Lieferzeitangaben: Auf diese Formulierungen solltest du besser verzichten!
Du erfährst, welche Stolpersteine bei der Angabe von Lieferzeiten drohen und bekommst einen Überblick über die ergangene Rechtsprechung.
Die Angabe einer möglichst kurzen Lieferzeit ist ein entscheidendes Verkaufsargument und daher im Online-Handel von zentraler Bedeutung. Allerdings sind Online-Händler*innen bei der Ausgestaltung der Lieferzeiten nicht gänzlich frei, sondern gesetzlichen Vorgaben unterworfen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Online-Shops hinsichtlich der Kalkulation der Lieferzeit von der eigenen Belieferung durch den Lieferanten und dem eingesetzten Transportunternehmen abhängig sind. Die Zulässigkeit der Ausgestaltung von Lieferzeitangaben beschäftigt häufig die Rechtsprechung und es bestehen zahlreiche Urteile zu unzulässigen Lieferzeitangaben.
Wir möchten dir in diesem Rechtstipp aufzeigen, welche Stolpersteine bei der Angabe von Lieferzeiten drohen und dir einen Überblick über die ergangene Rechtsprechung geben.
Im Fernabsatz muss eine Vielzahl von Informationspflichten beachtet und erfüllt werden. Diese sollen Informationsdefiziten entgegenwirken, die insbesondere dadurch entstehen können, dass Verbraucher*innen die Waren anders als im stationären Handel nicht physisch wahrnehmen können.
Online-Händler*innen sind daher nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 EGBGB verpflichtet, Verbraucher*innen vor dem Vertragsschluss einen „Termin“ mitzuteilen, zu dem die Lieferung der Ware erfolgt.
Der Liefertermin wird nach § 312 d Abs. 1 S. 2 BGB Vertragsbestandteil, sofern die Vertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbaren, und ist daher verbindlich.
Die Nennung eines konkreten Liefertermins in Form eines Datums ist nicht erforderlich. Vielmehr genügt die Angabe einer abstrakten Lieferfrist. Es ist daher zulässig, auf Zeitspannen wie z. B. „Lieferzeit 1 – 3 Tage“ oder „Lieferzeit 1 – 2 Wochen“ zurückzugreifen.
Entscheidend ist, dass der Tag, an dem die Ware spätestens eintrifft, eindeutig bestimmt ist und ermittelt werden kann. Online-Händler*innen müssen daher über den spätestmöglichen Liefertermin der Ware präzise informieren.
Nach der Ansicht des OLG München (Beschluss v. 8.10.2014 – 29 W 1935/14) ist die Angabe einer „ca.“-Lieferzeit sowie die Angabe in Werktagen zulässig, da diese den spätesten Liefertermin konkret festlegt: „Lieferzeit ca. 2 – 4 Tage“, „Lieferzeit ca. 2 – 4 Werktage“.
Es ist grundsätzlich auch zulässig, die Lieferzeitangabe durch die Angabe einer Versandbereitschaft zu ergänzen: „Sofort versandfertig, Lieferzeit 1 – 3 Tage“.
Sofern eine Angabe der Versandbereitschaft erfolgt, ist darauf zu achten, dass keine Widersprüche zwischen den einzelnen Angaben entstehen und die angebotene Ware tatsächlich bei dir vorrätig ist.
Die Angabe eines Liefertermins ist kein Marketinginstrument, sondern dient der Erfüllung deiner gesetzlichen Informationspflichten. Sie soll eine informierte Entscheidung ermöglichen und es gilt der Grundsatz, dass die Angabe der Lieferzeit so präzise wie möglich zu erfolgen hat.
Du solltest nicht versuchen, deine Lieferzeiten durch Relativierungen offen zu halten, um etwaige Verspätungen im Versand oder Störungen in der Lieferkette auszugleichen. Unverbindliche oder unklare Lieferzeiten erfüllen die Anforderungen an die gesetzliche Informationspflicht nicht und sind zu vermeiden.
Die Bestimmungen von Lieferfristen stellen regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen dar und somit sind auch die Bestimmtheitsanforderungen des § 308 Nr. 1 BGB zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung hat insbesondere die folgenden Lieferzeitangaben für unzulässig erachtet:
Das OLG Bremen (Urteil v. 5. 10. 2012 – 2 U 49/12) hält die Angabe „Voraussichtliche Lieferzeit: 1 – 3 Werktage“ nicht für gesetzeskonform und erblickt darin einen Verstoß gegen § 308 Nr. 1 BGB. Die Lieferzeit sei von einer subjektiven Einschätzung abhängig und es ist nicht deutlich, welche Lieferfrist gilt, sofern die Vorhersage nicht zutrifft.
Es ist nach dem OLG Frankfurt am Main (Urteil v. 10. 11. 2005 – 1 U 127/05) unzulässig, in den AGB eine Klausel einzufügen, wonach „Angaben über die Lieferfristen unverbindlich sind, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich und schriftlich zugesagt wurde“.
Bestimmtheitsprobleme ergeben sich nach dem OLG Hamm (Urteil v. 12.1.2012 – I-4 U 107/11) ebenso, wenn die Lieferzeit an den Zahlungseingang geknüpft wird. Unzulässig ist danach die Angabe der Lieferfrist mit „in der Regel 3 – 4 Arbeitstage nach Zahlungseingang”.
Eine Lieferzeit mit dem Zusatz „in der Regel“ ist nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main (Beschluss v. 27. 7. 2011 – 6 W 55/11) nicht hinreichend bestimmt und daher unwirksam. Der Vertragspartner könne nicht erkennen, nach welchen Maßstäben sich der Regelfall richtet und welche Frist im Ausnahmefall gilt.
Dies gilt nach Ansicht des OLG Bremen (Beschluss v. 8. 9. 2009 – 2 W 55/09) insbesondere für eine Klausel, nach der die „Lieferzeit in der Regel 1 – 2 Tage bei DHL-Versand“ in Anspruch nimmt, da hierbei zusätzlich unklar ist, welche Lieferzeit bei einem Versand mit einem anderen Transportunternehmen gilt.
Das OLG Hamm (Urteil v. 19.8.2021 – 4 U 57/21) geht hingegen von der Zulässigkeit der Werbung mit einer „Lieferzeit i. d. R. 48 Stunden“ aus. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob andere Gerichte sich der Rechtsauffassung des OLG Hamm anschließen. Angesichts der divergierenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte solltest du bis zu einer endgültigen höchstrichterlichen Klärung auf die Relativierung „in der Regel“ verzichten.
Darüber hinaus dürfen nach der Rechtsprechung nur Waren, die tatsächlich am nächsten Werktag nach der Bestellung versendet werden, als „sofort lieferbar“ gekennzeichnet werden. Sofern dies nicht der Fall ist, ist die Lieferzeitangabe nach dem LG Aschaffenburg (Urteil v. 19.08.2014 – 2 HK O 14/14) irreführend und daher lauterkeitswidrig.
Das OLG Hamm (Urteil v. 17.03.2009 – 4 U 167/08) sieht die Angabe „Lieferzeit auf Nachfrage“ als wettbewerbswidrige Irreführung an, sofern das beworbene Produkt wegen einer Nichtbelieferung durch den Hersteller nicht zuverlässig lieferbar ist.
Nach Ansicht des OLG München (Urteil v. 17. 5. 2018 – 6 U 3815/17) ist es nicht ausreichend, sofern im Online-Shop nur der Hinweis „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ angezeigt wird. Die Angabe lässt weder einen Termin noch einen hinreichend bestimmbaren Lieferzeitraum erkennen, da dieser vollständig offenbleibt.
Häufig stellt sich die Frage, wie die Lieferzeiten von vorübergehend nicht lieferbaren Artikeln anzugeben sind. In diesen Fällen steht der Zeitpunkt für eine Belieferung durch den eigenen Lieferanten entweder nicht fest oder liegt noch weit in der Zukunft. Dies führt zu den folgenden Problemen bei der Lieferzeitangabe.
Sofern du von deinem Lieferanten eine Lieferzeit erhalten hast und diese in deinem Online-Shop angibst, muss die Lieferzeit bei einem Vertragsschluss auch eingehalten werden. Das Überschreiten der vereinbarten Lieferfrist führt dazu, dass du dich mit der Erfüllung deiner Leistungspflicht in Verzug befindest.
Außerdem besteht die Gefahr, dass die Angabe einer unangemessen langen Lieferfrist nach
§ 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Die Angemessenheit einer Lieferfrist ist für den konkreten Einzelfall im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln und abhängig von der angebotenen Ware.
Während nach dem Kammergericht Berlin (Beschluss v. 3. 4. 2007 – 5 W 73/07) eine Lieferfrist von 14 Tagen im Online-Handel grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, dürfte eine Lieferzeit von sechs Wochen für Artikel, die nicht zunächst auf Kundenwunsch angefertigt werden müssen, unzulässig sein.
Angesichts dieser Vorgaben solltest du die technische Bestellmöglichkeit für Artikel, deren Lieferzeit nicht feststeht oder unangemessen lang ist, für den Zeitraum bis zur Verfügbarkeit deaktivieren.
Du kannst z. B. auf den Status „Artikel aktuell nicht lieferbar" zurückgreifen oder deiner Kundschaft die Möglichkeit einer unverbindlichen Reservierung einräumen. Es ist jedoch sicherzustellen, dass eine Bestellung tatsächlich nicht möglich ist.
Die erforderliche Angabe zur Lieferzeit sollte grundsätzlich auf der jeweiligen Produktdetailseite erfolgen, da die Lieferzeit der jeweiligen Artikel variieren kann.
Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt am Main (Urteil v. 17.04.2024 – 2-06 O 361/22) genügt die Bereitstellung von Lieferzeitangaben mittels Mouseover-Effekt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Angaben zur Lieferzeit ohne zusätzliche Interaktion – wie das Bewegen des Mauszeigers – dargestellt werden.
Schwierigkeiten bereitet die Lieferzeitangabe, wenn ein Auslandsversand angeboten wird, da die Lieferung ins Ausland zumeist deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Sofern du keine Ländershops vorhältst, ist es empfehlenswert, über die abweichenden Lieferfristen mithilfe einer gesonderten Versandinformationsseite zu informieren.
Diese Versandinformationsseite solltest du mit den innerdeutschen Lieferzeitangaben auf der Produktdetailseite durch einen sprechenden Link verknüpfen. Es ist erforderlich, transparent darzustellen, auf welche Länder sich die angegebenen Lieferzeiten beziehen und welche Lieferzeiten für das jeweilige Lieferland gelten.
Die Angabe einer Lieferzeit ist im Online-Handel nicht nur verpflichtend, sondern auch verbindlich. Die Rechtsprechung hat die gesetzlichen Anforderungen durch zahlreiche Urteile konkretisiert und klare Vorgaben aufgestellt, die du beachten solltest.
Die Verletzung der Informationspflicht und irreführende Angaben über die Lieferzeit stellen einen Lauterkeitsverstoß dar und bergen die Gefahr einer Abmahnung. Diese Gefahr lässt sich allerdings durch eine Orientierung an den Vorgaben der Rechtsprechung verringern.
Unverbindliche sowie unklare Lieferzeiten ohne die Nennung einer Endfrist erfüllen die Anforderungen an die Informationspflicht nicht. Außerdem sind Relativierungen zu vermeiden. Entscheidend ist, dass der Tag, an dem die Lieferung spätestens eintrifft, eindeutig bestimmt ist.
Diesen Artikel haben wir ursprünglich im März 2012 veröffentlicht und im Mai 2025 für dich auf den aktuellen Stand gebracht.
08.05.25Du erfährst, welche Stolpersteine bei der Angabe von Lieferzeiten drohen und bekommst einen Überblick über die ergangene Rechtsprechung.
Sind die AGB deines Online-Shops auf dem neuesten Stand? Bei Verwendung bestimmter Klauseln musst du in jedem Fall handeln, damit keine Abmahnung droht.