Gender-Marketing im E-Commerce: Wie sinnvoll ist das?

Gender-Marketing beinhaltet Ansätze und Strategien aus dem Marketing-Umfeld, die sich auf ganz spezifische Zielgruppen ausrichten.

Diesen liegt die Annahmen zugrunde, dass gerade Frauen und Männer auf unterschiedliche Weise einkaufen.

Tatsächlich wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der Kaufentscheidungen in Privathaushalten heutzutage von Frauen getroffen wird. 

Ist es also sinnvoll, den eigenen Online-Shop speziell auf die Bedürfnisse von Frauen auszurichten? Und was sind das überhaupt für Bedürfnisse, wenn es ums Einkaufen geht?

Gender-Marketing: Was ist das?

Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur körperlich, sondern auch im angeborenen oder erlernten Verhalten.

Ein Großteil der Kaufentscheidungen in Privathaushalten wird heute von Frauen getroffen.

Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass Kaufentscheidungsprozesse bei Frauen und Männern oft unterschiedlich verlaufen. 

Gender-Marketing leitet von diesen unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorlieben Erkenntnisse ab, die bei der Produktentwicklung, im Vertrieb, dem Preis, der Kommunikation und allgemein bei der Vermarktung berücksichtigt werden.

💡Hinweis:

Generell sollten Sie alles, was das Thema Gender betrifft, möglichst sensibel behandeln.

Die gezielte Einbindung von Geschlechteridentitäten in Ihr Marketing-Vorhaben kann zwar zum Umsatzerfolg führen, andererseits aber auch darin resultieren, dass sich manche Personen Ihrer Zielgruppe nicht angesprochen oder sogar ausgegrenzt fühlen.

Beachten Sie auch, dass es möglicherweise Menschen gibt, die zu Ihrer potenziellen Kundschaft gehören und sich weder als weiblich, noch als männlich identifizieren.

Nachfolgend wollen wir Ihnen einige beispielhafte Ansätze für Gender-Marketing im E-Commerce zeigen.

Diese Ansätze fokussieren sich in erster Linie jeweils auf das Targeting einer männlichen und weiblich konnotierten Zielgruppe.

Gender-Marketing + E-Commerce = She Commerce

Das Konzept des Gender-Marketings lässt sich natürlich auch im Online-Handel anwenden, wo es häufig unter dem Namen „She-Commerce“ oder „Female Commerce“ auftaucht.

Lange sind Webseiten vorwiegend von Männern nach männlichen Bedürfnissen und Vorlieben entwickelt und gestaltet wurden – zum Beispiel im Shop-Design und im Content.

Glaubt man den Untersuchungen, die hierzu in den letzten 20 Jahren gemacht wurden, lassen sich Unterschiede im Kaufverhalten und in den Bedürfnissen bei Männern und Frauen auf folgende Punkte konzentrieren:

Einkaufserlebnis

  • Frauen shoppen: sie erleben das Einkaufen grundlegend als freudiges Ereignis.

  • Männer kaufen ein: sie erfüllen eine Aufgabe, die abgehakt werden muss.

Einkaufsprozess

  • Frauen justieren in den Phasen des Einkaufsprozesses ihre Auswahlkriterien öfter nach, der Kaufprozess verläuft gewissermaßen in Spiralen.

  • Bei Männern verläuft der Kaufprozess eher linear, d. h. in der Regel nur einmal.

Produktsuche

  • Frauen verwenden oft Longtail-Keywords. Sie konzentrieren sich auf die obersten Ergebnisse und kehren auch zu bereits besuchten Seiten zurück.

  • Männer formulieren Suchanfragen oft allgemein. Sie erhalten daher eine große Spannbreite an Ergebnissen und schauen sich oft auch das untere Ende der Suchergebnisseite an.

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Allgemeine Produktdarstellung

  • Frauen sind eher auf Subjekte fixiert: sie bevorzugen daher Produktdarstellungen im Kontext mit Menschen und Situationen.

  • Männer sind eher auf Objekte fixiert und empfinden oft freigestellte Produkte mit wenig Kontext am angenehmsten.

Vertrauenselemente

  • Nach aktuellen Untersuchungen bewerten Frauen das Risiko beim Online-Kauf höher als Männer und reagieren daher sehr positiv auf Gütesiegel.

  • Für Männer spiel das Risiko keine so große Rolle. Bewertungen sind aber für Männer wie Frauen gleichsam ein hoher Kaufanreiz.

Gender-Marketing: diskriminierend oder sinnvoll?

Viele Marken und Unternehmen haben sich diese Erkenntnisse bereits durch die Differenzierung Ihrer Produkte zunutze gemacht.

Ein Unternehmen, das aus biologischen Unterschieden und den geschlechterspezifischen Vorlieben zwei getrennte Produktlinien entwickelt hat, ist Gilette.

Hier wurde sowohl eine männliche als auch eine weibliche Variante von Rasierern von Körperbehaarung entwickelt und unterschiedlich vermarktet.

Rosane Rasierer liegen auf einer rosa Oberfläche.

Eine andere Herangehensweise hatte die Firma Bosch, als sie 2003 durch Marktforschung auf die Zielgruppe „Sporadische Heimwerker“ stieß, deren Mitglieder größtenteils weiblich waren.

Das Wunschwerkzeug dieser Zielgruppe war klein, leicht und einfach zu bedienen.

Dafür entwickelte Bosch den Akkuschrauber „Ixo“, der sich als meistverkauftes Elektrowerkzeug entpuppte – und zwar bei Frauen und Männern.

Das Design war weder pink noch mit Glitzer verziert, sondern in den klassischen Bosch-Farben gehalten.

Lesetipp 📚: Webdesign: So wählen Sie die richtigen Farben für Ihren Online-Shop aus

Gender-Marketing wird oft missverstanden

Damit sind wir bei der Form von Gender-Marketing, wie sie leider auch häufig missverstanden wird.

Nach dem Prinzip „Mach es klein und mach es rosa“ werden Produkte für Frauen vermarktet, bei denen es keinerlei Unterschiede hinsichtlich der Bedürfnisse im Vergleich zu Männern gibt.

Parallel dazu werden technische Produkte, die auf eine männliche Zielgruppe ausgerichtet sind, häufig mit Begriffen wie „Power“ und „Turbo“ versehen.

Das fängt schon im Babyalter mit dem rosa Prinzessinnen-Schnuller für Mädchen und dem blauen Feuerwehrmann-Schnuller für Jungs an und zieht sich bis zu solchen sexistischen Geschmacklosigkeiten wie einer Bratwurst der Firma Edeka.

Diese wurde einmal für Frauen mit einem „halb nackter Adonis“ auf der Verpackung vermarktet und parallel für Männer mit einem leicht bekleideten „Teufelsweib“.

Glücklicherweise empfand die Kundschaft diese Form von Marketing so negativ und äußerte sich entsprechend in sozialen Foren, dass die Produktlinie schnell eingestellt wurde.

Für viele andere Produkte gilt das leider nicht.

Hinweis 💡: Wer sich für weitere Absurditäten dieser Form von Vermarktung interessiert, dem sei die Seite goldener-zaunpfahl.de mit Beispielen zu skurrilem Gender-Marketing empfohlen.

Wie lässt sich Gender-Marketing sinnvoll einsetzen?

Wie an den vorhergehenden Beispielen zu sehen war, ist es ein sehr schmaler Grat zwischen einem Marketing, das auf wirklich bestehende Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingeht oder aber diese Bedürfnisse konstruiert, nur um das gleiche Produkt doppelt zu vermarkten.

Um nicht in die Falle von Rollenklischees und Stereotypen zu tappen, sollten sich alle, die im E-Commerce tätig sind, genau überlegen, wie sie die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen sinnvoll umsetzen.

Dies sollten Sie dann wiederum so realisieren, dass am besten keine Person aufgrund des eigenen Geschlechtes ausgegrenzt oder diskriminiert wird.

Der Online-Modeshop Zalando versucht sich von Rollenklischees zu verabschieden und präsentierte in seiner Frühjahrs- und Sommerkampagne 2020 das Gegenstück zu klassisch männlichen und weiblichen Stereotypen: die Zerotypes.

Spring-Unisex Marketingkampagne von Zalando.Bild via Zalando

Stichwort gendergerechte Sprache

Damit greift Zalando ein Thema auf, das auch über das reine Marketing hinausgeht und unsere Sprache betrifft.

Es gibt längst ein breiteres Spektrum von Geschlechtern als Mann und Frau.

Wollen Sie langfristig Erfolg haben, sollten Sie das als Unternehmen möglichst auch in der Ansprache Ihrer Kundschaft berücksichtigen.

Nachgewiesenermaßen sprechen Personenbezeichnungen im generischen Maskulin (z. B. der Kunde/die Kunden für alle Geschlechter) auch nur Männer an und grenzen alle anderen Geschlechter aus.

Wenn Sie mit Ihren Produkten und Dienstleistungen alle Menschen erreichen möchten, dann sollte Sie auch in der Sprache niemanden ausgrenzen.

Das können Sie etwa mit neutralen Formulierungen tun, die alle ansprechen oder Sie machen die Vielfalt mittels Gendersternchen deutlich.

 

Lesetipp 💡: Content-Marketing für Online-Shops: So erzielen Sie mehr Umsatz

Fazit: Gender-Marketing im E-Commerce ist sinnvoll

Letztlich ist ein gendersensibles Marketing für Unternehmen im E-Commerce eine gute Möglichkeit, sich von Wettbewerbern positiv abzugrenzen.

Und damit hat eine entsprechende Veränderung nicht nur positiven Einfluss auf immer noch sehr präsente Stereotypen und Rollenklischees unserer Gesellschaft, sondern auch auf die eigene Umsatzentwicklung.

Gender-Marketing – richtig betrieben – bedeutet also eine Win-win-Situation für mehrere Seiten.

🔎Tipp: Neben dieser Marketing-Strategie ist auch die Analyse und Optimierungen Ihrer internen Verlinkungen eine sinnvolle Investition in die Zukunft.

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13.07.23
Beate Eckstein

Beate Eckstein

Beate Eckstein ist Corporate Language Managerin bei Trusted Shops und schreibt über Markenkommunikation, Sprache im Marketing oder auch gendergerechte Sprache.

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