Bewertungen – was muss ich mir gefallen lassen?

Kundenbewertungen sind für Verbraucher das wichtigste Entscheidungskriterium beim Online-Shopping. Authentische Bewertungen geben Verbrauchern Vertrauen und Orientierung. Für Online-Händler sind Kundenbewertungen deshalb eine attraktive Möglichkeit, die Konversionen im Shop und damit letztlich Umsatz und Gewinn zu steigern.

Doch beim Einsatz von Kundenbewertungen gibt es auch Fallstricke. Die Rechtslage bei gekauften Bewertungen, Irreführungen durch unzulässig gelöschte oder geschönte Bewertungen, wann Sie sogar für Kundenbewertungen haften oder etwa die Frage, wie eigentlich ein Bewertungssystem aufgebaut sein muss, um rechtssicher zu sein, wollen wir an dieser Stelle nicht erörtern.

In unserem Tipp der Woche geht es heute um die Frage, wie Sie als Händler mit Beleidigungen, falschen Tatsachenbehauptungen durch Verbraucher und auch allgemein mit schlechten Bewertungen umgehen können.

 

Sind schlechte Bewertungen immer schlecht?

Schlechte Bewertungen tun zunächst weh und senken ihren Durchschnittsscore. Das ist vor allem deshalb schlecht, weil der Durchschnittsscore der erste Anhaltspunkt für den Verbraucher ist, um festzustellen, ob er Ihnen als Händler vertraut oder eben nicht. Doch die schlechten Bewertungen bergen auch  folgende wertvolle Chancen.

1. Schlechte Bewertungen machen glaubwürdig. Zu perfekte Bewertungsprofile machen misstrauisch.

2. Schlechte Bewertungen werden gelesen und zwar nicht nur von demjenigen, der die Bewertung geschrieben hat, sondern vor allem von interessierten Kunden. Eine gute Antwort kann dem Leser eine hilfreiche Perspektive geben, wie Sie als Händler mit Problemen umgehen. Nehmen Sie Kritik ernst? Hatte der Kunde recht? Sind Sie an einer guten Lösung interessiert? Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl und Glück können Sie vielleicht sogar den verärgerten Kunden retten.

3. Schlechte Bewertungen können Ihnen oft helfen, Optimierungsbedarf in Ihren Abläufen zu entdecken und besser zu werden. Wenn es gut läuft, stößt eine schlechte Bewertung Sie so auf einen Punkt, den Sie noch nicht gesehen haben, über welchen sich aber ohne die schlechte Bewertung im schlimmsten Fall noch weitere Kunden geärgert hätten, welche dann stumm zur Konkurrenz gewandert wären.

 

Wie kann ich auf Bewertungen reagieren?

Grundsätzlich sind drei Reaktionen auf eine Bewertung denkbar: Antworten, ignorieren und löschen (lassen).

Ignorieren ist sogar bei guten Bewertungen nicht optimal, aber muss nicht schädlich sein. Bei schlechten Bewertungen sendet jedoch das ignorieren vor allem ein Signal an den Leser: Sie kümmern sich nicht um den Ärger des Kunden. Deshalb sollten schlechte Bewertungen stets entweder beantwortet oder gelöscht werden.

Bei der Antwort sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, dass Sie dem verärgerten Kunden auf einer öffentlichen Bühne antworten. Selbst wenn der Verbraucher unfair Ihnen gegenüber ist und Sie sich ärgern, sollten Sie ruhig bleiben und so antworten, dass ein Leser einen guten Eindruck von Ihnen bekommt.

Es gibt jedoch Fälle, in denen die Bewertungen falsche Tatsachenbehauptungen und/oder Beleidigungen enthalten, denen Sie nicht konstruktiv begegnen möchten. Kostenprobe gefällig? Originalzitat:

„Sau Haufen. Betrüger. Nie wieder. Werde Anzeige erstatten“

 

Wann dürfen Bewertungen gelöscht werden?

Bewertungen dürfen nicht ohne Grund gelöscht werden. Hintergrund ist, dass ein Verbraucher grundsätzlich davon ausgeht, dass die Bewertungen zumindest grundsätzlich ungefiltert und neutral wiedergegeben werden.

Ein Aussieben unliebsamer Bewertungen ohne Anlass würde den Verbraucher damit irreführen. Die Antwort, wann Bewertungen gelöscht werden dürfen, finden wir im Äußerungsrecht. Zunächst müssen wir zwei Typen von Aussagen unterscheiden: Tatsachenbehauptungen und Werturteile.

Tatsachenbehauptungen sind alle Äußerungen, deren Inhalt einem objektiven Beweis zugänglich sind. Objektiv unwahre Tatsachenbehauptungen dürfen gelöscht werden.

Beispiele für Tatsachenbehauptungen:

  • „Die Lieferung kam erst nach vier Wochen an.“
    Wann eine Lieferung ankam, lässt sich objektiv überprüfen.
  • „Die Ware kam ohne Umverpackung an.“
    Ob eine Umverpackung genutzt wurde, ist objektiv nachprüfbar.
  • „T-Shirt in XL statt L geliefert und dann drei mal Kundenservice nicht erreichbar.“
    Ob ein T-Shirt in XL oder L vorliegt, ist eine objektive Tatsache.

Werturteile sind alle Äußerungen, deren Inhalt einem objektiven Beweis nicht zugänglich sind und bei denen sich die Frage, ob sie zutreffen oder nicht, an persönlichen Überzeugungen und Meinungen bemisst.

Beispiele für Werturteile:

  • „Der Kundenservice war sehr unfreundlich.“
    Die Beurteilung, ob der Kundenservice unfreundlich war liegt allein an der Auffassung des Kunden.
  • „So etwas unverschämtes habe ich noch nicht erlebt.“
    Was unverschämt ist und was nicht ist rein subjektiv.
  • „Die Jacke hat richtig eklig gestunken.“
    Der Geruch einer Jacke ist ebenfalls keinem Beweis zugänglich.

Werturteile sind vom Recht der freien Meinungsäußerung grundgesetzlich geschützt und sind nur dann unzulässig, wenn sie die Grenze der Schmähkritik überschreiten.

Das heißt, wenn bei einem Werturteil die Auseinandersetzung mit der Sache in den Hintergrund und die Diffamierung der Person in den Vordergrund tritt, liegt Schmähkritik vor. Wann das genau der Fall ist, kann nicht allgemein beantwortet werden.  

Beispiele für Schmähkritik:

  • „Dreckspack, nie nie wieder“
    Hier fehlt jeglicher Sachbezug und die Diffamierung steht eindeutig im Vordergrund. Die Bewertung dürfte so unproblematisch gelöscht werden.
  • „Hätte eigentlich direkt beim Nachnamen des Händlers stutzig werden sollen. Klar, dass das Betrüger sind.“
    Diese Aussage ist, selbst wenn man wohlwollend Ironie unterstellen würde, eindeutig diffamierend, möglicherweise rassistisch und es fehlt der Sachbezug. Die Bewertung dürfte gelöscht werden.
  • „Die Antworten vom Kundenservice fühlen sich wie Textbausteine an oder die sind einfach zu dumm, vernünftig auf Fragen zu reagieren.“
    Hier handelt es sich um einen Grenzfall. Zwar ist „zu dumm“ sicherlich diffamierend, jedoch steht hier eher die Auseinandersetzung mit einem (gefühlt) schlechten Kundenservice im Vordergrund, sodass die Aussage zulässig sein dürfte.

  

Wie können Bewertungen gelöscht werden?

Im einfachsten Fall haben Sie die direkte Kontrolle über das Bewertungssystem in Ihrem Shop und können die Bewertung nach Prüfung direkt selbst löschen.

Bei Bewertungstools, zum Beispiel den Trusted Shops Bewertungen, müssen Sie Ihren Ansprechpartner kontaktieren und die Löschung beantragen. Die Bewertung wird dann geprüft und, wenn die Beanstandung berechtigt ist, gelöscht.

Etwas schwieriger gestaltet sich die Löschung bei Bewertungsportalen und Handelsplattformen oder auch bei Google, wo sie nicht selbst das Sammeln von Bewertungen veranlasst haben.

Hier sehen die Anbieter verschiedene Prozesse vor, wie entsprechende Anliegen platziert werden können. Die Nutzung dieser Prozesse ist nicht rechtlich bindend, ob sie empfehlenswert ist, kann hier nicht pauschal beantwortet werden.

Wenn Sie unsicher sind, sollten Sie hier entsprechende Beratung einholen. In jedem Fall sollten Sie die entsprechende Bewertung dokumentieren.

 

Unser Tipp 

Bei einer schlechten Bewertung sollten Sie zunächst überlegen, ob eine Antwort sinnvoll ist, um den Lesern Ihrer Bewertungen zu zeigen, was in Ihnen steckt. Falls Sie die Bewertung löschen (lassen) möchten, sollten Sie unbedingt überprüfen, ob eine Löschung zulässig ist, denn die rechtlichen Hürden sind hoch.

 

Über den Autor

 

autor_frieder_schelleFrieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit and Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.

 

03.10.19
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