Wo lauern Fallen bei der Angabe von Versandkosten?

An welchen Stellen muss eigentlich in Online-Shops über Versandkosten informiert werden? Dürfen Versandkosten geschätzt werden? Müssen für Lieferungen in das Ausland Versandkosten angegeben werden? In unserem Rechtstipp der Woche geben wir Ihnen kompakte Antworten auf diese und weitere Fragen.

Wo muss über die Versandkosten informiert werden?

Wenn Sie Verbrauchern Waren anbieten, haben Sie nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV anzugeben, ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen. Im Onlinehandel genügt es, bei Angeboten einen allgemeinen Hinweis aufzunehmen (z.B. „zzgl. Versandkosten“) und diesen mit einer Versandkostenaufstellung zu verlinken. Diese Informationen muss dabei auf einer Seite, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss, so platziert werden, dass sie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar sind (BGH, Urteil v. 04.10.2007, I ZR 143/04 – Versandkosten).

Zusätzlich muss, soweit die Versandkosten nicht direkt auf den Angebotsseiten in konkreter Höhe genannt werden, eine separate Nennung der Versandkosten in konkreter Höhe im Warenkorb erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2009, I ZR 50/07).

Weiter ist die Angabe der Versandkosten unmittelbar vor Abgabe der Bestellung nach § 312j Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB im Rahmen der hervorzuhebenden Pflichtinformationen notwendig. 

Müssen Versandkosten immer in konkreter Höhe angegeben werden?

Grundsätzlich ja. Die Anforderung, Versandkosten in konkreter Höhe anzugeben ergibt sich unmittelbar aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV:

„Fallen zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können.“

und Artikel 246a § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB:

„Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:

4. (…) gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können,“

Unzulässig sind daher Gestaltungen wie „Versandkosten auf Nachfrage“, oder „geschätzte Versandkosten“. 

Eine Ausnahme von der Anforderung, Versandkosten in konkreter Höhe zu nennen, kennt das Gesetz nur für die Fälle, in denen die Versandkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können.  Dies ist allerdings in den seltensten Fällen einschlägig. Nur in Ausnahmefällen können Versandkosten vernünftigerweise im Voraus nicht berechnet werden. In diesen Fällen ist über die Tatsache zu informieren, dass Versandkosten anfallen können.

Ein weiteres Problem bei der Vorgehensweise, Versandkosten nicht im Voraus konkret zu nennen, liegt im Vertragsschluss. Solange der Verbraucher die Versandkosten nicht in konkreter Höhe kennt, liegen nicht sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile vor, womit im Ergebnis kein Angebot möglich ist. Dies hätte zur Folge, dass der Vertrag erst dann geschlossen werden könnte, wenn ein Angebot seitens des Händlers mit Versandkosten in konkreter Höhe erfolgte, welches dann vom Verbraucher angenommen werden müsste.  

Im Ergebnis müssen in den allermeisten Fällen Versandkosten in konkreter Höhe angegeben werden. 

Müssen Versandkosten für Lieferungen in das EU-Ausland genannt werden?

Hierzu muss zunächst geklärt werden, welches Recht überhaupt im Handel mit ausländischen Verbrauchern gilt. Nach Artikel 6 der Rom I-Verordnung unterliegen Verbraucherverträge unter bestimmten Umständen dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In der Regel ist im Fernabsatzhandel das Recht desjenigen Staates anwendbar, in dem der Verbraucher sitzt. Die Vorschriften zu den Angaben von Versandkosten in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten haben ihre Ursprünge in verschiedenen EU-Richtlinien, was zur Folge hat, dass in jeder Rechtsordnung der EU-Mitgliedsstaaten die Nennung von Versandkosten in konkreter Höhe grundsätzlich vorgeschrieben ist. Es müssen also bei Lieferungen in das EU-Ausland auch Versandkosten genannt werden. Eine Rechtswahl ist gegenüber Verbrauchern nicht möglich. Vorsicht: Das KG Berlin (Beschluss vom 02.10.2015, 5 W 196/15) hat entschieden, dass Auslandsversandkosten regelmäßig ohne unzumutbaren Aufwand im Voraus genannt werden können (Hierzu ausführlich Martin Rätze im Shopbetreiberblog). Es ist also grundsätzlich nicht möglich, sich darauf zu berufen, die Versandkosten könnten im Voraus vernünftigerweise nicht berechnet werden. 

Müssen Versandkosten in den AGB genannt werden?

Eine Nennung der Versandkosten in den AGB ist nicht notwendig. Es genügt, dort darauf hinzuweisen, ob Versandkosten anfallen und gegebenenfalls auf die Informationen bei den Angeboten bzw. die Versandkostenaufstellung hinzuweisen. 

Unser Tipp

Versandkosten sind grundsätzlich bereits bei den Angeboten in konkreter Höhe zu nennen. Zulässig ist ein dem Preis unmittelbar zugeordneter Hinweis, z.B. „zzgl. Versandkosten“ mit einer Verlinkung zu einer ausführlichen Versandkostenaufstellung. Auch im Warenkorb müssen die Versandkosten grundsätzlich in konkreter Höhe genannt werden.

Auf der Bestellseite gehören die Versandkosten zu den sogenannten hervorzuhebenden Pflichtinformationen im Rahmen der Bestellübersicht. Auch für den Versand in das EU-Ausland müssen grundsätzlich Versandkosten in konkreter Höhe genannt werden.

 

autor_frieder_schelleFrieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit & Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.

 

18.05.17
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