2 Monate bis zur GPSR: Drohen Kontosperrungen auf Amazon, eBay & Co?
Ab 13.12.2024 gilt die europäische Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit. Wir verraten, was Shops auf Marktplätzen wie Amazon beachten müssen.
Nicht nur bei der Produktbeschreibung und den Preisangaben gibt es Stolpersteine für Online-Händler. Produktbilder sind oft das Aushängeschild eines Online-Shops und je nach Branche unerlässlich. Während Ihr Kunde bei Schleifpapier oder Elektrokabeln die Kaufentscheidung nicht vorrangig von den jeweiligen Bildern abhängig macht, kann hingegen im Modebereich keine Beschreibung ein Produktbild ersetzen. Wir erklären Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche, worauf Sie hier aus rechtlicher Sicht achten müssen!
Ihr Kunde kann die Ware in Ihrem Online-Shop vor dem Kauf nicht live sehen oder gar anfassen. Dies ist ein entscheidender Nachteil des Online-Handels, den viele Verkäufer versuchen, durch aussagekräftige Produktbilder auszugleichen.
Produktbilder haben daher oft maßgeblichen Einfluss auf Kaufentscheidungen.
Das OLG Hamm wies bereits treffend auf deren Bedeutung hin (Urteil v. 04.08.2015, I-4 U 66/15):
"Einer Abbildung des Produktes in einer Werbung oder einem Warenangebot im Internet kommt grundsätzlich eine maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des im Falle eines späteren Vertragsschlusses geschuldeten Leistungsinhaltes zu. Gerade bei der Betrachtung von Internetseiten sind visuelle Eindrücke für die Erfassung des jeweiligen Inhaltes von entscheidender Bedeutung. Das allgemeine Publikum fasst eine Produktabbildung in einer Internetwerbung daher als maßgeblichen Teil der Produktbeschreibung auf."
Bereits 2011 entschied der BGH, dass die Produktbilder grundsätzlich dem Angebot entsprechen müssen. Wird ein Auto inseriert, welches auf den Fotos mit Standheizung abgebildet ist, darf diese nicht nach Abschluss des Kaufvertrages ausgebaut werden.
Bilden Sie daher Ihr Produkt mit einem bestimmten Bestandteil ab, kommt der Kaufvertrag mit einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung zustande. Dies hat zur Folge, dass Sie als Verkäufer das schulden, was am Blickfang Ihres Produktfotos teilhat.
Ihr Käufer erwirbt einen entsprechenden Erfüllungsanspruch und es entstehen Gewährleistungsansprüche, sofern Sie ein vom Produktbild abweichendes Produkt liefern.
Möchten Sie daher eine vertragliche Bindung aufgrund des verwendeten Produktbildes vermeiden, müssen Sie darüber in einem klaren, unmissverständlichen und am Blickfang teilhabenden Hinweis aufklären.
Anderenfalls setzen Sie sich außerdem der Gefahr einer Abmahnung aus. Das OLG Hamm (Urteil v. 05.06.2014, 4 U 152/13) äußert sich hierzu wie folgt:
"Wird blickfangmäßig ein für sich betrachtet unzutreffender Eindruck erweckt, muss eine irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen sowie am Blickfang teilhabenden Hinweis erfolgen, um eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG auszuschließen […]"
In dem entschiedenen Fall ging es um den Werbeprospekt eines Möbelhändlers. Die Abbildung wies ein Bett mit Unterkonstruktion und Matratze auf - ohne deutlichen Hinweis, dass der Preis nur für das Bettgestell galt.
Allerdings differenziert das OLG Hamm zwischen der Matratze samt Lattenrost (welche notwendig sind, um das Bettgestell auch nutzen zu können) und reinem Beiwerk:
"Für den Betrachter ist klar, dass es sich bei dem abgebildeten Bettzeug - genau wie bei den z.B. gezeigten Bildern an der Wand, etwaigem Blumenschmuck, Büchern oder Lampen - lediglich um "Beiwerk" handelt, das nicht zum Angebotsumfang gehört, sondern lediglich deshalb zu sehen ist, damit die Abbildung insgesamt optisch "gefällig" wirkt, was bei der bloßen Abbildung von schlichten Möbeln in einem kahlen Raum nicht der Fall wäre."
Bei diesem Beiwerk ist nach dem OLG Hamm kein Hinweis erforderlich.
In einem weiteren Fall hatte das OLG Hamm über die Abbildung eines Sonnenschirmes mitsamt Bodenplatten zu entscheiden, welche aber nicht im Lieferumfang enthalten waren. Diese Platten waren jedoch zwingend notwendig, um den Schirm nutzen zu können.
Da Verbraucher grundsätzlich daran interessiert sind, nur funktionsfähige Produkte zu erwerben, würden die Platten nicht als Beiwerk verstanden werden, so das Gericht.
"Ohne die abgebildeten Betonplatten ist der angebotene Sonnenschirm nicht mit der erforderlichen Standfestigkeit aufstellbar, mithin nicht funktionsfähig. Der Verbraucher wird die Abbildung der Betonplatten vor diesem Hintergrund dahin verstehen, dass diese Betonplatten zum Lieferumfang gehören."
Daher handele es sich um eine spürbare Irreführung über die wesentlichen Merkmale der Ware (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG).
Den klarstellenden Hinweis in der Produktbeschreibung sah das OLG Hamm nicht als ausreichend an, da dieser nicht am Blickfang teilhatte.
"Danach reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren. […]
Der hier in Rede stehende Hinweis nimmt nicht am Blickfang teil. Insbesondere ist er nicht als sogenannter „Sternchenhinweis" durch ein am Blickfang teilhabendes Hinweissymbol mit diesem Blickfang verknüpft. Er findet sich vielmehr - ohne eine solche Verknüpfung - auf der Angebotsseite in deutlichem Abstand unterhalb der den Blickfang des Angebotes darstellenden Produktabbildung."
Sofern Sie Produktfotos nicht selbst herstellen, sollten Sie stets darauf achten, dass Sie durch die Nutzung der Produktbilder keine Urheberrechtsverletzung begehen.
Bei dem Produktbild kann es sich um ein sogenanntes Lichtbildwerk handeln, wenn eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht ist. Jedes Foto ist allerdings ein Lichtbild i.S.v. § 72 UrhG. Im Ergebnis sind daher auch einfache Fotografien urheberrechtlich geschützt.
Sie dürfen auch nicht etwaige Produktbilder eines Herstellers, die Sie auf dessen Internetseite finden, ohne die Erlaubnis des Herstellers verwenden.
Daher sollten Sie stets die Erlaubnis des jeweiligen Urhebers bzw. Rechteinhabers einholen. Anderenfalls drohen aufgrund der Urheberrechtsverletzung kostspielige Abmahnungen, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.
Wenn Sie über Amazon verkaufen, ist besondere Vorsicht geboten. Nach der Ansicht einiger Gerichte haften Amazon Marketplace-Händler auch für etwaige Urheberrechtsverletzungen, die dadurch entstehen, dass Dritte Ihrem Angebot weitere Produktfotos hinzufügen (LG Köln, Urt. v. 16.06.2016 - 14 O 355/14).
Das OLG München (Urteil v. 10.03.2016, 29 U 4077/15) urteilte hingegen, dass ein Marketplace-Händler nicht für urheberrechtswidrige Produktbilder auf Amazon hafte, sofern er sich an ein bereits bestehendes Angebot „anhängt“.
Online-Händler, die ihre Produkte auf Amazon anbieten möchten, sehen sich daher mit einer unsicheren Rechtslage konfrontiert. Es besteht die Gefahr einer urheberrechtlichen Abmahnung für Produktbilder, welche Dritte ihrem Angebot hinzugefügt haben.
Empfehlenswert ist es daher, eingestellte Angebote regelmäßig zu kontrollieren, etwaige Veränderungen zu erkennen und Urheberechtsverstöße sofort zu beseitigen.
Viele Online-Bilddatenbanken bieten einen großen Fundus an unterschiedlichsten Bildern an. Hierbei sind aber stets die jeweiligen Lizenzbestimmungen zu beachten – insbesondere sollten Sie sich darüber kundig machen, ob und wie die jeweilige Quelle anzugeben ist.
Auch bei Bildern, die z. B. nach Creative Commons für eine bestimmte Nutzung freigegeben sind, müssen Sie auf das Ausmaß der jeweiligen Lizenz achten. So kann etwa eine kommerzielle Bildnutzung ausgeschlossen sein.
Gute Produktbilder sind für den Erfolg eines Shops unerlässlich. Allerdings sollten sie stets mit Bedacht gewählt werden, da ihre Nutzung mit zahlreichen Stolperfallen verbunden ist.
Bilden Sie auf Ihrem Produktbild Zubehör ab, welches nicht zum Lieferumfang gehört, ist dies mit einem am Blickfang teilhabenden Hinweis darzustellen. Dies gilt insbesondere, sofern das Produkt ohne das Zubehör nicht genutzt werden kann.
Bei reinem Beiwerk ist hingegen kein Hinweis erforderlich – eine Abgrenzung kann sich aber im Einzelfall als schwierig erweisen. Sofern hier Unsicherheit besteht, sollten Sie lieber einen strengeren Maßstab anlegen, um etwaige Abmahnungen zu vermeiden.
Weiter müssen Sie stets etwaige Urheberrechte an den Produktbildern beachten. Eine unerlaubte Nutzung kann teure Abmahnungen, Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche nach sich ziehen! Daher sollten Sie stets die Erlaubnis des jeweiligen Urhebers bzw. Rechteinhabers einholen.
Diesen Tipp der Woche haben wir ursprünglich im Januar 2016 veröffentlicht und jetzt für Sie noch einmal auf aktuellsten Stand gebracht.
Madeleine Winter ist Master of Laws (LL.M.) und als Legal Consultant bei der Trusted Shops GmbH tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit betreute sie den Audit-Prozess deutscher und österreichischer Key Accounts und setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, insbesondere dem Fernabsatz- und E-Commerce-Recht auseinander. Sie ist Blog-Autorin, an größeren Beratungsprojekten v.a. zum Bestellprozess-Relaunch von Online-Shops beteiligt und betreut die Trusted Shops Abmahnschutzpakete.
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