Lieferketten­­­­­­sorgfalts­­­­­pflich­­­ten­gesetz – nichts für KMU?

Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz

In den Medien wird aktuell viel über die Bemühungen der EU Mitgliedsstaaten berichtet, sich auf gemeinsame Regelungen über Nachhaltigkeit und Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zu einigen. Nur am Rande wird erwähnt, dass in Deutschland bereits ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gilt, dessen Anwendungsbereich seit Anfang 2024 deutlich erweitert wurde. Ob Sie als Online-Händler*in betroffen sind und welche Pflichten gegebenenfalls auf Sie zukommen, erfahren Sie in unserem Rechtstipp der Woche.

Welches Ziel verfolgt das Gesetz?

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) soll dazu führen, dass deutsche Unternehmen ihrer Verantwortung in der Lieferkette hinsichtlich der Achtung von Menschenrechten und Umweltschutz Rechnung tragen.

Durch ihre Sorgfaltspflichten müssen die Unternehmen insbesondere die folgenden Risiken bzw. Rechtsverletzungen vorbeugen:

  • das Verbot Kinder- und Zwangsarbeit sowie aller Formen der Sklaverei oder Unterdrückung
  • das Verbot der Missachtung des Arbeitsschutzes, der Koalitionsfreiheit
  • das Verbot der Ungleichbehandlung
  • das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns
  • das Verbot der Herbeiführung schädlicher Veränderung von Boden, Gewässern und Luft
  • das Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, Wäldern und Gewässern.

Was ist unter Lieferkette zu verstehen?

Die Sorgfaltspflichten des Unternehmens beschränken sich auf die eigene Lieferkette. Der Begriff der Lieferkette ist in § 2 Abs. 5 LkSG definiert und bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den Endkunden und erfasst
  • das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
  • das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und
  • das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.

Aus den Gesetzesmaterialen lässt sich ableiten, dass auch der Vertrieb und somit auch der Einsatz von Online-Diensten wie z.B. einer Online-Plattform erfasst sind. In diesem Zusammenhang muss abgewartet werden, ob und inwiefern sich eine ausdifferenzierte Rechtspraxis bilden wird. Teilweise werden in die Lieferkette auch Tätigkeiten wie die Wiederverwertung oder die Entsorgung von Altprodukten einbezogen.

Welche Unternehmen sind betroffen?

In territorialer Hinsicht sind Adressaten des LkSG Unternehmen, die ihren Sitz (Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz bzw. satzungsmäßigen Sitz) oder eine Zweigniederlassung in der Bundesrepublik haben.

Der zweite Anknüpfungspunkt für die Anwendung des LkSG ist die Beschäftigtenzahl. Bei seinem Inkrafttreten zum 01. Januar 2023 erfasste das Gesetz Unternehmen, die in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer*innen im Inland beschäftigen. Diese Grenze wurde zum 01. Januar 2024 auf 1.000 Arbeitnehmer*innen gesenkt. In der Berechnung werden ins Ausland entsandten Mitarbeiter*innen sowie Leiharbeitnehmer*innen ab einer Einsatzdauer von sechs Monaten berücksichtigt. Bei verbundenen Unternehmen soll eine Gesamtbetrachtung aller im Inland Beschäftigten erfolgen. Durch die weiche Formulierung „in der Regel“ soll laufender Personalentwicklungen Rechnung getragen werden.

Aber auch, wenn Sie weniger als 1.000 Beschäftigten im Inland haben und somit kein direkter Adressat der gesetzlichen Vorgaben sind, können Sie faktisch hiervon betroffen sein. Dies gilt insbesondere, wenn Sie Online-Handel mit gewerblicher Kundschaft betreiben (B2B), die selbst oder in den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt oder ihrerseits – wenn auch nur mittelbar – direkte Normadressaten beliefert. Denn die Unternehmen, die Adressaten des LkSG sind, müssen ihrer Lieferanten entlang der Wertschöpfungskette zur Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Standards verpflichten.

Welche Sorgfaltspflichten gelten?

Die Sorgfaltspflichten enthalten insbesondere:

  • die Einrichtung eines Risikomanagements
  • die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen,
  • die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern
  • die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern
  • die Dokumentation und die Berichterstattung

Seine Sorgfaltspflichten muss das Unternehmen in „angemessener Weise“ beachten. Welches Handeln angemessen ist, kann nur für den konkreten Einzelfall beantwortet werden. Bei der Beurteilung kommt aus auf die folgenden Kriterien an:

  • Art und Umfang der Geschäftstätigkeit des Unternehmens,
  • sein Einflussvermögen auf den unmittelbaren Verursacher eines relevanten Risikos bzw. einer Pflichtverletzung,
  • die typischerweise zu erwartenden Verletzung (Schwere, Umkehrbarkeit, Wahrscheinlichkeit)
  • Art seines Verursachungsbeitrages des Unternehmens zu dem relevanten Risiko bzw. Pflichtverletzung

Welche Folgen drohen bei einem Verstoß?

Ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten aus dem LkSG kann viele Konsequenzen haben. Ihr Ausmaß hängt stets von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Die zuständige Behörde (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA) kann Bußgelder in Höhe von bis zu 8 Millionen Euro verhängen. Zudem können Geschädigte Schadensersatzforderungen gegen das verantwortliche Unternehmen geltend machen. Ein Verstoß gegen das Gesetz kann nicht zuletzt auch zum einem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen führen.

Fazit

Unser Überblick zeigt, dass das LkSG keinesfalls nur für große Unternehmen relevant ist. Adressaten der gesetzlichen Vorgaben sowie Online-Händler*innen, die im B2B-Bereich tätig sind und von ihren Abnehmer*innen zur Beachtung der Sorgfaltspflichten verpflichtet werden, stehen von einer organisatorischen und finanziellen Herausforderung, der nur durch enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gemeistert werden kann. Wir empfehlen, sich rechtzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und entsprechende Prozesse in Ihrem Unternehmen in die Wege zu leiten.

23.02.24
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