Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Made in Germany – Jeder kennt diesen Begriff und jeder weiß: Produkte mit dieser Aufschrift sind besonders hochwertig. Gerade deshalb ist es für Unternehmer sehr verlockend, sich die positive Wirkung dieser Werbeaussage für die eigene Ware oder Dienstleistung zunutze zu machen.
Doch wann dürfen Sie die Herkunftsangabe überhaupt verwenden? Rechtlich ist der Werbeslogan nämlich nicht ganz unproblematisch. Wie Sie diese Unklarheiten durchblicken, und inwiefern Sie selbst mit „Made in Germany“ werben dürfen, erfahren Sie in diesem Rechtstipp der Woche.
Als geographische Herkunftsangabe genießt die Bezeichnung „Made in Germany“ zunächst kennzeichenrechtlichen Schutz gemäß §§ 126ff. Markengesetz (MarkenG).
Solche Angaben dürfen Sie im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzen, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das die Angabe bezeichnet, wenn dadurch eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.
Mit der Angabe „Made in Germany“ verbindet der Verkehr jedoch nicht nur eine geographische Herkunft, sondern auch regionale Besonderheiten hinsichtlich der Qualität.
§ 127 Abs. 2 MarkenG bestimmt, dass wenn die Waren oder Dienstleistungen durch die Herkunftsangabe besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität haben, Sie die Angabe nur benutzen dürfen, wenn die Waren oder Dienstleistungen besagte Qualität tatsächlich aufweisen.
Schließlich gewährt § 127 Abs. 3 MarkenG Herkunftsangaben mit besonderem Ruf einen weitergehenden Schutz. Eine Benutzung ist daher auch dann unzulässig, wenn diese geeignet ist, den Ruf ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.
Neben den kennzeichenrechtlichen Schutzvorschriften unterliegt die Benutzung der Angabe „Made in Germany“ den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hier spielt insbesondere das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot (§§ 3, 5 UWG) die zentrale Rolle, denn die Werbeaussage kann die Kaufentscheidung eines Verbrauchers erheblich beeinflussen. Gerade Verbraucher verbinden mit „Made in Germany“ eine besondere Produktqualität.
Verstöße gegen die vorgenannten Regelungen können schnell zu kostenpflichtigen Abmahnungen durch Mitbewerber, einzelne Wettbewerbsverbände oder weitere Anspruchsberechtigte führen, mit denen Unterlassung- und sogar Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Also, worauf kommt es dann für die zulässige Nutzung der Werbeaussage wirklich an?
Bei einer Herkunftsangabe wie „Made in Germany“ – also „Hergestellt in Deutschland“ – kommt es wenig überraschend darauf an, wo das entsprechende Produkt hergestellt wird. Hier entstehen aber bereits die ersten Schwierigkeiten.
Durch Globalisierung und Outsourcing kommt es nur noch selten vor, dass die Herstellung eines Produkts von Anfang bis Ende in einem einzigen Land erfolgt. Stattdessen ist es sehr häufig so, dass Unternehmen Rohstoffe aus einem anderen Land einkaufen und diese dann zum fertigen Produkt weiterverarbeiten.
Und genau hier liegt der Knackpunkt der Frage um die Zulässigkeit des Prädikats „Made in Germany“:
Wie viel meiner Ware muss Ich in Deutschland herstellen, damit Ich noch mit dieser Qualitätsbezeichnung werben darf? Müssen tatsächlich sämtliche Schritte der Produktionskette in Deutschland stattfinden?
Zunächst gilt erst einmal zu sagen: Es ist nicht die vollständige Produktion in „Germany“ notwendig, um die Bezeichnung zu verwenden. Allerdings sind diese Fälle die einzigen, in denen diese Werbung tatsächlich risikofrei ist.
Denn in allen Fällen, in denen auch Teilprozesse der Herstellung im Ausland stattfinden, hängt es von einer Einzelfallbetrachtung ab, ob die Herkunftsangabe den Verbraucher irreführen könnte.
Die Gerichte, die sich in der Vergangenheit mit solchen Fällen beschäftigen mussten, haben es bewusst unterlassen, feste Kriterien aufzustellen, wo die Grenze zwischen Zulässigkeit und Abmahngefahr verläuft.
Auch wenn es keine klaren Richtlinien gibt, haben sich aus der Rechtsprechung dennoch einige Rahmenbedingungen herauskristallisiert.
Demnach ist es erforderlich, dass der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware die aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält, in Deutschland stattgefunden hat (BGH, Urt. v. 23.03.1973, I ZR 33/72).
Bei industriellen Erzeugnissen, deren Wert vornehmlich in der Verarbeitung liegt, ist es grundsätzlich unerheblich, ob die verwendeten Rohstoffe oder Halbfabrikate deutschen Ursprungs sind.
Dies begründen die entscheidenden Gerichte damit, dass der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame Verbraucher wisse, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre Qualität und charakteristischen Eigenschaften in aller Regel allein oder jedenfalls ganz überwiegend der Güte und Art ihrer Verarbeitung verdanken.
Teilweise werden auch Produkte als „Made in Germany“ gekennzeichnet, die zwar im Ausland produziert, aber dort nach deutschen Qualitätsstandards, nach deutschen Patenten oder nach deutschem Design angefertigt wurden.
Das ist nicht zulässig. Denn wie der BGH (Beschl. v. 27.11.2014, I ZR 16/14) zutreffend anführt: Von der Aussage „Made in…“ erwartet der Verbraucher auch, dass das Produkt (zumindest maßgeblich) in dem entsprechenden Land hergestellt wurde. Auf welcher Grundlage die Herstellung erfolgt ist, kann darauf keinen Einfluss nehmen.
Erheblich ist daher der tatsächliche Ort der Herstellung, zumal es sich auch um eine Herkunftsangabe handelt.
Wie eingangs schon festgestellt, ist es aber nicht notwendig, dass alle Einzelteile bereits aus Deutschland stammen. Das hat auch das OLG Stuttgart (Urt. v. 10.11.1995, 2 U 124/95) so bestätigt. Wenn eben einzelne Komponenten, die aber für die Wertbildung des Endprodukts nur unwesentlich sind, aus dem Ausland stammen, ist „Made in Germany“ noch nicht ausgeschlossen.
Auch hier ist aber Vorsicht geboten: Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 5.4.2011, I-20 U 110/10) urteilte, dass ein Besteckset, bei dem lediglich die Messer zu einem wesentlichen Teil im Ausland hergestellt und in Deutschland nur noch poliert und verpackt worden waren, nicht als „Made in Germany“ vertrieben werden durfte. Der Verbraucher erwarte bei dieser besonderen Bezeichnung des Bestecksets, dass sämtliche Teile in Deutschland hergestellt wurden.
Andererseits hat das OLG Köln (Urt. v. 13.6.2014, 6 U 156/13) entschieden, dass Brennkolben für Kraftfahrzeuge, die zwar aus Rohlingen italienischer Herstellung angefertigt werden, dennoch das begehrte Prädikat tragen dürfen, weil noch zusätzliche 15 Arbeitsschritte notwendig sind, damit aus einem Rohling ein verkäufliches Endprodukt wird. Diese – den Wert des Brennkolbens bildenden – Arbeitsschritte waren allesamt in Deutschland erfolgt.
Es gilt also immer abzuwägen, welchen Anteil das im Ausland hergestellte Produkt am Wert des Endergebnisses nimmt.
Wenn Sie mit der Angabe „Made in Germany“ werben, sollten Sie sich Ihren Herstellungsprozess bzw. den der Produkte, die Sie vertreiben genauer ansehen. Nur wenn der wesentliche Teil der Wertbildung der Waren tatsächlich in Deutschland hergestellt wird, ist diese Angabe unbedenklich. In allen anderen Fällen hängt die Zulässigkeit vom Einzelfall ab und ist im Zweifel eher als unzulässig einzustufen.
Lazar Slavov, LL.M.
Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn. Mehrjährige Erfahrung als Rechtsanwalt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, insb. des Marken- und Wettbewerbsrechts. Seit 2018 Legal Consultant bei Trusted Experts und zugleich Rechtsanwalt in freier Mitarbeit bei der Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE.
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