Was, wenn beim Transport etwas schiefgeht?
Wer haftet bei Transportverlust und Schäden? Was, wenn das Paket nicht ankommt? Diese und weitere für Händler wichtige Fragen beantworten wir im Beitrag.
Sicherlich kennen Sie das Problem: Eine Kundin oder ein Kunde bestellt in Ihrem Online-Shop eine Ware, verweigert dann jedoch wider Erwarten die Annahme und die Ware wird an Sie zurückgesendet.
Recht ärgerlich für Sie als Online-Händlerin oder -Händler. Außerdem bringt es für Sie zahlreiche Probleme mit sich, wie z. B. wer die Kosten für die Rücksendung trägt.
Bereits in unserem ursprünglichen Blogbeitrag aus 2020 haben wir Sie über die rechtlichen Rahmenbedingungen in der vorgenannten Fallkonstellation der Annahmeverweigerung informiert. Mit diesem Update möchten wir gerne ergänzend drei aktuelle Themenbereiche für Sie erläutern, und zwar:
Aber zunächst einmal die Basics…
Bestellt eine Kundin oder ein Kunde eine Ware in Ihrem Online-Shop, entsteht ein Kaufvertrag. Dieser ist ein gegenseitiger Vertrag, mit dessen Abschluss Rechte und Pflichten der Vertragsparteien begründet werden.
Nach § 433 Abs. 2 BGB ist der Käufer zur Abnahme der bestellten Ware verpflichtet. Unter Abnahme ist die körperliche Entgegennahme der von der Verkäuferin oder dem Verkäufer verschickten Ware zu verstehen.
Die Abnahme ist als echte Rechtspflicht ausgestaltet. Die Käuferin oder der Käufer muss also die Ware grundsätzlich annehmen.
Häufig geht die Käuferin oder der Käufer davon aus, dass sie bzw. er durch die Annahmeverweigerung ihre bzw. seine Bestellung widerruft. Dies ist jedoch ein weit verbreiteter Irrtum.
Wie das AG Dieburg (Urteil vom 4. 11. 2015, Az.:20 C 218/15) bereits bestätigt hat, stellt die Annahmeverweigerung der Käuferin oder des Käufers keinen Widerruf im Sinne des § 355 Abs. 1 BGB dar.
Der Widerruf muss nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB durch eine eindeutige Erklärung gegenüber Ihnen als Verkäufer erfolgen. Die Widerrufserklärung ist zwar an keine Form gebunden. Eine konkludente Erklärung des Widerrufs durch Rücksendung der Ware oder durch die bloße Annahmeverweigerung des Käufers kann jedoch nicht als Ausübung des Widerrufsrechts gewertet werden.
Ok, also kann die bloße Annahmeverweigerung nicht als Widerrufserklärung gedeutet werden. Wie ist es aber mit der 14-tägigen Widerrufsfrist? Beginnt diese zu laufen, selbst wenn der Verbraucher oder die Verbraucherin die Annahme der Ware verweigert hat? Einige Expert*innen hier gehen davon aus, dass die Frist in diesem Fall tatsächlich zu laufen beginnt, weil der Kunde oder die Kundin durch die klare Anweisung an den Versanddienstleister, die Ware mitzunehmen, eine hinreichende tatsächliche Sachherrschaft im Sinne eines Besitzes ausüben. Für die juristische Literatur ist diese Auffassung allerdings nicht überzeugend, denn die bloße Annahmeverweigerung (oder die Hinterlegung der Ware bei fehlgeschlagener Zustellung) könnten die tatsächliche Warenannahme nicht ersetzen, und diese allein ist für die Auslösung des Fristbeginns maßgeblich.
Daher kann hier festgehalten werden, dass durch die Annahmeverweigerung die Widerrufsfrist grundsätzlich nicht zu laufen beginnt, die Kund*innen hätten daher in der Folgezeit immer noch die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen.
Übrigens: Durch eine (unaufgeforderte) Zustellung beim Nachbarn beginnt die Widerrufsfrist ebenso wenig zu laufen. Mehr dazu und zu potenziellen Haftungsfragen finden Sie in diesem Beitrag.
Eine Verletzung dieser Abnahmepflicht führt regelmäßig zum Annahmeverzug der Käuferin oder des Käufers.
Der Annahmeverzug entsteht, sofern Sie die Ware wie geschuldet an dem vereinbarten Ort und zur vereinbarten Zeit Ihrer Kundin oder Ihrem Kunden anbieten, diese jedoch die Annahme der Ware unberechtigterweise verweigern. Der Annahmeverzug setzt dabei kein Verschulden voraus.
Dies gilt aber nur dann, wenn Sie eine mangelfreie Ware liefern. Sofern die Ware mit einem Mangel behaftet ist, ist die Käuferin oder der Käufer zur Annahmeverweigerung berechtigt, ohne in Annahmeverzug zu geraten.
Mit dieser Frage musste sich zuletzt das Amtsgericht München auseinandersetzen (AG München, Urteil vom 15. Juli 2022, Az. 122 C 6617/22)
Hier kann festgehalten werden: Die Bereitstellung einer korrekten, lieferfähigen Anschrift ist als sog. nebenvertragliche Pflicht zu werten. Eine Falschangabe kann daher Schadensersatzansprüche auslösen, z.B. in Form einer Erstattung der Kosten der erfolglosen Zustellung.
Wie das Amtsgericht München feststellte, führt eine derartige Falschangabe ebenso zu Annahmeverzug, denn der Shop hat seinerseits die Ware vertragsgemäß angeboten.
Im Übrigen bestätigte das Gericht, dass etwa eine Pflicht von Online-Shops zur anlasslosen Überprüfung der Richtigkeit von Lieferanschriften nicht besteht, sofern die Anschrift durch die Kund*innen im Bestellprozess eingegeben wurde. Eine Ausnahme kann nur bestehen, sofern es sich um eine evident unrichtige Anschrift handeln soll (z.B. Musterstraße 1 in 54321 Musterstadt).
Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs sind ausführlich in §§ 300 ff. BGB geregelt.
Ersatz der Mehraufwendungen: Nach § 304 BGB muss der Käufer Ihnen alle Mehraufwendungen ersetzen, die Sie für das erfolglose Angebot, die Aufbewahrung und die Erhaltung der bestellten Ware erbracht haben.
Fortbestand der Lieferpflicht: Sie sind weiterhin zur Lieferung verpflichtet, müssen die Ware jedoch erst erneut verschicken, sofern der Käufer Ihnen die entstandenen Mehraufwendungen für das erfolglose Angebot erstattet haben. Insofern ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu.
Weiterverkauf der Ware erst nach Rücktritt: Wenn Sie die bestellte Ware anderweitig verkaufen wollen, müssen Sie zunächst vom Kaufvertrag zurücktreten. Dafür müssen Sie dem Käufer aber zunächst erfolglos eine angemessene Frist zur Abnahme der bestellten Ware gesetzt haben.
Haftungsprivilegierung und Gefahrübergang: Mit dem Annahmeverzug geht die Leistungsgefahr auf den Käufer über. Sie haften nur für vorsätzliche und grobfahrlässige Pflichtverletzungen.
Sollte die Empfängerin oder der Empfänger die Annahme der Sendung verweigern, wird die unzustellbare Sendung an Sie zurückbefördert. Es stellt sich nun die Frage, wer die Kosten der Rücksendung trägt.
Soweit ersichtlich wurde dies von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Nach der herrschenden Auffassung in der juristischen Literatur gehören die Kosten für die Rücksendung zu den Aufwendungen, die Sie als Verkäuferin oder Verkäufer für das erfolglose Angebot leisten müssen. Somit haben Sie gegen die Käuferin oder den Käufer einen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten.
Etwaig entstehende Lagerkosten sind im Übrigen als Mehraufwendungen für die Aufbewahrung der Ware grundsätzlich erstattungsfähig, sofern diese erforderlich sind.
Wird als Zahlungsmittel Nachnahme vereinbart, erhält die Käuferin oder der Käufer das Paket erst nach Bezahlung des angegebenen Nachnahmebetrags (Kaufpreis, Nachnahmegebühr und gegebenenfalls Versandkosten). Der vom Versandunternehmen eingezogene Betrag wird anschließend auf das Konto der Verkäuferin oder des Verkäufers überwiesen.
Die Kosten für die Dienstleistung des Versandunternehmens, also die Versandkosten und die Nachnahmegebühr, entrichtet die Verkäuferin oder der Verkäufer allerdings bereits im Voraus. Sie fallen bei Ihnen also auch dann an, wenn die Käuferin oder der Käufer die Ware nicht annimmt.
Diese Nachnahmegebühr zählt somit zu den Kosten des erfolglosen Angebots und ist ersatzfähig. Es handelt sich bei der Nachnahmegebühr um eine Aufwendung, die Sie getätigt haben, um die Ware Ihrer Käuferin oder Ihrem Käufer anzubieten.
Sollte die Käuferin oder der Käufer die Annahme der versandten Ware unberechtigt verweigern oder Ihnen eine fehlerhafte Zustellanschrift übermitteln, steht Ihnen ein umfassender Aufwendungsersatzanspruch nach § 304 BGB zu. Dieser verhindert, dass Sie mit zusätzlichen Kosten belastet werden und erfasst sowohl die Kosten der Rücksendung also auch die Nachnahmegebühr.
Verlangt die Käuferin oder der Käufer eine erneute Lieferung, sollten Sie der Aufforderung erst nachkommen, nachdem sie oder er die entstanden Kosten beglichen hat („Zurückbehaltungsrecht“).
07.06.24
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