Abmahnfalle LMIV: Lebensmittel rechtssicher verkaufen

Auf einem Smartphone ist ein Lebensmittel-Shop zu sehen.

Der Online-Handel mit Lebensmitteln ist auf dem Vormarsch, jedoch stellen die komplexen Informationspflichten Händler*innen vor große Herausforderungen. Wir haben die wichtigsten Informationen zur LMIV für dich zusammengestellt.  

Was ist die LMIV? 

Die Verordnung Nr. 1169/2011, die sogenannte Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), ist eine EU-Verordnung, welche seit 2014 in allen EU-Mitgliedstaaten Anwendung findet. 

Sie beinhaltet umfangreiche Informationspflichten für den Verkauf von Lebensmitteln, welche zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus beitragen sollen. Eine Verordnung gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar, d. h. sie muss nicht durch ein Gesetz in nationales Recht umgesetzt werden. 

Welche Informationspflichten treffen Online-Händler?  

Nach Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 LMIV sind bei vorverpackten Lebensmitteln die folgenden Informationen vor Abschluss des Kaufvertrages sowie bei Lieferung zur Verfügung zu stellen: 

 Die Bezeichnung des Lebensmittels 

  • Hier ist grundsätzlich eine verkehrsübliche oder beschreibende Bezeichnung zu verwenden. Wenn aber eine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung existiert, muss das Lebensmittel damit bezeichnet werden (z. B. „Nahrungsergänzungsmittel“). 
  • Darüber hinaus existieren spezielle Vorschriften für die Ergänzung der Bezeichnung eines Lebensmittels, z. B: „tiefgefroren“, „geräuchert“ oder „aus Fleischstücken zusammengefügt“. 

 Das Verzeichnis der Zutaten 

  • Dem Zutatenverzeichnis muss das Wort „Zutaten“ vorangestellt werden. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels. 
  • Ausgenommen hiervon sind u. a. frisches Obst und Gemüse und Lebensmittel, die aus einer einzigen Zutat bestehen, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die Art der Zutat schließen lässt. 

  Alle in Anhang II der LMIV aufgeführten Zutaten, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen 

  • Die Allergene sind im Zutatenverzeichnis aufzuführen und dabei entsprechend hervorzuheben. 
  • Besteht keine Pflicht zur Angabe eines Zutatenverzeichnisses (z. B. bei Bier), muss vor das anzugebende Allergen das Wort „enthält“ gesetzt werden. 

 Die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten 

  • Eine mengenmäßige Angabe der Zutaten ist insbesondere erforderlich, wenn die betreffende Zutat oder Zutatenklasse in der Bezeichnung des Lebensmittels genannt ist oder auf der Kennzeichnung durch Worte, Bilder oder eine graphische Darstellung hervorgehoben ist (etwa die Abbildung von Haselnüssen auf einer Nuss-Nougat-Creme). 

 Die Nettofüllmenge des Lebensmittels 

  • Bei flüssigen Lebensmitteln ist die Nettofüllmenge in Litern, Zentlitern oder Millilitern und bei sonstigen Lebensmitteln in Kilogramm oder Gramm angegeben. 
  • Bei einer Vorverpackung mit mehr als zwei Einzelverpackungen muss sowohl die Nettofüllmenge der Einzelverpackung als auch die Gesamtzahl der Einzelverpackungen angegeben werden (BVerwG, Urt. v. 09.03.2023, 3 C 15.21). Dies ist z. B. bei einem Karton mit Schokoriegeln der Fall – hier ist das Gewicht des einzelnen Riegels und die Menge an Riegeln anzugeben. 
  • Bei Lebensmitteln in Aufgussflüssigkeit muss man auch das Abtropfgewicht angeben. 

 Das Mindesthaltbarkeitsdatum oder Verbrauchsdatum 

  • Diese Information musst du nur bei Lieferung zur Verfügung stellten und nicht bereits online. 

 Ggf. besondere Anweisungen für Aufbewahrung und/oder Verwendung 

  • Besondere Aufbewahrungs- und/oder Verwendungsbedingungen können etwa erforderlich sein, um eine angemessene Aufbewahrung oder Verwendung der Lebensmittel nach dem Öffnen der Verpackung zu ermöglichen. 

 Der Name oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers 

  • Dies ist der/die Unternehmer*in, unter dessen/deren Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, oder, wenn dieses Unternehmen nicht in der Union niedergelassen ist, der/die Importeur*in, der/die das Lebensmittel in die Union einführt. 
  • Diese*r ist mit Name oder Firma und Anschrift anzugeben, wobei die Anschrift es ermöglichen soll, die/den Verantwortliche*n postalisch ohne weiteres zu erreichen. 

 Ggf. das Ursprungsland oder der Herkunftsort 

  • Angaben zur Herkunft sind dann erforderlich, falls andernfalls eine Irreführung über das tatsächliche Ursprungsland, bzw. den Herkunftsort möglich wäre. Dies gilt insbesondere, wenn beigefügte Informationen oder das Etikett sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder von einem anderen Herkunftsort. 
  • Hinsichtlich Fleischs existieren besondere Vorschriften. 

 Ggf. eine Gebrauchsanleitung 

  • Eine Gebrauchsanleitung ist dann anzugeben, falls es schwierig wäre, das Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden. 

Bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent die Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts in Volumenprozent 

  • Bei solchen Lebensmitteln sind Zutatenverzeichnis und Nährwertdeklaration nicht verpflichtend. 

 Die Nährwertdeklaration 

  • Die Nährwertdeklaration muss Angaben zum Brennwert und den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz enthalten. 
  • Sie muss je 100 g/ml angegeben werden und ist in Tabellenform vorzuhalten, sofern genügend Platz vorhanden ist – hiervon ist im Online-Handel auszugehen. 
  • Der BGH entschied, dass eine hervorgehobene Angabe des Kalorienwertes je zubereiteter Portion (hier: 40 g Müsli + 60 ml Milch) irreführend sei, da Verbraucher*innen damit die wesentliche Information des Brennwerts von 100 g des Produkts vorenthalten werden (BGH, Urt. v. 07.04.2022 – I ZR 143/19). 

Keine Regel ohne Ausnahmen 

Obige Regelungen gelten nur für vorverpackte Lebensmittel. Handelt es sich um nicht vorverpackte Lebensmittel, ist nur die Angabe der Allergene verpflichtend. Dies gilt auch für solche Lebensmittel, die im Hinblick auf ihren unmittelbaren Verkauf vorverpackt werden. Diese Regelung findet im Online-Handel zwar eher selten Anwendung, ist aber dennoch denkbar. 

Weiter existieren für einige Informationspflichten noch Sonderregelungen für einzelne Produkte. So etwa bei Getränken mit mehr als 1,2 vol % Alkohol: Hier sind das Zutatenverzeichnis und die Nährwertdeklaration nicht verpflichtend, dafür muss eine Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts in Volumenprozent erfolgen. Daher finden sich auf alkoholfreiem Bier Nährwertangaben, auf solchem mit Alkohol hingegen nicht. 

⚠️ Hinweis: Neben der LMIV existieren noch viele Rechtsakte für konkrete Produktgruppen, etwa eine Käseverordnung oder eine Honigverordnung. Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist besonders auf Health Claims zu achten und seit Juni 2024 besteht eine Anzeigepflicht für Lebensmittelbedarfsgegenstände. Aus den unterschiedlichen Regelwerken können sich weitere Informationspflichten für den Online-Handel ergeben, sodass stets eine Einzelfallbetrachtung des konkreten Produkts erforderlich ist. 

Wann sind die Informationen zur Verfügung zu stellen? 

Bei Lebensmitteln, die du durch den Einsatz von Fernkommunikationstechniken zum Verkauf anbietest, müssen verpflichtende Informationen über diese vor dem Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein. Hierbei ist auf den Schutzzweck der Verordnung abzustellen, sodass davon auszugehen ist, dass du diese auf der Produktseite aufführen musst (hierzu auch KG Berlin,  Urt. v. 23.01.2018 – 5 U 126/16).

Werden Verstöße gegen die LMIV häufig abgemahnt? 

Informationspflichten, deren Fehlen auf der Produktseite einfach überprüft werden kann, werden regelmäßig abgemahnt. Zu nennen sind hier insbesondere fehlende Angaben zum Lebensmittelunternehmen oder eine fehlende Nährwertdeklaration. Besonders bei Wein wird darüber hinaus ein fehlender Allergenhinweis („enthält: Sulfite“) abgemahnt. 

Unser Tipp 

Die Menge an Informationen, die ein*e Online-Händler*in aufgrund der LMIV erfüllen muss, führt schnell zu Fehlern und daraus resultierenden Abmahnungen. Wenn du über einen Shop oder eine Plattform wie eBay, Amazon & Co Lebensmittel verkaufen solltest, solltest du dich daher genau mit den Informationspflichten für die vertriebenen Produkte beschäftigen. Dies gilt insbesondere auch für importierte Lebensmittel (LG Hamburg, Urt. V. 19.4.2024 – 416 HKO 26/23). 

Und als wäre die Liste an Informationspflichten nicht bereits lang genug, ist an dieser Stelle noch darauf hinzuweisen, dass die Vorgaben der LMIV nicht abschließend sind. Es existieren für eine Vielzahl von Lebensmitteln noch Spezialregelungen, aus welcher sich weitere Informationspflichten ergeben können. Auch diverse nicht lebensmittelrechtliche Vorschriften, wie etwa die Verpflichtung zur Grundpreisangabe, sind im Online-Handel zu beachten. 

Hier findest du Informationen zu 5 häufigen Problemen beim Online-Verkauf von Lebensmitteln. 

🤓 Wer bei dieser komplexen Materie auf der sicheren Seite sein will, sollte lieber auf juristische Expertise zurückgreifen. Als Kund*in unserer Legal Produkte findest du ab Legal Premium in deiner Rechtsbibliothek Whitepaper zu den Themen LMIV, Verkauf von Wein, Nahrungsergänzungsmittel, Grundpreise etc. 

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Januar 2019 veröffentlicht und im Juli 2025 auf den neuesten Stand gebracht. 

08.07.25
Land auswählen: