Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Gesundheit ist das höchste Gut. Zur Unterstützung werden immer mehr Kapseln, Pulver und Fläschchen angeboten. Doch wie können Sie durch den Anforderungsdschungel finden und diese Mittel rechtssicher verkaufen und bewerben? Tipps finden Sie in diesem Artikel.
Nach § 1 Abs. 1 Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) ist ein Nahrungsergänzungsmittel ein Lebensmittel, das
Dabei darf das Produkt nur verpackt und unter der Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ in den Verkehr gebracht werden. Die für die Herstellung zulässigen Vitamine und Mineralstoffe werden in Anlage I NemV, entsprechende Verbindungen in Anlage II NemV aufgelistet.
Wichtig ist hierbei auch, dass Sie das Nahrungsergänzungsmittel gem. § 4 Abs. 4 NemV nicht in einer Weise durch Darstellungen oder Aussagen bewerben, die behaupten oder unterstellen, dass bei einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung im Allgemeinen die Zufuhr angemessener Nährstoffmengen nicht möglich sei.
Zudem gelten die Anforderungen aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Informationen hierzu finden Sie in dem Blogbeitrag Abmahnfalle LMIV: Lebensmittel rechtssicher verkaufen.
Nach Art. 6 der RL 2002/46/EG dürfen weder Kennzeichnung, Aufmachung noch Werbung den Nahrungsergänzungsmitteln Eigenschaften zuschreiben, die der Vermeidung, Behandlung oder Heilung einer Humanerkrankung dienen und dürfen auch keine solchen Eigenschaften andeuten. Weiter schreibt die Norm die folgende Kennzeichnung unter Angabe der folgenden Informationen vor:
a) die Namen der Kategorien von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen, die für das Erzeugnis kennzeichnend sind, oder eine Angabe zur Beschaffenheit dieser Nährstoffe oder sonstigen Stoffe;
b) die empfohlene tägliche Verzehrsmenge in Portionen des Erzeugnisses,
c) einen Warnhinweis, die angegebene empfohlene Tagesdosis nicht zu überschreiten,
d) einen Hinweis darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten,
e) einen Hinweis darauf, dass die Produkte außerhalb der Reichweite von kleinen Kindern zu lagern sind.
Hier nicht außer Acht zu lassen ist die Health Claims Verordnung (HCVO, VO [EU] Nr. 1924/2006) für die Kennzeichnung und Aufmachung von und der Werbung für Lebensmittel mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben (sogenannte Health Claims). Die HCVO unterscheidet dabei in nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben.
Solche Angaben dürfen demnach
Eine allgemeine, objektive Information über die Beschaffenheit oder Eigenschaft von Lebensmitteln gilt nicht als „Angabe“, wenn mit ihr keine besondere Eigenschaft des Lebensmittels hervorgehoben werden soll – auch wenn sie sich möglicherweise auf Nährstoffe oder andere Substanden beziehen.
Allgemeine Eigenschaften | Besondere Eigenschaften à gesundheitsbezogene Angabe |
„Fett gehört zur Ernährung“ (OLG Stuttgart, Urt. v. 3.2.2011 - 2 U 61/10) | „Praebiotik + Probiotik“ (BGH, Urt. v. 26.2.2014 - I ZR 178/12) |
„Getränke löschen Durst“ | „Combiotik“ (BGH, Urt. v. 9.10.2014 - I ZR 162/13) |
„Energy“ (BGH, Urt. v. 9.10.2014 – I ZR 167/12) |
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Hierbei sind die folgenden Informationen anzugeben:
Wenn Sie mit nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben zu einem Stoff werben, der eigentlich nicht in der Nährwertkennzeichnung erscheinen muss, ist dieser im selben Blickfeld wie die Nährwertkennzeichnung und entsprechend den Vorgaben der LMIV aufzunehmen.
Zudem entschieden bereits verschiedene Gerichte (OLG Koblenz, Urteil v. 20.06.2012 – 9 U 224/12; KG Berlin, Urteil v 10.07.2015 – 5 U 131/13), dass sämtliche Angaben bereits in der Lebensmittelwerbung erfolgen müssen. Demnach sollte die Nährwertkennzeichnung unter einer entsprechenden Überschrift auf der Produktseite vorgehalten werden.
Erlaubt ist gem. Art. 8 Abs. 1 HCVO ausschließlich, was im Anhang der HCVO aufgeführt ist und die genannten Anforderungen erfüllt. Dazu gehören u. a.
Dabei sind die Formulierungen beispielhaft und nicht zwingend, jedoch gilt ein strenger Maßstab.
Nach einem Urteil des LG Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urt. v. 28. 7. 2008 – 37 O 74/08) wurden folgende Formulierung für zulässig befunden: „enthält Calcium und Magnesium“ statt „Mineralstoffquelle“ sowie „mit viel Calcium und Magnesium“ statt „hoher Mineralstoffgehalt“.
Für solche Angaben gilt nach Art. 10 HCVO ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. In Art. 13 VO (EU) Nr. 432/2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern werden Aussagen über die Bedeutung eines Nährstoffs für das Wachstum, die Entwicklung und die Körperfunktionen oder zu deren physiologischen Funktion geregelt.
Gemäß Artikel 14 VO (EU) NR. 432/2012 sind Aussagen möglich, die auf eine Verringerung eines Krankheitsrisikos hinweisen oder sich auf die Entwicklung und Gesundheit von Kindern beziehen. Hersteller, die Angaben der Artikel-14-Liste verwenden wollen, müssen diese unter Vorlage wissenschaftlicher Daten über den Wahrheitsgehalt beantragen.
Im Anhang ebendieser VO befindet sich die Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben. Auch hier ist keine wörtlich übereinstimmende Verwendung notwendig, aber inhaltlich muss sie gleichbedeutend sein. So befand der BGH im Jahr 2015 (BGH, Urt. v. 10.12.2015 – I ZR 222/13 – Lernstark) die folgende Formulierung für zulässig: „Mit Eisen […] zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ statt „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“.
Bei der Nennung allgemeiner, nichtspezifischer Vorteile für die Gesundheit müssen ebenso sämtliche Informationen mit inhaltlichem Zusammenhang neben oder unter dem unspezifischen Verweis erteilt werden, wenn zwischen den Aussagen ein Zusammenhang zwischen Produkt und Gesundheit hergestellt werden. Hierbei soll auch die Verbindung der beiden Angaben durch einen Sternchenhinweis ausreichen.
Beispiele, bei denen der Bezug fehlte oder der Wirkbezug nicht eindeutig hergestellt wurde, sind:
Als allgemeinen, nicht spezifischen Vorteil wertete der BGH (BGH, Urteil v. 12.02.2015, I ZR 36/11 - Monsterbacke II) beispielsweise die Aussage „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ für Früchtequark. Dieser Angabe ist demnach eine in den Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene gesundheitsbezogene Angabe beizufügen (OLG Hamm, Urt. v. 20.5.2014 – 4 U 19/14).
Wann es sich um gesundheitsbezogene Angaben handelt und wann lediglich Angaben zum allgemeinen Wohlbefinden vorliegen, sollen die folgenden Beispiele veranschaulichen:
Gesundheitsbezogen | Allgemeines Wohlbefinden |
„So wichtig wie das tägliche Glas Milch“ (BGH, Urt. v. 12.2.2015 – I ZR 36/11 – Monsterbacke II) | „Red Bull verleiht Flügel.” |
„vitalisierend” für alkoholfreies Bier (OLG Hamm, Urt. v. 20. 5. 2014 - 4 U 19/14) | „So wertvoll wie ein kleines Steak.“ |
| „Die zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt“ |
| „Das Beste aus Milch und Getreide” auf einem Schokoladenriegel (Generalanwalt beim EuGH, 14. 11. 2013 - C-609/12) |
Unzulässige Formulierungen, bei denen der Nährstoff genannt wird, welcher die Wirkung hervorrufen würde, sind beispielsweise:
Zudem dürfen nach Art. 10 Abs. 2 HCVO gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn diese mit den folgenden Hinweisen gekennzeichnet werden:
a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
b) Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,
c) gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und
d) einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.
Unzulässig sind die folgenden gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 12 HCVO:
a) Angaben, die den Eindruck erwecken, durch Verzicht auf das Lebensmittel könnte die Gesundheit beeinträchtigt werden;
b) Angaben über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme;
c) Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Artikel 11 genannt werden, verweisen.
Für Getränke mit Alkoholgehalt von mehr als 1,2% dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben erfolgen – so darf beispielsweise Wein nicht als „bekömmlich“ bezeichnet werden (EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – C-544/10; LG Frankfurt/Oder, Urt. v. 27.8.2015, 31 O 35/17).
Eine fehlende Kennzeichnung sowie unzureichende Angaben beim Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln sowie eine nicht normgerechte Werbung mit Health Claims Verordnung sorgen regelmäßig für Abmahnungen.
Wie eingangs beschrieben, handelt es sich bei den Vorgaben tatsächlich um einen wahren Normdschungel, den es zu bewältigen gilt, wenn Sie solche Nahrungsergänzungsmittel rechtssicher verkaufen und bewerben wollen. Wir empfehlen Ihnen, sich mit den Vorgaben genau auseinander zu setzen. Auch ergänzende Vorschriften sind hier ebenfalls nicht außer Acht zu lassen, die LMIV gilt auch für diese Produktkategorie und Themen wie z. B. Grundpreise sind abmahnrelevant.
Wer absolut sicher sein möchte, sollte sich an einen spezialisierten Anwalt wenden.
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Anne Lehmann, LL.M., ist Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Services. Bachelor an der Hanse Law School in Vergleichendem und Europäischem Recht sowie Master in Unternehmensrecht in Internationalem Kontext an der HWR Berlin. Im Rahmen ihrer Tätigkeit war sie zunächst für die Prüfung von Online-Shops der Märkte DACH, NL sowie UK zuständig und verantwortete das Key Account Operational Management. Sie betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete und beschäftigt sich intensiv mit den für Online-Händler relevanten Rechtsgebieten.
27.01.19Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
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