserklärung spielt zudem eine bedeutende Rolle um festzustellen, zu was Sie sich verpflichten und ob Sie den Unterlassungsvertrag in der Zukunft einhalten können.

Lassen Sie sich von einer spezialisierten Anwaltskanzlei beraten, die Ihnen nicht nur helfen kann, den Vorwurf zu prüfen, sondern auch – sofern eine vertragliche Unterlassungserklärung abgegeben werden soll - den Wortlaut zu Ihren Gunsten zu modifizieren und das rechtliche Risiko zu begrenzen.

Auch wenn Sie zur Zahlung einer Vertragsstrafe aus einem Unterlassungsvertrag aufgefordert werden, sollten Sie keinesfalls direkt zahlen, sondern zunächst prüfen lassen, ob ein schuldhafter Verstoß tatsächlich vorliegt und Ihnen auch zurechenbar ist.

Sie haben eine Abmahnung erhalten und benötigen sofort Hilfe? Vertrauen Sie auf die Expertise der spezialisierten Trusted Shops Partner-Anwälte. Die Ersteinschätzung ist kostenlos. Hier finden Sie weitere Infos.

 

 

Über den Autor


Lazar Slavov

Lazar Slavov, LL.M.
Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH und Rechtsanwalt der Kanzlei FÖHLISCH. Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn. Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln mit Stationen u.a. bei der Mediengruppe RTL sowie der Bundesstadt Bonn. Master of Laws (Gewerblicher Rechtsschutz) an der Universität Düsseldorf. Von Mai 2014 bis Februar 2018 Tätigkeit als Rechtsanwalt im Fachbereich Marken- und Wettbewerbsrecht bei der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, dort unter anderem zuständig für die Betreuung internationaler Mandate. Seit März 2018 Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH und seit Januar 2020 Rechtsanwalt der Kanzlei FÖHLISCH.

16.04.20
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