Sperrige Angelegenheit: Besonderheiten, die beim Speditionsversand gelten

Inhaltsverzeichnis:

1. Praktische Erwägungen
2. Kostentragung
3. Unser Tipp

 

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Schon längst beschränkt sich der Online-Handel nicht mehr nur auf Waren, die vom Paketboten geliefert werden können. Baustoffe, Möbel oder E-Bikes im Internet zu bestellen und geliefert zu bekommen ist mittlerweile Normalität. Für sperrige und schwere Waren kommt dann nur der Speditionsversand in Betracht.

Welche Besonderheiten für Online-Shops gelten, wenn sie Speditionsversand anbieten, erfahren Sie in diesem Rechtstipp der Woche.

 

1. Praktische Erwägungen

Bevor Sie sich dafür entscheiden, Ware anzubieten, die (auch) per Spedition versendet werden soll, gilt es zunächst weniger rechtliche als praktische Besonderheiten zu beachten.

 

Liefergebiet sinnvoll eingrenzen

Gerade der Online-Handel profitiert von dem freien Binnenmarkt der EU. So ist grenzüberschreitender Versandhandel weitestgehend unkompliziert möglich. Wenn auch Sie Ihr Liefergebiet über die Grenzen des Landes hinweg ausgedehnt haben, sollten Sie sich genau überlegen, ob Sie dies so auch für den Speditionsversand handhaben wollen.

Denn neben erhöhten Kosten beim Speditionsversand ins Ausland erfordert dieser ein erhöhtes Maß an Abstimmung und Kommunikation mit der Kundschaft. Der Aufwand kann vor dem Hintergrund, dass zwischen drei Parteien Absprachen nötig sind, erheblich werden – besonders wenn man bedenkt, dass Online-Shops bei Widerruf und mangelhafter Ware auch den Rücktransport organisieren müssen. Ohne die passenden Sprachkenntnisse des Ziellandes kommt es da schnell zu Missverständnissen.

Folglich sollten Sie das Liefergebiet zweckmäßig eingrenzen. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, in welche Länder ein Speditionsversand sinnvoll erfolgen kann. Bevor Sie Speditionsversand anbieten, sollten Sie aber immerhin mögliche Komplikationen einkalkulieren.

 

Lieferung nur "frei Bordsteinkante"

Wussten Sie, dass Sie auch beim Speditionsversand grundsätzlich schulden, dass die Ware an den Verwendungsort gelangt? Wohnt der Käufer also in einer Dachgeschosswohnung im schönen Altbau ohne Aufzug, muss die bestellte Ware auch dorthin geliefert werden.

Problematisch hierbei ist, dass die Spedition die Ware regelmäßig nicht an den vorher vereinbarten Verwendungsort bringt. Die Spedition liefert meistens nur frei Bordsteinkante, also vor dem Haus des Empfangenden ab. Für Online-Shops ist deshalb wichtig, in den Lieferbedingungen auf den Versand frei Bordsteinkante ausdrücklich hinzuweisen.

 

Mitwirkungs- / Anwesenheitspflichten

Wie eingangs bereits angedeutet ist der Speditionsversand mehr Unwägbarkeiten ausgesetzt als der Paketversand. Diese Unwägbarkeiten können nur durch Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgeräumt werden.

Je nachdem, welche Maße die Ware hat, ist ein entsprechend großes Fahrzeug für den Transport notwendig. Vor dem Versand ist daher abzuklären, ob der Lieferort für die Spedition überhaupt erreichbar ist.

Dabei kann vor allem sein, dass das Fahrzeug für bestimmte Straßen zu schwer oder zu breit ist. Problematisch kann auch sein, wenn der Lieferort in einer Sackgasse ohne Wendemöglichkeiten liegt.

All das schließt den Speditionsversand nicht generell aus, es bedarf allerdings einer zuverlässigen Kommunikation. Dazu muss die Spedition Ihnen die Umstände der Lieferungen zuvor mitteilen. Diese Informationen sollten Sie in Ihrem Online-Shop schon vor dem Kauf zur Verfügung stellen und Ihre Lieferbedingungen um mögliche Anlieferungshindernisse beim Speditionsversand ergänzen, sodass nach Bestellung keine bösen Überraschungen entstehen.

Ist die Ware einmal angekommen, ergibt sich die nächste Herausforderung. Möglicherweise müssen beim Abladen mindestens zwei Personen anpacken. Speditionsfahrerinnen und -fahrer sind jedoch häufig allein unterwegs. Auch hier sollten Sie Rücksprache mit Ihrem Speditionsunternehmen halten, um Ihre Kundschaft vor Vertragsschluss über mögliche Mitwirkungspflichten zu informieren.

Auch wenn der Käufer nicht mitanpacken muss, muss die sperrige Ware entgegengenommen und der Lieferschein abgezeichnet werden. Hier genügt meist die Anwesenheit einer empfangsberechtigten Person, nichtsdestotrotz muss auch diese erst einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Die meisten Probleme ergeben sich bei der Speditionslieferung regelmäßig darin, dass Speditionen oft nur Zeiträume angeben, in denen die Lieferung erfolgt. Das bedeutet für Angestellte, dass sie diese Zeiträume mit ihren beruflichen Verpflichtungen vereinbaren müssen. Umso größer ist später der Ärger, wenn eine Seite die Terminvereinbarung nicht einhält.

Das bedeutet für Sie, dass Sie schließlich Ihre Lieferbedingungen dahingehend ergänzen müssen, welche Zeitfenster die Spedition bei Terminvereinbarungen anbietet und dass das Transportunternehmen zwecks Terminvereinbarung und Lieferung Telefonnummer sowie Adressdaten des Käufers erhält.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind in diesem Zusammenhang zwei Dinge zu beachten:

Erstens muss der Betroffene der Datenverarbeitung in der Datenschutzerklärung des Online-Shops über die Weitergabe der Daten zur Vertragsabwicklung informiert werden. Sofern es Ihnen möglich ist, sollten dort auch die Kontaktinformationen Ihrer Versanddienstleister angeben werden.

Zweitens bereitet das Prinzip der Datenminimierung Probleme in Shops, die sowohl Paket- also auch Speditionsware anbieten. Das Eingabefeld “Telefonnummer” darf im Bestellprozess nur als Pflichtfeld gekennzeichnet werden, wenn der Käufer Speditionsware bestellt. Denn nur dann wird die Telefonnummer tatsächlich für die Vertragsabwicklung benötigt. Sofern dies nicht technisch gelöst werden kann, kann das Feld "Telefonnummer” mit dem Zusatz “Erforderlich bei Speditionsversand” gekennzeichnet werden.

 

Abmahngefahren

Haben Sie Ihre Lieferbedingungen ergänzt, ist der erste Schritt gemacht. Dennoch ergeben sich aus dem zuvor Gesagten Abmahngefahren, wenn Sie den Speditionsversand unbedacht in Ihrem Online-Shop ermöglichen.

Wichtig! Immer gilt, dass Sie kenntlich machen müssen, welche Ware per Spedition geliefert wird. Nur so kann Ihre Kundschaft erkennen, dass die Hinweise für den Speditionsversand bei diesen Angeboten zu beachten sind.

 

Preisangabe / Darstellung der Versandkosten

Genau wie beim Paketversand ist beim Speditionsversand die Preisangabenverordnung zu beachten. Verstöße hiergegen werden immer wieder abgemahnt.

Auch für den Speditionsversand gilt, dass zusätzlich zum Gesamtpreis anzugeben ist, ob Versandkosten anfallen (inkl./zzgl. Versandkosten). Dieser Hinweis hat auf allen (Produkt-) Seiten zu erfolgen, auf denen die Ware in den Warenkorb gelegt werden kann.

Sie sind darüber hinaus verpflichtet, die konkrete Höhe der Kosten für die Spedition anzugeben. Versenden Sie per Spedition auch ins Ausland, sind für jedes Zielland die jeweiligen Versandkosten aufzuführen.

In unserem Rechtstipp der Woche “Pfand und 3 weitere Fehler bei der Berechnung von Zusatzkosten“ haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zur Darstellung von Versandkostenhinweisen zusammengefasst.

 

Angabe der Lieferzeiten

Die Angabe eines Liefertermins ist verpflichtend und verbindlich. Bieten Sie sowohl Paket- als auch Speditionsversand an, so müssen für beide Versandoptionen die zutreffenden Lieferzeiten angegeben werden.

Im besten Falle informieren Sie bereits auf der Produktseite des Artikels, den Sie per Spedition versenden, über die entsprechende Lieferzeit. Ist Ihnen das nicht möglich, sollten Sie jedenfalls bei den Versandhinweisen auf die höhere Lieferzeit hinweisen. Hier genügt die Angabe einer abstrakten Lieferfrist ohne Nennung eines konkreten Datums. Es ist daher zulässig, auf Zeitspannen, wie z. B. „Lieferzeit ca. 3 – 5 Tage“, zurückzugreifen.

Um bei der Formulierung von Lieferzeiten keine unnötigen Fehler zu machen, empfehlen wir Ihnen unsere Rechtstipps „Lieferzeitangaben: Auf diese Formulierungen sollten Sie besser verzichten!“ und „Lieferzeit nicht eingehalten - welche Rechtsfolgen drohen bei Verzug?“.

 

Irreführende Werbung

Außerdem sollten Sie darauf achten, dass durch die Einführung von Speditionsversand Ihre Werbung nicht irreführend und damit abmahnfähig wird.

Viele Online-Shops werben mit europaweiter oder versandkostenfreier Lieferung. Wird nun, wie oben empfohlen, das Liefergebiet eingegrenzt oder Lieferkosten für die Spedition erhoben, ist die Werbung falsch und für Verbraucher irreführend. Denn wer mit bedingungslosem kostenfreiem Versand wirbt, der muss auch kostenfreien Versand anbieten. Die Werbung sollte in diesen Fällen auf den Verkauf paketversandfähiger Ware eingeschränkt werden.

 

2. Kostentragung

Haben Sie alle erforderlichen Informationen und Hinweise in Ihrem Online-Shop sorgsam vorgenommen, steht dem Speditionsversand nichts mehr im Wege. Doch was ist, wenn bei der Lieferung etwas schiefläuft? Beispielsweise, wenn die Terminabsprache nicht funktioniert und der Spediteur niemanden antrifft. Oder was ist, wenn Ihre Kundschaft den Kauf widerruft oder die Kaufsache mangelhaft ist?

 

Fehlgeschlagene Lieferung

Ist der Spediteur zur richtigen Zeit am richtigen Ort, trifft aber niemanden an, gerät der Käufer in Annahmeverzug. Jegliche Mehrkosten, die die Spedition Ihnen für einen erneuten Zustellversuch in Rechnung stellt, können Sie von Ihrer Kundschaft ersetzt verlangen.

Außerdem empfiehlt es sich, nach dem ersten fehlgeschlagenen Versuch eine Frist zur Terminvereinbarung und Abnahme der Ware zu setzen, damit Sie von dem Vertrag zurücktreten können, sollte der Käufer eine erneute Terminvereinbarung verhindern. Alle Kosten, die Ihnen aus der Pflichtverletzung des Verbrauchers entstehen, können Sie als Schadensersatz geltend machen.

 

Widerruf

Wie bei dem Widerruf paketversandfähiger Ware haben Händlerinnen und Händler die Hinsendekosten zu tragen. Dieses Risiko sollten Sie unbedingt einkalkulieren, wenn Sie Speditionsversand anbieten, da der Widerruf bekanntlich ohne Angabe von Gründen ausgeübt werden kann. Dadurch können hohe Kosten für Sie entstehen.

Die Rücksendekosten tragen grundsätzlich die Verbraucher, sofern jene vor dem Kauf auf diese Rechtsfolge des Widerrufs hingewiesen wurden.

Für eine rechtssichere Widerrufsbelehrung nutzen Sie ganz einfach unseren Rechtstexter!

ACHTUNG! Bei Speditionsversand ist in der Widerrufsbelehrung zusätzlich über die Rücksendekosten zu informieren. Falls kein konkreter Betrag genannt werden kann, sollte zumindest ein durch realistische Schätzung ermittelter Betrag angegeben werden. Sonst tragen Sie die Kosten der Rücksendung.

Sofern Sie nicht selbst die Abholung organisieren, ist eine konkrete Bezifferung für alle angebotenen Produkte in der Praxis allerdings kaum möglich. Zum einen sind Ihnen die Preise der vom Verbraucher ausgesuchten Spedition im Vorfeld nicht bekannt. Zum anderen richten sich die Kosten im konkreten Fall nach zahlreichen Faktoren, die sich auf die konkrete Bestellung beziehen (etwa Gewicht und Maße des Artikels, Wohnort des Verbrauchers etc.). Zu hohe Kostenangaben halten den Verbraucher vom Widerruf ab, zu geringe Kostenangaben täuschen ihn über die tatsächlichen Kosten und Sie tragen die Differenz bei den Kosten.

Vor dem Hintergrund dieser unzufriedenstellenden Rechtslage wäre eine rechtsichere Lösung, bei Speditionswaren die Kosten für die Rücksendung zu übernehmen.

 

Mängelgewährleistung

Vor allem, wenn die Speditionsware mangelhaft ist, wird es kompliziert und teuer. Nicht selten muss die Ware zur Mängelbeseitigung hin und her transportiert werden. Die dabei entstehenden Kosten können erheblich sein. Die schlechte Nachricht für den Online-Handel: für jegliche Versandkosten und Aufwendungen, die zur Nachbesserung oder -lieferung notwendig sind, sowie für die Verpackung müssen die Händlerinnen und Händler aufkommen.

 

 

Unser Tipp

Je nach Branche ist für viele Online-Shops gar nicht die Frage, ob sie Speditionsversand anbieten, sondern nur wie. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, möglichst transparent mit Spedition und Kundschaft zu kommunizieren, um einen reibungslosen Ablauf der Lieferung zu ermöglichen. Auf jeden Fall sollten die Kostenrisiken, die mit dem Speditionsversand einhergehen, nicht unterschätzt werden und in die Kalkulation mit einbezogen werden. Denn besonders dann, wenn die Kundschaft den Vertrag widerruft oder die Sache mangelhaft ist, kann es teuer werden.

 

 

Über die Autorin


Autorin Anne Lehmann

Anne Lehmann, LL.M., ist Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH im Bereich Legal Services. Bachelor an der Hanse Law School in Vergleichendem und Europäischem Recht sowie Master in Unternehmensrecht in Internationalem Kontext an der HWR Berlin. Im Rahmen ihrer Tätigkeit war sie ab 2013 zunächst für die Prüfung von Online-Shops der Märkte DACH, NL sowie UK zuständig und verantwortete das Key Account Operational Management. Seit 2017 betreut sie die Trusted Shops Legal Produkte und beschäftigt sich intensiv mit den für Online-Händler relevanten Rechtsgebieten.

25.11.21
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