Erotikartikel im Online-Handel vs. Jugendschutz

Beim Verkauf von Erotikartikeln im E-Commerce gibt es aufgrund der für Online-Angebote typischen einfachen Zugänglichkeit besondere Vorschriften zu beachten. Diese beziehen sich nicht nur auf die Darstellung bzw. Bewerbung von Erotikartikeln sondern auch auf den Versand und die Zugänglichkeit für Kinder und Jugendliche. In diesem Rechtstipp möchten wir Ihnen einen Überblick über die relevanten Regelungen im Hinblick auf das Spannungsfeld rund um Erotik(-artikel) und Jugendschutz im E-Commerce geben.

Welche Produkte können problematisch sein?

In Erotikshops werden regelmäßig Artikel angeboten, die jugendschutzrechtlichen Vorschriften unterworfen sind. Das betrifft zum Beispiel altersbeschränkte Trägermedien, vor allem DVD oder Blu-Ray, zugegebenermaßen mit recht geringer Marktbedeutung. Aber auch die Produktdarstellungen selbst, ob bei Trägermedien, Sexspielzeug oder auch Dessous können jugendschutzrechtlich problematisch sein.

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der jugendschutzrechtlichen Aspekte im Online-Shop eine Aufteilung in zwei Bereiche sinnvoll:

  1. Was darf im Online-Shop gezeigt und angeboten werden?

  2. Was darf unbeschränkt versendet werden und wann braucht es ein Altersverifikationsverfahren?

Was darf im Shop gezeigt und angeboten werden?

Vorab: Die überwiegende Mehrheit der Sexspielzeuge darf in Online-Shops ohne Altersverifikation verkauft werden. Was im Shop gezeigt werden darf und was nicht, ist im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 4 JMStV) und im Jugendschutzgesetz geregelt.

Herausforderungen gibt es vor allem bei der jugendschutzkonformen Darstellung der angebotenen Produkte. Vereinfacht gesagt gilt, dass die Abbildungen und Inhalte (auch etwaige Videostreams oder ähnliches) im Shop selbst nicht jugendgefährdend sein dürfen.

Weiter dürfen Trägermedien (DVD, Blu-Ray) mit pornographischen Inhalten auch dann nicht im Online-Shop angeboten werden, wenn die Produktbilder oder Cover an sich keine jugendgefährdenden Inhalte aufweisen.

Wie explizit darf es denn sein?

Ob ein Produktbild als pornographisch eingestuft wird (und damit nicht ohne weiteres im Online-Shop gezeigt werden darf) oder nicht, hängt nicht allein davon ab, wie explizit die Darstellung ist. Eine einfache Unterteilung à la „Brüste sind okay, alles andere nicht“, funktioniert in dieser Schlichtheit nicht. Vielmehr gibt es Merkmale für Pornographie:

  1. Wird auf der Abbildung ein Mensch zum bloßen Sexualobjekt degradiert? Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es in keiner Weise auf menschliche Qualitäten über die sexuellen Eigenschaften hinaus ankommt und die dargestellte Person völlig austauschbar ist.

  2. Dient die Abbildung vordergründig der sexuellen Erregung der Betrachter*innen?

Bei der Beurteilung, was Pornographie ist, kommt es ganz erheblich auf den Kontext an. Eine explizite Darstellung eines Geschlechtsteils kann, je nach Kontext zulässiges Lehrmaterial oder auch jugendgefährdend sein. Es ist ein Unterschied, ob die Darstellung in einer Reihe weiterer Darstellungen steht, ob sie Teil einer Erzählung mit zwischenmenschlichen Nuancen ist oder Mittel zur Wissensvermittlung. Die Übergänge sind hier oft fließend und schwer abgrenzbar. Auf die erklärte Intention des Künstlers kommt es übrigens nicht an, bei der Beurteilung ist ein neutraler Dritter als Maßstab entscheidend.

Vor diesem Hintergrund besteht bei der Darstellung von Geschlechtsteilen beim Verkauf von Sexspielzeugen oder Dessous ein Spannungsfeld. Auf der einen Seite steht der wissensvermittelnde Charakter der Abbildungen im Sinne von Anwendungsbeispielen. Auf der anderen Seite gehört es bei den meisten Abbildungen von Dessous und auch Anwendungsbeispielen von Sexspielzeug gerade zur Grundidee, zumindest auch eine sexuell erregende Wirkung zu erzielen. Völlig nüchterne, rein edukative Darstellungen in Erotikshops sind eher selten. Und selbst wenn, stehen sie im Kontext weiterer erotischer Darstellungen.

Wann hier die Grenze der Herabwürdigung einer dargestellten Person zum Sexualobjekt überschritten ist, kommt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Zweifel spielt in der Praxis bei der Beurteilung immer auch ein sehr weiches Kriterium eine Rolle: Das sittliche Empfinden des Betrachters. Dieses ist stark kulturell geprägt und sorgt im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Kriterien dafür, dass in Grenzfällen schwer vorhersehbar ist, wie ein Betrachter die Abbildung beurteilt.

So kann konkret bei der Darstellung eines Netzanzugs bereits die Pose des Models für entscheidende Unterschiede sorgen. Eine neutrale Pose dürfte hier eher nicht pornographisch zu werten sein, gespreizte Beine möglicherweise schon. Wann eine Produktdarstellung als pornographisch betrachtet wird, ist in Grenzbereichen objektiv nicht zuverlässig vorhersehbar.

Gerade deshalb ist es ratsam, bei Darstellungen im Online-Shop eher konservativ zu verfahren und wo es möglich ist, auf explizite Darstellungen zu verzichten. Pornographisch kann eine Darstellung übrigens auch dann sein, wenn Geschlechtsteile verpixelt werden. Auch hier kommt es auf den Kontext an. Dasselbe gilt für Videoinhalte in Ihrem Shop selbst.

Übrigens: Den Vorhang, hinter welchem sich früher in den Videotheken die Abteilung mit indizierten Filmen befand, können Sie auch in Ihren Online-Shop einbauen. Der Vorhang heißt dann geschlossene Benutzer*innengruppe und setzt ein wirksames Altersverifikationsverfahren voraus, mit welchem Kinder und Jugendliche wirksam ausgesperrt werden. Die Kommission für Jugendmedienschutz KJM bietet hierzu eine Auflistung zulässiger Altersverifikationssysteme. In der geschlossenen Benutzer*innengruppe sind die Grenzen dessen, was gezeigt werden darf wesentlich weiter.

Was passiert, wenn im Online-Shop jugendgefährdende Inhalte zu sehen sind?

Es sind, neben den lauterkeitsrechtlichen Folgen (Unterlassungsansprüche, Abmahnungen) im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Strafbestimmungen und Ordnungswidrigkeiten normiert.

Strafbar mit bis zu einem Jahr Haft oder Geldstrafe ist die Verbreitung und Zugänglichmachung von Inhalten, die „offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden“ außerhalb von geschlossenen Benutzer*innengruppen.

Ordnungswidrig handelt, wer pornographische Inhalte oder indizierte Trägermedien außerhalb von geschlossenen Benutzer*innengruppen verbreitet oder zugänglich macht.

Spezielle Regelungen für jugendgefährdende Trägermedien

Besondere Regeln gelten für Trägermedien wie DVD und Blu-Ray. Filme dürfen dann nicht ohne weiteres im Online-Shop angeboten werden, wenn Sie entweder offensichtlich jugendgefährdendes Material beinhalten oder wenn sie von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz indiziert wurden (bis 2003 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, dann bis 2021 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien). Hier können Sie es sich recht leicht machen: Wenn ein Film eine FSK-Freigabe (auch ab 18!) aufweist, darf er im Online-Shop grundsätzlich angeboten werden.

Wann muss beim Versand eine Altersverifikation durchgeführt werden?

Es muss bei altersbeschränkten Filmen sichergestellt werden, dass der Besteller und der Empfänger das Mindestalter erreicht haben. Der BGH fordert hier ein zweistufiges Verifikationsverfahren: Es muss im Online-Shop selbst und bei der Auslieferung das Alter überprüft werden. Die Kommission für Jugendmedienschutz KJM bietet hierzu eine Auflistung zulässiger Altersverifikationssysteme.

Weitere Informationen zur Altersverifikation finden Sie in unserem Tipp der Woche zum Thema.👇

Wann brauchen Sie einen Jugendschutzbeauftragten?

Einen Jugendschutzbeauftragten benötigen Sie regelmäßig nur dann, wenn Sie in Ihrem Online-Shop entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Telemedien anbieten und diese allgemein zulässig sind (also ohne geschlossene Benutzer*innengruppe). Soweit von Ihren Produktbildern also keine Entwicklungsbeeinträchtigung oder Jugendgefährdung ausgeht (siehe oben), benötigen Sie keinen Jugendschutzbeauftragten. Nähere Informationen hierzu finden Sie in unserem Tipp der Woche.👇

Unser Tipp

Trennen Sie gedanklich zwei Ebenen: Was darf ich im Shop zeigen und was darf ich unter welchen Umständen versenden? Produktabbildungen und Inhalte in Erotikshops sind dann jugendschutzrechtlich problematisch, wenn sie die Grenze zur Pornographie überschreiten. Überprüfen Sie in Ihrem Shop, ob das bei Ihren Inhalten der Fall sein könnte. Altersverifikation beim Versand kann z.B. bei Filmen ab 18 notwendig sein, für Spielzeug und Textilien benötigen Sie diese in der Regel nicht.

14.06.24

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