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Für Verbraucher*innen sieht das Fernabsatzrecht grundsätzlich ein Widerrufsrecht vor. Jedoch hat der Gesetzgeber einen abschließenden Katalog mit Ausnahmen vom Widerrufsrecht formuliert. Händler*innen können in gesetzlich festgelegten Fällen das Widerrufsrecht ausschließen (§ 312g Abs. 2 BGB). In diesem Rechtstipp der Woche möchten wir drei der Ausnahmen vom Widerrufsrecht näher beleuchten.
Nach § 312g S. 1 Abs. 2 Nr. 2 BGB besteht bei Fernabsatzverträgen das Widerrufsrecht nicht
bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde.
Eine schnelle Verderblichkeit hat das OLG Celle (Beschluss vom 4.12.2012 - 2 U 154/12) wie folgt definiert:
„Schnell verderben können Waren dann, wenn nach ihrem Transport und ihrer Verweildauer beim Verbraucher ein verhältnismäßig erheblicher Teil ihrer Gesamtlebensdauer abgelaufen wäre, wie das etwa häufig bei Lebensmitteln und regelmäßig bei Schnittblumen der Fall sein dürfte. Entscheidend für die Verderblichkeit ist also, dass es sich um Waren handelt, die sich in absehbarer Zeit nach der Versendung aufgrund eines unumkehrbaren natürlichen Vorgangs so verschlechtern, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich ist bzw. das Haltbarkeitsdatum verstrichen ist.“
Das LG hat mit Urteil vom 27.10.2010 - 13 S 33/10 entschieden, dass die Ware innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist verderben muss, um von dieser Ausnahme Gebrauch machen zu können. Nicht einheitlich geklärt ist, ob auch nach Verstreichen der 14-tägigen Widerrufsfrist von einer schnellen Verderblichkeit auszugehen ist.
Einen Spezialfall des Verderbs stellt die Überschreitung des Verfallsdatum dar. Unzulässig ist es, dass Unternehmer*innen das Verfallsdatum absichtlich kürzer angeben, um das Widerrufsrecht zu umgehen. Das Verfallsdatum muss anhand von anerkannten technischen Normen festgesetzt worden sein.
Vor allem Lebensmittel, Pflanzen und Arzneimittel können unter die Ausnahme der schnellen Verderblichkeit fallen. Jedoch ist stets im Einzelfall zu entscheiden, ob die Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Es können nicht pauschal bestimmte Produktkategorien ausgeschlossen werden.
§ 312g S. 1 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen, so dass im Zweifelsfall tendenziell davon auszugehen ist, dass das Widerrufsrecht besteht.
Nach § 312g S. 1 Abs. 2 Nr. 6 BGB besteht bei Fernabsatzverträgen das Widerrufsrecht nicht
bei Verträgen zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Hintergrund der Ausnahme ist die Gefahr einer möglichen, unbefugten Kopie der Aufzeichnung durch Verbraucher*innen.
Unter Ton-, Videoaufnahmen sowie Computersoftware fallen unterschiedliche Formen von Datenträgern, insbesondere Audiokassetten, Schallplatten, Tonbänder, CDs, CD-ROMs, Videokassetten, Filmbänder, DVDs, Disketten usw.
Eine Entsiegelung ist gegeben, wenn ein Teil der Verpackung entfernt oder durchtrennt wurde, der eindeutig als Siegel gekennzeichnet ist, wobei das Wort „Siegel“ nicht verwendet werden muss. Das LG Dortmund hat mit Urteil vom 26.10.2006 - 16 O 55/06 entschieden, dass ein Tesafilmstreifen als Versiegelung nicht ausreichend ist, da dieser jederzeit ersetzt bzw. wiederverwendet werden kann.
Eine Versiegelung liegt ebenfalls nicht vor, wenn eine CD in eine Zellophanhülle verpackt wurde, so entschied das OLG Hamm (Urteil vom 30.03.2010 - 4 U 212/09), denn diese schütze z. B. auch vor Verschmutzungen.
Eine Verpackung muss offensichtlich als Versiegelung erkennbar sein und Verbraucher*innen müssen darauf hingewiesen worden sein, dass ein Entfernen des Siegels zum Ausschluss des Widerrufsrecht führt.
Der oder die Verbraucher*in muss auch ohne Entsiegelung die Möglichkeit haben, Merkmale und Qualität der gelieferten Ware über bspw. Produktbeschreibungen oder Handbücher, zur Kenntnis zu nehmen.
Nach § 312g S. 1 Abs. 2 Nr. 4 BGB besteht bei Fernabsatzverträgen das Widerrufsrecht nicht
bei Verträgen zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden.
Der Begriff „Vermischung“ ist weit auszulegen. Eine Vermischung liegt vor, wenn die gelieferte Ware bestimmungsgemäß mit Vorhandenen verbunden wurde und diese ohne eine Substanzbeschädigung nicht mehr voneinander getrennt werden können. Gemeint ist u. a. geliefertes Heizöl, das untrennbar mit noch im Tank befindlichen Öl vermischt wurde, somit Fälle, in denen die Vermischung unmittelbar mit der Lieferung eintritt.
Werden die gelieferten Materialen bei der Lieferung unmittelbar erfolgend bestimmungsgemäß verbraucht, greift die Ausnahme ebenfalls.
Diese Ausnahme beschränkt sich auf Waren. Nicht umfasst sind Dienstleistungen oder die leitungsgebundene Versorgung mit Wasser, Strom, Gas oder Fernwärme.
Verbraucher*innen müssen klar und deutlich über Ausnahmen vom Widerrufsrecht informiert werden.
Ob Ihre Waren vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind, sollte im Zweifel immer im Rahmen einer individuellen rechtlichen Beratung geklärt werden, um das Risiko einer Abmahnung zu vermeiden.
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