Neue Kennzeichnungspflichten für Handys, Kopfhörer und Co.
Elektronik-Shops aufgepasst! Ab 28.12.2024 gelten für bestimmte Produkte neue Kennzeichnungspflichten hinsichtlich eines eventuell enthaltenen Ladegeräts.
Im Juni 2014 änderte sich viel im deutschen Fernabsatzrecht. Hintergrund war das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie der EU, welche u.a. das Widerrufsrecht unionsweit harmonisierte. Seitdem mussten sich auch diverse Gerichte mit dem neuen Recht beschäftigen. Wir haben die wichtigsten Urteile zum Widerrufsrecht für Sie zusammengetragen.
Zu den wichtigsten Neuerungen beim Widerrufsrecht zählten:
Einen vollständigen Überblick finden Sie in dieser Beitragsreihe meines Kollegen Martin Rätze.
Früher bestand die Widerrufsbelehrung aus langen Paragrafenketten – eine unvollständige Wiedergabe oder ein Verweis auf veraltete Gesetzesnormen wurde regelmäßig abgemahnt. Die aktuelle Muster-Widerrufsbelehrung verzichtet glücklicherweise auf solche für Verbraucher irrelevante Aufzählungen.
Jedoch wird für den Fristbeginn nun auf den Zeitpunkt abgestellt, zu welchem der Verbraucher die Ware erhält. Je nachdem ob Waren aus einer Bestellung zusammen oder getrennt geliefert werden oder ob eine Ware in mehreren Teilsendungen geliefert wird, können unterschiedliche Fristbeginne gewählt werden.
Diesbezüglich entschied das LG Frankfurt a.M. (Beschluss v. 21.05.2015, 2-06 O 203/15) in einem Verfahren gegen einen großen Möbelhändler, dass die Kombination mehrerer Möglichkeiten des Fristbeginns dann unzulässig ist, wenn bei dem Verbraucher Eindruck erweckt wird, es könne mehr als eine Möglichkeit des Fristbeginns bestehen.
Mit der Novellierung des Verbraucherrechts wurde auch ein telefonischer Widerruf möglich, sodass nach der Muster-Widerrufsbelehrung, "soweit verfügbar" auch eine Telefonnummer anzugeben ist.
Hierzu entschieden sowohl das OLG Hamm als auch vor kurzem das OLG Frankfurt, dass „soweit verfügbar“ gleichzusetzen ist mit "soweit existent" (OLG Hamm, Beschluss v. 24.03.2015, I-4 U 30/15; OLG Frankfurt, Beschluss v. 04.02.2016, 6 W 10/16). Sobald ein Online-Händler also eine Telefonnummer in seinem Shop angibt (hierzu ist er verpflichtet), ist diese auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Wichtig: Dies betrifft nur die Belehrung, nicht das Muster-Widerrufsformular! Dieselbe Problematik gilt genauso für die Angabe einer Faxnummer.
Jedoch darf hier keine Mehrwert-Dienste-Nummer angegeben werden, da hohe Kosten den Verbraucher von einer Ausübung des Widerrufsrechts abhalten können. (z.B. 0900). Ob eine 0180-Nummer angegeben werden darf, ist umstritten: Während das LG Hamburg dies bejahrte, hat das LG Stuttgart einen ähnlich gelagerten Fall dem EuGH vorgelegt (LG Stuttgart, Beschluss v. 15.10.2015, 11 O 21/15). Wir empfehlen, hier entweder eine kostenlose Telefonnummer oder eine zum Ortstarif anzugeben.
Einen ausführlichen Beitrag zur Angabe der Telefonnummer finden Sie übrigens in diesem Tipp der Woche.
Da die Muster-Widerrufsbelehrung gesetzlich privilegiert ist, sollte stets auf diese zurückgegriffen und Anpassungen nicht leichtfertig vorgenommen werden. Ferner gilt es zu berücksichtigen, dass das Muster-Widerrufsformular nicht optional ist: Sie müssen dies zwingend zur Verfügung stellen. Das Formular ist unverändert zur Verfügung zu stellen, d.h. Änderungen, etwa durch das Einfügen weiterer Felder, sind nicht möglich.
Bei unvollständigen, unzutreffenden oder einer veralteten Widerrufsbelehrung drohen teure Abmahnungen! Sie sind sich unsicher, ob Ihre Belehrung den aktuellen Vorgaben entspricht? Dann durchlaufen Sie unseren kostenlosen Rechtstexter.
Eine Abweichung von den neuen Vorschriften zum Widerrufsrecht wurde hingegen ausdrücklich als zulässig angesehen: Das OLG Frankfurt a.M. entschied, dass diese Verlängerung der Widerrufsfrist die Belehrung nicht falsch mache, und es daher möglich sei, die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen auf einen Monat zu verlängern (Beschluss v. 07.05.2015, 6 W 42/15).
Nach altem Recht konnte ein Widerruf auch durch eine kommentarlose Rücksendung der Ware erfolgen. Dies ist seit dem 13.06.2014 nicht mehr möglich. Der Widerruf hat mittels eindeutiger Erklärung gegenüber dem Unternehmer zu erfolgen (§ 355 Abs. 1 BGB).
So entschied auch das AG Dieburg, dass eine Annahmeverweigerung keine solche eindeutige Erklärung darstelle (Urteil v. 04.11.2015, 20 C 218/15 (21)). Jedoch ist es auch nicht notwendig, zwingend den Begriff "Widerruf" zu verwenden. Nach dem AG Bad Segeberg kann auch eine "Kündigung" eine solche eindeutige Erklärung darstellen (Urteil v. 13.04.2015, 17 C 230/14, allerdings zu einem Vertrag, bei welchem dem Verbraucher kein Kündigungsrecht zustand).
Nach § 357 Abs. 7 BGB hat Verbraucher dann Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn "der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war" und er entsprechend über sein Widerrufsrecht unterrichtet wurde.
Die deutschen Gerichte räumen den Verbrauchern hier weite Prüfungsmöglichkeiten ein. So entschied das AG Bremen kürzlich, dass auch das Probeschlafen auf einer Matratze nicht zum Wertersatz berechtigt (Urteil v. 15.04.2016, 7 C 273/15).
Auch in der Zukunft wird es für Online-Händler nicht langweilig. 2018 wird die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft treten, welche das europäische Datenschutzrecht vollständig reformieren wird (Beitrag). Und kürzlich hat die EU ein Maßnahmen-Paket für den Online-Handel vorgestellt, welches grenzüberschreitende Verkäufe fördern soll (Beitrag).
Darüber hinaus werden die deutschen Gerichte natürlich auch in den nächsten Jahren das neue Verbraucherrecht auslegen und konkretisieren.
Das Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes der Verbraucherrechterichtlinie ist mittlerweile zwei Jahre her und es liegen bereits verschiedenste Gerichtsentscheidungen vor. Online-Händler sollten darauf achten, dass Ihre Rechtstexte auch diesen Rechnung tragen. Wer noch eine alte Widerrufsbelehrung verwendet, bei dem besteht in jedem Fall akuter Handlungsbedarf.
Rechtsprechung führt zu immer neuen Entwicklungen im Verbraucherrecht. Seien Sie daher gewappnet und halten mit unseren Abmahnschutzpaketen Ihre Rechtstexte immer auf aktuellem Stand.
Über die Autorin
Madeleine Pilous ist Master of Laws (LL.M.) und als Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit betreute sie den Audit-Prozess deutscher und österreichischer Key Accounts und setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, insbesondere dem Fernabsatz- und E-Commerce-Recht auseinander. Sie ist Blog-Autorin, an größeren Beratungsprojekten v.a. zum Bestellprozess-Relaunch von Online-Shops beteiligt und betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete.
Elektronik-Shops aufgepasst! Ab 28.12.2024 gelten für bestimmte Produkte neue Kennzeichnungspflichten hinsichtlich eines eventuell enthaltenen Ladegeräts.
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.